Old Pulteney, Tobermory und Ardmore
Erneut zur Landscape of Taste von Whic.de
~ Landscape of Taste ~
Whic.de: Shop und Abfüller
Whic.de dürfte vielen Lesern unserer Website bekannt sein, doch neue Leser mögen sich wundern, was diesen Whisky-Shop so besonders macht. Die Antwort ist, dass er auch ein unabhängiger Abfüller ist, der nicht nur die branchenüblichen Standards einhält, sondern seine Flaschen mit schönen Kunstwerken verziert. Die Etiketten allein entzücken, doch die Qualität des Whiskys kann locker mithalten.
Wir danken Whic.de für die neuesten Samples aus ihrer Reihe Landscape of Taste: Old Pulteney (11 Jahre), Tobermory (9 Jahre) und Ardmore (10 Jahre).
~ Die Abfüllungen ~
Old Pulteney, 11 Jahre mit Sherryfass-Finish
Pulteney, bis vor ein paar Jahren noch die nördlichste Brennerei auf dem schottischen Festland, ist berühmt für zwei Dinge: erstens erzeugen ihre Flaschen beim Eingießen einen herrlichen Gluck-Gluck-Sound, zweitens ist der Whisky durch die Nähe zur See geprägt.
Von Whic.de bekommen wir einen 11 Jahre alten, fassstark abgefüllten Single Malt, der sein Finish in einem Sherry-Fass erhielt. So ein Finish bleibt sonst den älteren Abfüllungen der Brennerei vorbehalten, ist aber recht typisch. Auch die Fassstärke ist interessant, da Pulteney in seiner Core Range selbst nur die Trinkstärke anbietet.
Mit der Fasskombination bleibt Whic.de dem Kernkonzept von Old Pulteney treu, sorgt mit dem erhöhten Alkoholgehalt jedoch für das gewisse Extra.
Nase
Schöne, intensive Sahne und Vanille begrüßen die Nase, begleitet von hellen Früchten. Birne und Honigmelone stechen hervor. Zusätzliche Tiefe verdanken wir der Würze von Pfeffer, Fenchel und Salz. In letzterem mag ein maritimer Einfluss durchscheinen, im Grunde aber hält er sich dezent zurück.
Geschmack
Der maritime Einfluss gibt im Mund seine Zurückhaltung auf und schlägt mit Salz und Algen voll durch, als stünde am in der Brandung. Dazu gewinnen die Früchte an Frische, sodass etwa Zitrone spürbar wird. Das passt zum maritimen Reigen, ebenso der deutlichere Pfeffer. Nur der leichte Anklang von Milchkaffee erinnert daran, dass hier ein Sherryfass zum Ausbau verwendet wurde.
Abgang
Im Abgang zeigt sich dieser Sherry-Ausbau in Form der trockenen Würze und bitter werdendem Kaffee.
Fazit: Die Fassstärke macht den Unterschied
Wir mögen Old Pulteney. Dank der Fassstärke wirkt diese Abfüllung bisweilen wie ein 12er aus der Core Range auf Steroiden, besonders wenn es um die maritimen Noten geht. Vom Sherryeinfluss spürt man weniger, aber das muss nicht schlecht sein. Vielmehr mag er im Hintergrund wirken, um die anderen Aromen zu unterstreichen.
Die Flasche ist inzwischen ausverkauft, aber Fans von Old Pulteney sollten auf die nächste Abfüllung achten und zuschlagen, wenn diese Qualität gehalten werden kann.
Tobermory, 9 Jahre im Sherryfass
Ebenfalls maritim geht es mit dem Tobermory von der Insel Mull weiter, diesmal jedoch mit einer Vollreifung im Sherryfass. Tobermory ist ohnehin bekannt für seine süße Fruchtigkeit, was sich sehr gut mit der Sherryfass-Reifung vertragen sollte. Außerdem ist das Fass von Whic-Gründer Arne Wesche persönlich ausgewählt worden.
Mit neun Jahren ist er nicht ganz so alt wie andere Abfüllungen der Brennerei, dafür jung und wild: nicht weniger als 65,3% ABV bringt er mit.
Nase
Die Nase überrascht. Es ist fast so, als liege warmer Vanillepudding vor einem. Da sind die zu erwarten roten Früchte dabei, nicht zuletzt Erdbere, Himbeere und Trauben, aber im Gedächtnis bleibt der Pudding. Langsam steigen auch mineralische Noten auf, wie Kupfer und Zink. Trotz massivem Alkohol sticht nichts in der Nase, obgleich der Whisky natürlich massiv auf sie einstürmt.
Geschmack
Der mineralische Charakter erfährt eine gewaltige Steigerung, dominiert den Mundraum. Erstmals tritt Salz auf. Überhaupt wirkt der Whisky im Mund sehr würzig und sogar scharf, wobei diese Schärfe nicht vom Alkohol herrührt. Der ist nach wie vor gut eingebunden. Leder, ein Hauch Bitterschokolade und gedeckten roten Früchte offenbaren darüber hinaus den Sherryeinfluss.
Abgang
Der Dem erwartungsgemäß langen Abgang folgt ein unerwartet süßes Ende. Der Tobermory verabschiedet sich mit typischer Fruchtsüße und etwas Vanille.
Fazit: zwei junge wilde Charaktere
Zwei junge wilde Charaktere prägen diesen Whisky. Zum einen die Süße von Frucht und Vanille, zum anderen die (maritime?) Mineralität. Beide sind stark, beide drängen in den Vordergrund, beide ringen um die Aufmerksamkeit des Genießers. Das wirkt bisweilen überwältigend, nicht zuletzt der Fassstärke wegen, unangenehm fällt es aber auch nicht auf.
Dieser Tobermory zeigt damit einerseits, wie gut fassstarke Whiskys sein können, richtet sich andererseits an geduldige und experimentierfreudige Whiskyfans.
Ardmore, 10 Jahre im ex-Islay-Fass
Gleich vorweg: die Core Range von Ardmore, ganz besonders die Einsteigerabfüllungen, haben mich noch nie überzeugt. Allerdings gibt es einige tolle unabhängige Abfüllungen, die mich begeistert haben. Insofern bin ich bei dieser Abfüllung besonders gespannt.
Ardmore produziert üblicherweise leicht rauchigen Whisky, der hier jedoch wurde in einem Refill-Bourbon-Fass gereift, dass zuvor stark rauchigen Single Malt von der Insel Islay enthielt. Die Brennerei bleibt geheim, wie so oft.
Die Idee, den Charakter Ardmores durch ein Islayfass stärker in Richtung Rauch zu drängen, sollte auf dem deutschen Markt Anklang finden. Und tatsächlich: die Abfüllung ist bereits ausverkauft. Zu Recht?
Nase
Süße Früchte wie überreife Äpfel und Orangen erinnern sogleich daran, dass hier ein Highlander seine Aufwartung macht. Nur sehr langsam kämpft sich der Rauch in den Vordergrund, bleibt dann aber dort und wird immer stärker. An sich ist die Nase durchaus angenehm, doch ein leicht alkoholische Note trübt den sonst positiven Eindruck.
Geschmack
Der Alkohol scheint auch im Mundraum nicht harmonisch eingebunden zu sein. Erdiger Rauch mit Kräutern entschädigt aber dafür ein wenig. Die bald nachrückenden Früchte sind nun frischer; aus überreifen Äpfeln und Orangen werden beinahe grüne, saure Äpfel und Zitrone.
Abgang
Der Abgang wird bestimmt vom erneut gestärkten Rauch, sonst aber findet sich nicht viel.
Fazit: Hit and Miss
Die Idee ist gut, aber die Abfüllung leidet unter der bissigen Schärfe des Alkohols. Vielleicht ist das der Grund, aus dem hier ganz untypisch für Whic auf Trinkstärke gesetzt wurde. Die langsame Steigerung des Raucheinflusses hat etwas für sich, so wie auch die Fruchtigkeit. Besonders gut zusammen spielen sie dagegen nicht.
Nun ist das eine hinfällige Kritik, der Whisky hat seine Freunde gefunden und wenn er die glücklich macht, hat er seinen Zweck erfüllt.
3 Abfüllungen und ein Fazit
Es ist immer sehr interessant, unabhängige Abfüllungen mit den Brennereieigenen zu vergleichen. Gerade im Fall der vorliegenden Samples Tobermory und Old Pulteney zeigt sich, welche Nuancen der Brennereicharakter gewinnen kann, ohne dass das Fass zu dominant würde. Auch der Ardmore ist ein guter Vorstoß in ebenjene Richtung, obwohl er mir weniger zusagte.
Daüberhinaus spricht mich die Gestaltung der Etiketten wieder einmal sehr an. Sammler schöner Flaschen sollten nicht zuletzt deswegen die Whic-Abfüllungen im Auge behalten.
In jedem Fall lohnt es sich, die Abfüllungen von Whic.de im Auge zu behalten und wir danken für die freundliche Zusendung der Samples.
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