Stonewood 1818, 10 Jahre

Lebendige Whisky-Geschichte

Doppelt alt: 10 Jahre – 100 Jahre

Stonewood Whisky hat eine lange Tradition. Die Brennerei Schraml produzierte bereits in den 1950ern Whisky, noch unter dem (besseren) Namen Steinwald. Doch eigentlich liegen die Wurzeln noch weiter zurück, tief im 19. Jahrhundert. Christoph-Karl Schraml hielt 1898 die Rezeptur für einen Kornbrand fest, der in Eiche lagern sollte. Ob solche fassgelagerten Kornbrände wirklich Vorläufer des Whiskys sind, bleibt ein Streitpunkt. Wir positionieren uns in dieser Frage allerdings deutlich: ja, sie sind ein Schritt hin zum deutschen Whisky.

Mit dem eponymen Jahr 1818 verweist Christoph-Karls Urgroßenkel Gregor Schraml auf die Vergabe der Brennlizenz, ganz wie das Bushmills mit dem Jahr 1608 macht. Wichtiger als solche Zahlenspiele ist der geschmackliche Traditionskern: wie früher der Kornbrand lagerte der Whisky in ex-Cognac-Fässern, und zwar für 10 Jahre. Das ist für einen deutschen Whisky ein stolzes Alter.

Stolz allerdings ist auch der Preis: 70 Euro für 0,35l – vorausgesetzt, man bekommt überhaupt eine Flasche. Streng limitiert, ist es gar nicht so einfach, den 1818 zu kaufen. Maximal 80 Flaschen pro Jahr dürfte es geben, wenn die Informationen der Süddeutschen gründlich recherchiert und akkurat präsentiert sind (also eher nicht …).

Der Cognac und der Whisky

Seit dem Versailler Vertrag darf Cognac nur noch heißen, was tatsächlich aus der Umgebung der Stadt Cognac kommt. Diese Beschränkung macht Cognac selten und teuer, sodass man nicht oft auf Whisky trifft, der in Cognac-Fässern reifte. In den letzten Jahren ist die Zahl etwas gestiegen und inzwischen haben auch große Marken Cognac-Finishes im Programm, etwa Chivas Regal (XV) und Glenlivet (Captain’s Reserve). Dem kleinen Hype von 2018 aber folgte kein großer Durchbruch.

Die Franzosen dürfen ihren Cognac auch in gebrauchten Fässern reifen und es ist schwer zu sagen, wie alt die von Schraml verwendeten sind, wie oft und wie lange sie belegt waren. Unsere bisherigen Erfahrungen deuten auf erhöhte Süße, aber ironischerweise auch Bitterkeit hin. Das könnte spannend werden, da 10 Jahre im Fass durchaus ihre Spuren hinterlassen sollten.

Abgefüllt in angenehmer Trinkstärke von 45% ABV erwarten wir nach 10 Jahren zudem einen milden Whisky.

Nase

Selten trifft eine Herstellerbeschreibung so genau zu: Tee, Honig und Zitronengras fallen auf, geben dem Whisky ein leichtes, elegantes Bouquet. Gerade der Tee setzt ihn angenehm von anderen Whiskys ab, auch denen aus dem eigenen Hause. Dazu kommen frisches Heu und weitere Zitrusnoten.

Geschmack

Hier ist die Herstellerbeschreibung weniger zutreffend: der 1818 ist nicht „mildwürzig“, sondern stark würzig. Hier wirkt alte Eiche. Ingwer, Nelke und ein wenig Pfeffer lassen den Whisky wilder erscheinen als er es eigentlich auf der Zunge ist. Erst später kommt die Süße zum Tragen, Milchkaffee, Vanille und Marzipan. Sie wird allerdings fast vollständig von Bitterkeit überlagert, die ebenfalls von der Eiche herrühren sollte. Diese Bitterkeit passt relativ gut zur Würze, dominiert aber bald den Mundraum.

Abgang

Der Abgang ist lang und wird weiter von der Bitterkeit bestimmt. Würze und Bitterschokolade vervollständigen das Bild.

Fazit: lebendige Geschichte

Der 1818 ist ungewöhnlich, und das nicht nur, weil er für einen deutschen Whisky recht alt ist. Elegant ist er zwar in der Nase, im Mund dagegen schlägt das Fass voll durch, gerade mit seiner Würze, aber auch seiner Bitterkeit. Beide Faktoren verdecken eventuell, wie komplex der Whisky eigentlich ist. In dieser Hinsicht kommen nur wenige deutsche Whiskys an ihn heraus, zumal seine vielen Schichten sich effektiv ergänzen und gut harmonieren.

Das Hauptproblem liegt in der hauseigenen Konkurrenz. Der Stonewood Drà ist graziler, der Woaz wuchtiger und der Smokey Monk ungewöhnlicher. Sie alle können außerdem mit dem besseren Preis-Leistungs-Verhältnis aufwarten.

Als Hommage an die ersten Schritte auf dem Weg zum deutschen Whisky überzeugt der 1818 auf ganzer Linie. Gut ist er allemal, obwohl oder gerade weil das Geschmacksprofil nicht dem Zeitgeist entspricht. Der 1818 ist eben ein Stück lebendige Geschichte.

1 Comment

  • Korn oder Whisky? - DoktorWhisky.de 14. Januar 2024 at 1:37 Reply

    […] war noch älter. Auch außerhalb Nordhausen findet sich das Konzept, z.B. überliefert Schraml für 1818 ein Rezept zur Lagerung seines Kornbranntweins in […]

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