Lübbehusen Rye Single Cask

Rye Whisky mit Rye-Finish?

Whisky aus dem Oldenburger Münsterland

Seit 2014 produziert die von Jens Lübbehusen gegründete Brennerei Whisky im OIdenburger Münsterland. Sie gehört damit zu den jüngeren in Deutschland und 2018 war es dann soweit: die ersten Abfüllungen kamen auf den Markt. „Ein echtes norddeutsches Original“ sollte hier entstehen, mit „rauchig-frische[r] Brise“, passend zu den umgebenden Moorgebieten.

Das Angebot umfasst den obligatorischen Single Malt aus Gerste, aber auch einen mit schottischem Torfmalz herstellten Peated Whisky, der zudem in Fässern reift, die vorher rauchigen Whisky von der Insel Islay enthielten. Der Trend zum Euro-Rye hat auch vor dem Oldenburger Münsterland nicht haltgemacht. Denn hinzu kommt ein Whisky aus gemälztem Roggen, dessen Malz von Weyermann in Bamberg geliefert wird.

Die Fassauswahl bleibt überwiegend traditionell mit Bourbon- und Sherry-Casks, interessant ist allerdings die großzügige Verwendung von Virgin Oak, also unbelegter, frischer Eiche. Deren intensive Aromen tun gerade jungen Whiskys gut, können aber schnell zu dominant werden.

Rye und Reichstag

Rye aus dem Rye-Fass

Virgin Oak ist auch bei ihrem Rye Single Cask im Spiel. Die frische amerikanische Weißeiche tat für 23 Monate ihr Werk, dann übernahm ein mit Kentucky Rye Whiskey vorbelegtes Fass für 24 Monate. Die Norddeutschen wollen ihren eigenen Whisky durch die Aromen des Kentucky Rye bereichern und wählten daher diesen recht ungewöhnlichen Weg.

Relativ mild abgefüllt mit 42,8% ABV können die würzigen Aromen des Destillats gut zur Geltung kommen, so jedenfalls eine in den USA durchaus gut vertretene Meinung, z.B. im Fall des Basil Haydens. Der Verzicht auf Farbstoff und der dennoch recht dunkle Bernsteinfarbton suggerieren zudem einen soliden Fasseinfluss, doch hier gilt es zu probieren.

Nase

Die Balance zwischen Destillat und Fass ist erstaunlich gut gelungen, gleichwohl ersteres stärker auffällt. Tatsächlich wähnt man frisches Schwarzbrot zu riechen, begleitet von mildem Eukalyptus und Lorbeer. Doch auch Vanille kommt klar zum Vorschein. Schön ist, dass sich außerdem fruchtige Aromen zeigen, etwa Banane und reifer Pfirsich, wenn auch verhalten.

Geschmack

Mild und beinahe zart tritt er an, diesmal jedoch bestimmen die Kräuter den Ersteindruck. Gräser und Heu gesellen sich hinzu. Die Vanille wird etwas zurückgedrängt, jedoch ergänzt durch eine malzige Süße. Vielmehr gibt das Fass nun markante Würze, fast Bitterkeit, die sich bei mir als Anis ausdrückt und damit die Kräuter und Gräsern komplementiert. Überhaupt schmeckt der Whisky harmonischer, als es diese Beschreibung vielleicht klingen lässt, gleichwohl oder gerade weil die Fruchtigkeit nun fast vollständig gewichen ist.

Abgang

Der Abgang ist trotz der Milde im Mund sehr lang, weil erneut die Würze hervortritt und sie klar bitter wird. Dies rührt wohl von den Tanninen der Eiche her, schließt aber auch nahtlos an den Anis an.

Fazit: eine Bereicherung der deutschen Rye-Landschaft

Dies ist ein mild-würziger Whisky, wie bei gemälztem Roggen zu erwarten. Trotz recht jungen Alters zeigt er ein harmonisches, wenn auch eigenwilliges Geschmacksprofil. Gerade auf der Zunge schlägt das vorbelegte Fass mit einer Würze durch, die zum Konzept passt, sich aber hart an der Grenze zur Bitterkeit bewegt. Die jungfräuliche Eiche dagegen hält sich im Hintergrund. Oder ist es das frische Fass, das diese Aromen bringt?

Zu loben ist auf jeden Fall, dass der Whisky sich von anderen Rye Malts abzusetzen vermag. Er hat Wiedererkennungswert und Rye-Fans sollten ihn probieren, auch wenn er nicht ganz günstig ist, gern im Rahmen einer Blindverkostung. Allerdings sehe ich ihn eher als einen Zwischenschritt bzw. Experiment. Weitere Abfüllungen sollten vielleicht die süßen Aromen stärker betonen oder zumindest die in der Nase noch eher zögerlich präsenten Früchte. Andererseits mögen wir bei DoktorWhisky.de ohnehin eher die süßen Whiskys…

Trotzdem: dass Deutschland Rye-Land ist, das beweist nun auch das Oldenburger Münsterland.

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