Thy Spelt Rye

Thy Spelt Rye Whisky vor dem Bodemuseum

Gemälzter Roggenwhisky aus Dänemark

Thy. Field to Bottle

Im Jahre 2015 fassten zwei Paare den Entschluss, an der Nordwestküste Dänemarks eine neue Brennerei zu gründen. Doch damit nicht genug, sie wollten auch ihr eigenes Getreide anbauen. Das an sich ist schon bemerkenswert, wirklich außergewöhnlich ist jedoch, dass darüber hinaus noch der Prozess des Mälzens selbst durchgeführt werden sollte. Sogar die meisten Farmbrennereien lagern diesen nämlich aus. Damit liegen alle Produktionsschritte in Familienhand. Und dann überrascht auch die Bio-Zertifizierung des Getreides nicht weiter.

Thy möchte sein Lokalkolorit unterstreichen, wo es nur geht. Durch die konsequente Umsetzung dieses Ziels allein hebt sich die Brennerei hervor. So entsteht nicht nur Single Malt aus Gerste, sondern desgleichen andere Getreidesorten wie Roggen, Dinkel oder Hafer. Rauchige Whiskys verdanken ihr spezielles Aroma ebenso wenig Torf, sondern lokalem Buchenholz. Das Thema Terroir im Whisky ist etwas müßig zu argumentieren, dennoch wird großer Wert auf verschiedene Getreide- und Malzsorten gelegt. Es steht außer Frage, dass Thy keine Imitation eines großen Vorbildes versucht. Seit der Eröffnung der Brennerei 2019 ist Thy stetig gewachsen und kann inzwischen eine Core Range und eine Reihe von Sonderabfüllungen anbieten. Dazu gehört der hier zu besprechende Spelt Rye.

Ganz Gemälzt

Roggenwhisky kommt in zwei Spielarten, gemälzt und ungemälzt. Letztere geht auf das deutsche Erbe des amerikanischen Rye Whiskys zurück und ist jenseits des Atlantiks vorherrschend. Die im frühen 21. Jahrhundert aufblühenden Roggenbrenner Europas hingegen nutzen beides. Im Norden scheint es jedoch eine Präferenz für das Mälzen zu geben, so z.B. bei Stauning, Kyrö oder Helsinki. Auch Thy mälzt.

Die Maische setzt sich sogar vollständig aus Malz zusammen: 60% Rye Malt, 30% Pale Malt und 10% Spelt Malt. Gemälzter Roggen ist weicher und runder, verliert m.E. dafür etwas Würze. Pale Malt wiederum gibt eine spritzige Frische und Dinkelmalz dürfte erneut dem weicheren Mundgefühl dienen. Diese ungewöhnliche Kombination hebt den Thy von den amerikanischen Vertretern sehr deutlich ab.

Eher konservativ ist dagegen die jährige Reifung in frischer amerikanischer Eiche, teilweise 125 Liter fassend, teilweise 200. Die ersten Fässer wurden 2020 befüllt, die letzten 2021, sodass der Whisky etwa vier Jahre alt war, als er im Februar diesen Jahres mit 48,5% ABV abgefüllt wurde.

Thy Spelt Rye auf Bronzesäulenbasis
Noch darf Rye Whisky auf der Flasche stehen…

Exkurs: die EU, Kanada und Dummheiten

Anfang April kam die Meldung, dass dänische und finnische Whiskybrenner abgemahnt wurden, weil sie die Bezeichnung „Rye Whisky“ benutzten. Diese sei gemäß einem alten Abkommen zwischen Kanada und der EU nur noch den Kanadiern erlaubt. Was sich für nahezu jeden Leser zunächst wie ein Aprilscherz anhörte, entpuppte sich als skurrile Wahrheit.

Zur Zeit dieses Abkommens gab es nur wenige Brenner in Europa, die Rye Whisky herstellten, daher kümmerte sich niemand darum. Dass der Beschluss hanebüchen ist, liegt auf der Hand: die Tradition, Roggen zu destillieren und zu lagern kommt aus Mitteleuropa und befruchtete die Tradition des amerikanischen Ryes entscheidend. Kanadischer Rye Whisky dagegen braucht nicht einmal Rye zu enthalten und, und, und… Wirklich albern ist dann, dass selbst die Kanadier kein Interesse an der Durchsetzung dieses Abkommens hatten. Die Abmahnungen kamen nicht aus Kanada.

Es ist müßig, zu spekulieren, wie wir in diese Zwickmühle gekommen sind und wann sie den nächsten Rye-Brenner trifft; in der EU gibt es viele. Fakt ist, dass sich die mangelnde terminologische Präzision, die wir hier kritisert haben, und folglich die mangelnde rechtliche Fixierung derselben nun rächt. Die EU-Verordnung 787 nennt außer Single Malt gar keine anderen Whiskysorten. Da fragt man sich bisweilen schon, was die betreffenden Juristen so beruflich machen. Nun, unser Rezensionsexemplar datiert der Posse vor und trägt noch den Namen Rye Whisky. Als solchen besprechen wir ihn.

Nase

Den Anfang machen frische Pfefferminze, Teeblätter, Wachholder, Zitronengras und Thymian. Der ebenfalls von Beginn an präsente Lindenhonig intensiviert sich im Laufe der Zeit, während grüner und roter Apfel etwas Fruchtsüße bringen. Im Hintergrund schwelt Sandelholz.

Geschmack

Hier entfaltet der Thy seine Würzigkeit, vor allem mit Muskat, aber auch mit Anis und Kümmel. Es liegt jedoch keine Schärfe in diesen Gewürzen, generell legt der Whisky sich weich und malzig auf die Zunge. Obwohl nach wie vor frisch, treten die Kräuter zurück und geben Karamell, Schokonusscreme sowie Datteln Raum.

Abgang

Der Thy hallt mittellang nach und wird dabei immer holziger.

Thy Spelt Rye vor dem Bodemuseum
Nicht ganz klassisch, dafür lecker

Fazit: Weiche Ecken und Kanten

In gewisser Weise hat Thy ein kleines Kunststück vollbracht, denn der Spelt Rye ist so weich, wie das von einem gemälzten Whisky zu erwarten ist, verliert dabei aber nicht die roggentypischen Ecken und Kanten. Eine frische, ja beinahe stechende Frische zahlreicher Kräuter drängt sich in den Vordergrund. Sie wird jedoch besonders auf der Zunge durch ein seidiges Mundgefühl und gefällige Süße ausbalanciert. Die Gewürzpalette ist breit, meidet jedoch die schärferen Vertreter wie Pfeffer.

Überhaupt demonstriert Thy, dass das Rye eben nicht wild und ungestüm sein muss. Er kann durchaus eine sanfte Seite an sich haben, ohne den im Vergleich zu Gerste doch recht lauten Roggen unnötig einzuhegen. Seine Entfaltung hat hier einfach einen anderen Pfad genommen als wir es das von den Amerikanern gewohnt sind. Und genau so soll es auch sein, sonst bräuchten wir schließlich keine eigenen europäischen Spielarten davon. Persönlich bevorzuge ich die ungemälzten Ryes nach wie vor, doch das tut der Qualität dieser Abfüllung keinen Abbruch.

Zusammen mit dem deutlichen Einfluss der Eiche gibt sich der Thy in summa vertraut und anders zugleich. Gerade Rye-Fans werden daran ihre Freude haben. Die hundertprozentige Mälzung macht ihn darüber hinaus zugänglich für Malt-Fans.

[Achtung: Die Flasche wurde uns von Thy als Rezensionsexemplar ohne weitere Verpflichtung zur Verfügung gestellt.]

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