Highland Rye

Highland Rye

Arbikie: Der erste Rye aus Schottland

Field to Bottle und der erste Scotch Rye

Nah der Nordsee, im Osten Schottlands, findet sich Arbikie Distilling. Stolz prangt auf ihren Flaschen die Zahl 1794, denn bis in dieses Jahr lässt sich eine Brennerei in auf dem Arbikie-Gelände zurückverfolgen. Die moderne Brennerei hingegen wurde im Jahr 2013 gegründet.

Nun wäre es aber verfehlt, darin inhaltsleeres Marketing zu sehen. Denn die Gründer der Brennerei, die Brüder Stirling, besitzen und bewirtschaften dieses Land in vierter Generation. Die Familie selbst betreibt sogar seit dem 17. Jahrhundert Landwirtschaft. Sie wollten die alte schottische Tradition wiederbeleben, dass die Brennereien ihre Rohstoffe aus ihrem unmittelbarem beziehen. Mit landwirtschaftlicher Erfahrung versehen kontrollieren sie jeden Produktionsschritt, von der Anpflanzung des Getreides bis zur Abfüllung der Flasche.

Von Mut zeugt die Entscheidung, Rye Whisky zu produzieren. In Schottland undifferenziert als Grain geführt und lang vergessen, hat diese Art Whisky in den letzten Jahren immer mehr Fans gewonnen. Inzwischen ist sogar Ardbeg auf den Zug aufgesprungen, jedenfalls in Sachen Fassreifung. Mit einem dezidierten Scotch Rye allerdings kann bislang nur Arbikie aufwarten.

Bemerkenswert daran ist, dass ausnahmsweise einmal Scotch in die Rolle des Whisky-Underdogs schlüpft. Denn sowohl in Nordamerika als auch neuerdings Kontinentaleuropa gibt es ein starkes Mitbewerberfeld mit großem Erfahrungsschatz. Als Rye-Fans waren wir entzückt, als uns Arbikie eine Flasche der 2020er Edition zukommen ließ, um herauszufinden, wie gut Scotch Rye ist.

200ml Highland Rye: Danke dafür, Arbikie!

Klassisch oder innovativ? Die 2020-Edition

Der Whisky mutet zunächst recht klassisch an, besonders da er in einem frischen, ausgebrannten Eichenfass gereift ist. Das kennt man auch so von den amerikanischen Vertretern des Ryes. Der würzige Grundcharakter des Destillats und die süßen Noten dieser Fassart harmonieren einfach gut.

Doch hat Arbikie noch eine Überraschung bereit: in der Maische dominiert zwar Roggen – genauer: der Arantes-Roggen vom Feld ‚Drummies‘ – aber ebenfalls enthalten sind Viscount-Weizen und gemälzte Odyssee-Gerste. Bei den Amerikanern wäre eher Mais statt Weizen zu erwarten und auch in Europa ist das ungewöhnlich. … und spannend. Weizen tendiert immerhin dazu, den Whisky weicher und milder zu gestalten, wird daher selten zusammen mit, sondern oft anstatt von Roggen verwendet.

Nase

Kräuter, nicht zuletzt Minze und Wacholder, bestimmen den Ersteindruck. Wer schon ein paar Roggenrohdestillate hatte, erkennt dieses Element sofort wieder. Dahinter liegen Gewürze wie Zimt, Nelke und Thymian, aber auch Toffee. Mit mehr Zeit im Glas zeigt sich noch mehr vom Fass, ein Hauch Vanille, der aber von den Kräutern fast erdrückt wird.

Geschmack

Hier dreht sich das Bild beinahe um, denn es sind zunächst die süßen Geschmäcker, die auffallen. Erneut tritt Zimt hervor und überhaupt wird es weihnachtlich mit Bratapfel, weißer Schokolade und Datteln.

Die Kräuter lassen aber nicht lang auf sich warten, Minze und Eukalyptus, wie bei Rye zu erwarten. Dazu kommt eine pfeffrige Würze und die 48% ABV verleihen dem ganzen gehörige Kraft.

Abgang

Vielleicht ist das der ausgewogenste Aspekt des Whiskys, da es sich um einen für Rye typischen würzig-süßen Abgang handelt, hier von mittlerer Länge.

Fazit: spannend und vielseitig, fast schon chaotisch

Die mannigfachen Eindrücke lassen sich in drei Stoßrichtungen bündeln, nämlich frische Kräuter, weihnachtliche Süße und scharfe Würze. Sie alle geben dem Whisky einen einzigartigen Charakter, selbst innerhalb der Rye-Welt. Allein darum sollten Fans des Roggenwhiskys einen Schluck wagen. Hier liegt unglaublich viel Potential verborgen.

Doch zu sehr zerren die drei Stoßrichtungen den Whisky auseinander, als dass sie wirklich harmonieren. Und wo Aromen an der einen Stelle komplementär wirken, wirbeln sie an der anderen über andere hinüber. Der Whisky hat ein chaotisches Moment, das mal charmant daherkommt und mal schlicht entgleist.

Im Grunde mag ich diese Art Whisky. Es ist gerade nicht der fein balancierte Altherren-Dram, sondern ein mutiger, junger Wilder – einer, der sich bisweilen vergaloppiert, aber der viel Charakter und eine große Zukunft vor sich hat. Gerade dem verknöcherten Scotch tut so ein Whisky gut.

Wir danken Arbikie-Distilling für die kostenfreie Zustellung der Flasche!

4 Comments

  • Insarnhoe Kuling 21. September 2021 at 17:31 Reply

    […] Tatsächlich läuft es sogar im gelobten Whiskyland der Schotten kaum anders, wenn man sich an neuem Rye versucht. Mit mehr Erfahrung wird sich dies schnell ändern und schon jetzt beweist der Kuling das […]

  • Aberfeldy 18 8. Dezember 2021 at 19:54 Reply

    […] Dieses Jahr hat es bislang überhaupt nur einer auf unsere Website geschafft und das war ein Rye Whisky, im Januar… Das liegt nicht etwa daran, dass wir keinen Scotch Single Malt mochten. Im […]

  • Unser Jahr des deutschen Rye Whiskys 28. Dezember 2021 at 16:20 Reply

    […] konkurrieren. Mehr noch, 2021 hat die erste größere Vermarktungswelle eines waschechten Scotch Rye gesehen – so weit ist es […]

  • German Rye Whisky Terminologie 9. Oktober 2022 at 17:04 Reply

    […] Malt, nicht aus gemälzter Gerste, muss also Single Grain heißen. So einfach ist das. Selbst der Arbikie Rye hat daher Single Grain auf dem Etikett zu stehen. Dass die Brennerei damit kaum glücklich sein […]

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