Kyrö Malt Rye

Die Finnen und ihr Rye

Vom American Rye zum Finnish Rye

Fünf nackte Männer und ein Rittenhouse Rye Whiskey mit 50% ABV bringen wohl so manche Idee hervor. Das ist in Finnland nicht anders, nur dass man sich dort in der Sauna – daher die Nacktheit, denn auch die Finnen sind wohl nicht dauernd nackt – die Frage stellte, warum es keinen finnischen Rye Whisky gibt. Roggenbrot ist schließlich das Nationalgericht und dieses Getreide eignet sich vorzüglich für Whisky, wie unzählige amerikanische Beispiele belegen. So entstand 2014 die Kyrö Destillerie in Isokyrö.

Inzwischen gibt es mindestens zwei Finnische Rye Whisky Brennereien und einen Vertreter konnten wir schon rezensieren. Nun hat sich dank der Stellung eines Rezensionsexemplars durch Kyrö die Gelegenheit ergeben, auch diesen endlich zu probieren.

Obwohl die Inspiration amerikanisch ist, hat die schottische Whiskykultur deutlich Einfluss genommen. Der Roggen wird gemälzt und es wird zweifach auf Pot Stills gebrannt. Doch die transatlantischen Wurzeln bleibt man treu, indem frische amerikanische Eiche gern für den Reifeprozess herangezogen wird. Hinzu kommen bald Sherryfässer oder Whisky, dessen Getreide über Holzfeuer darrte – Smoked Whisky. Wir können uns also auf einige spannende Abfüllungen freuen.

Bei jedem Wetter passend: Rye Whisky

Der Klassiker

Der vorliegende Kyrö Malt Rye Whiskey ist die aktuelle Standardabfüllung der Brennerei. Ganz klassisch sind darum die Eckdaten: 100% gemälzter Roggen, frische amerikanische Eiche und eine angenehme Trinkstärke von 47,2% ABV.

Die kräutigere Frische und Würze des Roggens, in seiner Wildheit durch das Mälzen gezähmt, trifft so auf die süß-würzigen Einflüsse des Fasses. Dies verspricht ein erprobtes, aber besonders in Deutschland noch recht unbekanntes Geschmacksprofil.

Als Aushängeschild eignet sich der Whisky außerdem, da ihm ein gradliniges Konzept zugrunde liegt, ohne dass die schweren Aromen von Sherry- oder Portfässern eventuelle Schwächen übertünchen müssten – wie dies leider so oft versucht wird.

Nase

Tannennadeln, nasses Holz und frische Kräuter wie Minze machen den Anfang. Eichenwürze und trockene Zimtrinde sorgen für Würze, daran schließt allerdings Kardamom an. Dieser dominiert mit der Zeit. Das ganze runden etwas Vanille und malzige Süße ab.

Geschmack

Der Antritt ist erstaunlich sanft. Überhaupt zeigt sich der Whisky von seiner milden Seite. Der regennasse Tannenwald ist noch nicht verschwunden, bildet aber nunmehr lediglich die Hintergrundkulisse. Vorn stehen Zimt, Toffee, Vanille auf der einen Seite; stärkere Eichenwürze, dunkle Röstaromen, Würze von Koriander und Muskatnuss auf der anderen. Sogar diese Würze ist erstaunlich mild und hält sich weit von der pfeffrigen Schärfe manch ungemälzten Rye Whiskeys entfernt.

Abgang

Relativ lang, sehr weich und trotzdem mit ordentlicher Würze. Die Eiche kommt ganz zum Schluss noch einmal stärker hervor, gibt sogar ein paar Bitterstoffe ab.

Fazit: sauberer Rye Malt

Es ist ein sauberer, gefälliger Whisky. Obgleich sehr sanft, bringt der Roggen doch seine unverwechselbare Würze mit und er hält außerdem die Süße im Zaum. Gerade Scotch-Fans, die sonst wenig mit den amerikanischen Rye Whiskeys anfangen können, werden hier gut an das Thema Roggenwhisky herangeführt. Das ist sicher eine Folge des Mälzens.

Mehr noch, der Kyrö Rye Malt repräsentiert damit eine wichtige europäische Spielart des Roggenwhiskys und könnte sogar ihr Archetyp sein. So klar sind die Aromen, so gut ergänzen sie sich. Selbst der Alkoholgehalt passt zu dieser Ausgewogenheit: stark genug, um den Mundraum zu füllen, aber nicht überwältigend.

Ruhe und Balance sind die Kerncharakteristika dieses Whiskys. Dies ist nicht der wilde Dram, um danach nackt in den gefrorenen See zu springen, sowjetische Panzerhorden zurückzuschlagen oder was man als Finne sonst so macht – nein, dies ist vielmehr ein gemächlicher Whisky für die Introspektive nach einem solchen wilden Tag.

Wir danken Kyrö ausdrücklich für die Stellung dieses Rezensionsexemplars! Die Zusendung von Nacktbildern bewegte uns eindeutig dazu, den Whisky positiv zu rezensieren.

4 Comments

  • Whisky Inside 26. August 2021 at 23:30 Reply

    […] in Deutschland an der Barszene hängt. Das macht etwa die Geschichte von des finnischen Rye Whiskys Kyrö deutlich, die Max erzählt, aber auch das eingangs erwähnte Interview mit Charles Schumann. […]

  • Benno 23. Juni 2022 at 20:25 Reply

    Aber hallo, da ich nicht auf scotch, Torf, ppms oder Ähnliches eingeschworen bin , kann ich mich nur von Neugier getrieben und von der pfiffigen Werbung verführt an diesen reye malt heranwagen. Und bin maximal erfreut. Wenn man es süßlich mag, dann ran. Ein buntes blumig, fruchtiges, fast liquöriges Erlebnis. Viel zu entdecken bis hin zum Champignons ganz hinten. Der geht für mich durchs ganze Jahr. Nicht groß, aber gefällig. Darf auch mal sein!!

    • Dr. Kai Grundmann 24. Juni 2022 at 15:37 Reply

      Freut mich, Benno! Immer schön, wenn die Neugier siegt und ein tolles Erlebnis folgt.

  • Stauning Rye Whisky - DoktorWhisky.de 9. April 2023 at 12:27 Reply

    […] Diesen oft zu beobachtenden Effekt der Mälzung hat Stauning konsequenter als die skandinavische Konkurrenz ausgebaut. Tatsächlich ließe sich trefflich argumentieren, dass der verstärkte Gerstenmalzanteil […]

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