Aberfeldy 18

2020 vs 2021 – Pauillac vs Côte Rôtie

Das Aberfeldy-Duell. Oder: Heute mal Scotch

Tatsächlich rezensieren wir Scotch eher selten. Dieses Jahr hat es bislang überhaupt nur einer auf unsere Website geschafft und das war ein Rye Whisky, im Januar… Das liegt nicht etwa daran, dass wir keinen Scotch Single Malt mochten. Im Gegenteil, wir trinken ihn regelmäßig und gern. Es gibt jedoch so viele Rezensenten und Rezensionen für die klassischen Single Malts aus Schottland, dass wir uns lieber um andere Whiskyregionen und Stile kümmern.

Doch wenn Fortuna uns zulächelt, ergreifen wir freilich die Gelegenheit. Wir waren auf dem Whiskyherbst 2021 zur Verkostung des neuen Aberfeldy 18 mit Côte-Rôtie-Rotweinfassfinish eingeladen und sollten diese Flasche anschließend auch zugesandt bekommen. Stattdessen erreichte uns der Aberfeldy 18 des letzten Jahres mit einem Pauillac Rotweinfassfinish. Dank des entgegenkommenden Markenbotschafters Andreas Künster erhielten wir bald darauf auch den Côte Rotie. Da bietet es sich an, diese beiden 18-jährigen Whiskys zu vergleichen.

Aberfeldy gehört zu den älteren Brennereien, gegründet 1896 von John und Tommy Dewar. Der dort produzierte Malt war das Herzstück der Dewar Blends, erreichte sonst allerdings nicht den Endverbraucher. Erst nach mehr als hundert Jahren kontinuierlichen Brennens, unterbrochen nur zweimal durch die Weltkriege, sollte der Aberfeldy Single Malt die Fans beglücken. Das war 1999, kurz nach der Übernahme durch Barcadi. Inzwischen überzeugt Aberfeldy durch ein interessantes Geschmacksprofil, das sich durch Eichenwürze und einer ausgeprägten Honignote auszeichnet.

Zwei 18er freudig vereint…

Rotweinfinish gegen Rotweinfinish

Die Eckdaten beider Whiskys sind auf den ersten Blick nahezu identisch. 18 Jahre reifte der Whisky hauptsächlich in Bourbonfässern, um anschließend für einige Monate ein Finish in Rotweinfässern zu erhalten und mit 43% ABV abgefüllt zu werden. Der entscheidende Unterschied liegt in den Weingütern, die ihre Fässer zur Verfügung stellten.

Der 2020er Aberfeldy 18 lag in Fässern, die aus der Region Pauillac stammen. Nahe Bordeaux gelegen, laufen unter dieser geschützten Herkunftsbezeichnung sehr wuchtige, robuste Weine mit merklicher Tanninstruktur. Dagegen kommen beim 2021er Aberfeldy 18 Fässer aus der nahe Vienne gelegenen Region Côte-Rôtie zum Zuge. Schon vor fast 2000 Jahren lobten römische Gelehrte und Dichter diesen Wein, obwohl Plinius anmerkte, dass er hauptsächlich Kennern in der Region bekannt sei (NH 14,4). Jedenfalls sind die Weine der Côte Rotie ebenfalls kräftig und haben neben reifer Fruchtsüße eine hohe Lagerfähigkeit. Um ehrlich zu sein, es bräuchte einen Weinkenner, ihre Unterschiede im Detail zu beleuchten.

Interessant ist der Effekt, den Rotweinfässer üblicherweise auf den Whisky haben. Sie sorgen meist für eine weniger süße Fruchtigkeit als die Starkweinfässer Sherry oder Port, geben aber auch mehr Körper und Tannine ab. Dies verträgt sich generell gut mit dem Aberfeldy-Profil. Wie sich die Weinregionen im Speziellen auswirken, finden wir im Vergleich heraus.

Nase

2020 Pauillac: eine sehr typische Aberfeldy-Nase mit viel Honig, Waffel und dazu Karamell. Etwas Eichenwürze und süßlicher Tabak gleichen dies teilweise aus. Erst langsam machen Früchte auf sich aufmerksam, drängen aber mit mehr Zeit zum Atmen stärker nach vorn. Steinobst und reife Beeren decken hier eine beachtliche Bandbreite ab.

2021 Côte-Rôtie: die Nase ist viel schwerer und dunkler als die der 2020er Abfüllung. Trockenfrüchte, Rosinen und rote Beeren verbinden sich mit Fruchtsirup und – erneut – Waldhonig. Auch hier wird die Frucht immer stärker, aber zugleich frischer. Überhaupt ist die Nase deutlich kräftiger, wenn auch weniger süß.

Geschmack

2020 Pauillac: dem zarten Antritt folgt wieder deutliche Süße von Honig und Karamell wie in der Nase. Dagegen sind die Früchte von Anfang an präsent und differenzieren sich klarer aus. Vor allem Pflaume und reife Himbeere. Hinzu gesellen sich Cornflakes und Nüsse. Nur ein Hauch Anis lässt das Fass erahnen.

2021 Côte-Rôtie: wie auch die Nase ist der Antritt hier wuchtiger und vermag den Mundraum schneller für sich einzunehmen. Die Früchte sind jetzt fast schon spritzig-frisch, v.a. eine klare Brombeernote sticht heraus. Die Trockenfrüchte treten etwas zurück. Der Whisky bleibt seiner Aberfeldy-Natur trotz allem treu, denn der Waldhonig bettet die Früchte hervorragend ein. Dass der 2021er weniger süß erscheint, liegt dann nicht zuletzt am größeren Einfluss des französischen Holzes, das eine gute Portion Würze hinzugibt.

Abgang

2020 Pauillac: der Abgang ist mittellang und zeigt viel Eichenwürze. Bevor Bitterkeit einsetzen kann, ist der Whisky jedoch entschwunden.

2021 Côte-Rôtie: wie erwartet, gestaltet sich der Abgang etwas länger und kräftiger, aber erstaunlicherweise gleichsam süßer und weniger würzig. Durch den längeren Nachklang treten die Tannine allerdings deutlicher auf.

Zwei hervorragende Vertreter ihrer Art

Fazit: Vom Sinn eines Vergleiches

Gleich vorweg sei gesagt, dass beide Whiskys ausgezeichnete Vertreter ihrer Art sind. Vielleicht würde sich der ein oder andere mehr ABV wünschen, doch der Grundcharakter des Aberfeldy findet genug Freunde. Beide Whiskys setzen diesen Grundcharakter ohne Fehl und Tadel um, während das Rotweinfinish ihn ganz vorzüglich ergänzt. Die Verbindung von (roter) Fruchtigkeit, Honigsüße und komplementärer Eichenwürze, die hier geboten wird, ist hohe Kunst.

Dass im direkten Vergleich Unterschiede auffallen, verwundert wahrlich nicht. Natürlich ist es hilfreich, diese Unterschiede genauer benennen und herausstellen zu können. Ein paar überraschende Abweichungen von den Erwartungen wecken die Neugier des Rezensenten.

Allerdings ist Vorsicht geboten, diese Unterschiede nicht zu überdramatisieren. Das im Grunde identische Konzept erzeugt zwei klar artverwandte Whiskys, die sich zwar genauso klar voneinander scheiden lassen, sich schlussendlich jedoch noch klarer von anders konzipierten Whiskys absetzen. Ein Vergleich zeigt daher die Spannweite an sich feiner Nuancen. Unter der Lupe und nebeneinander betrachtet wirkt sie riesig, nur darf der Blick für das große Ganze nicht verloren gehen.

Fans des gebotenen Geschmacksprofils können bei beiden bedenkenlos zugreifen – ganz gleich, ob der 2020er Pauillac in summa süßer, leichter und gefälliger sein mag, oder ob der 2021er Côte-Rôtie wuchtiger und würziger erscheinen mag. Aberfeldy-Fans sollten beide probieren, ganz besonders im Vergleich.

Hier zeigt sich wieder einmal warum das Trinken solcher limitierten Abfüllungen einfach viel mehr Spaß macht als das reine Sammeln. Allein für diese Erkenntnis gebührt Aberfeldy unser Dank.

Danken müssen dessen ungeachtet zudem der Stellung beider Flaschen als Rezensionsexemplare durch die Agentur Minkus und Andreas Künster, die Aberfeldy vertreten.

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