Balcones Eclipse Texas Rye Cask Strength

Balcones Texas Rye Cask Strength vor dem Kanzleramt

Ein Nachruf?

Balcones Texas Whisky

Die texanische Brennerei Balcones galt lange Zeit als Geheimtipp, wenigstens in Deutschland. Das änderte sich in den letzten Jahren und spätestens 2022 entstand eine stetig wachsende Fangemeinde. Unglücklicherweise passierte dies auch in den USA und da dieser Markt vom Inhaber priorisiert wird, stellte Diageo den Deutschlandvetrieb 2023 ein. Noch sind die Restbestände zu haben, insbesondere die der Core Range, aber die Tage scheinen gezählt. Insofern ist diese Rezension unfreiwillig fast so etwas wie ein Nachruf.

Balcones zeichnet sich durch eine enorme Breite in der Produktpalette aus. Corn, Rye, Bourbon, Single Malt (Peated/Unpeated), Blends… und das ist nur der Whisky. Allen ist gemein, dass sie sehr intensiv und kräftig sind. Die auf Forsyth Pot Stills gebrannten Destillate reifen teilweise im Freien, d.h. direkt unter der heißen texanischen Sonne und in der Kälte der Nacht. Die damit verbundenen Temperaturschwankungen und Kontraktionen bzw. Relaxation des Holzes sorgen für starken Fasseinfluss.

Was besonders imponiert, ist dass Balcones zwei Spielarten von American Whisky perfekt beherrscht. Auf der einen Seite steht traditioneller Whisky wie der Rye in der frischen Eiche, auf der anderen Seite das Experimentelle, von Nachreifungen des Corn Whiskys in Weinfässern bis zum Verschnitt verschiedener Destillate reichen. Nicht jedes Experiment gelingt, doch was sensorisch geboten wird, beeindruckt immer wieder.

Balcones Eclipse Texas Rye Cask Strength
Dunkle Farbe verspricht schweren Whisky

Diesmal klassisch

Der Eclipse Texas Rye Cask Strength ist abgesehen von seinem schottisch angehauchten Namen – in den USA wäre Barrel Strength üblicher, plus Whisky mit „e“ – ein relativ klassischer Vertreter seiner Art. Als Straight Rye mindestens vier Jahre alt und gereift in ausgebrannten Eichenfässern erfüllt er die Erwartungen. Er fällt in den Monongahela-Style der deutschen Brenntradition, da er mit 100% Roggen hergestellt wurde. Übrigens verwendet Balcones auch Roggen aus Deutschland, das machen allerdings mehr Brennereien als landläufig angenommen wird.

100% Roggen sind schwer zu verarbeiten, da der Roggen bei der Fermentation zur Verklumpung neigt und die Fermentation selbst auch nur langsam in Gang kommt. Meist werden daher Enzyme hinzugesetzt oder ein Anteil des Roggens ist gemälzt für den Kickstart. Gerade beim Start der Fermentation hat sich Balcones etwas Ungewöhnliches überlegt: ihre Hefen sind solche, die für Bier und folglich Single Malt verwendet werden. Ob dies wirklich einen geschmacklichen Einfluss hat, vermag ich nicht zu sagen.

Bei der Alkoholstärke gibt es keine Kompromisse, es sind 64% ABV. Über 60% sollten so ungefähr typisch für Balcones sein, wenn keine Nachreifungen erfolgen, die durch ihre erhöhte Oxidation infolge der Einwirkung von Sauerstoff beim Umfüllen ein paar Prozente verlieren.

Nase

Zu Anfang stechen noch Eukalyptus und nasser Tannenwald durch, dies wird aber bald überlagert von massiven Kakaobohnen und Kaffeebohnen, plus Röstaromen. Ein Anflug von Lagerfeuerrauch dürfte dem Fasseinfluss geschuldet sein. Interessanterweise finden sich mit der Zeit immer mehr dunkle Fruchtaromen wie z.B. reife Pflaume.

Geschmack

Waren die gerösteten Bohnen von Kakao und Kaffee schon in der Nase dominant, so bauen sie ihren Einfluss auf der Zunge sogar noch aus. Das Mundgefühl ist sehr cremig und so erinnert der Eclipse zunehmend an Bitterschokolade mit Espresso. Ein paar Pfefferkörner lassen zudem die Würzigkeit des Destillates erkennen, aber in erster Linie kommt die Würze der Eiche. Typisch für Balcones Rye scheint eine gewisse erdige Note zu sein, als wären die Bohnen in feuchtes Ackerland gefallen. Die ist hier jedoch weniger deutlich als beim 100 Proof Rye.

Abgang

Lang und intensiv, und er wird sehr schnell sehr trocken.

Balcones Texas Rye 100 Proof
Der kleine Bruder, mit 50% ABV deutlich ausgewogener, siehe hier

Fazit: Stark, balancierter mit Wasser

Bei 64% ABV erwartet wohl niemand einen Easy Sipper, aber die Volumenprozente sind nicht allein die Quelle der Kraft dieses Whiskys. Sie schieben vielmehr die gewisse, ohnehin starke, Aromen derartig an, dass andere etwas untergehen. Auch drückt hier das Fass sehr auf das Destillat, was mit Blick auf die Mahagonifarbe des Whiskys kaum überrascht. Nur leider geht viel von der Rye-Charakteristik dabei verloren. Das war beim 100 Proof Rye von Balcones so nicht der Fall.

Daher tat ich etwas, das ich sonst aus Prinzip nicht tue: ich gab ein paar Tropfen Wasser hinzu. Freilich ist das bei vielen Whiskys empfohlen und gängige Praxis, mir persönlich das Ergebnis aber nie zugesagt. Bis heute. Dank Wasser wird der Whisky würziger mit Zimtrinde und Nelke und zugleich süßer mit Zuckerwatte und Toffee. Die Bohnen sind vor allem auf der Zunge immer noch das markanteste Element, werden aber klar besser komplementiert durch diese Würze und Süße, durch Zimt und Zucker.

Der unverdünnte Whisky ist ein Biest, das seine Freunde finden wird. Gerade die kräftige Aromatik zeichnet ihn aus. Dass er mit Wasser komplexer und m.E. runder wird, ist ein Bonus. Grundsätzlich ist der Eclipse damit nicht nur Rye-Fans zu empfehlen, sondern allen, die Intensität und Komplexität bei einem Whisky schätzen. Jedoch erfordert dieser Texaner viel Aufmerksamkeit und Konzentration. Es gibt elegantere Ryes in Fassstärke, doch es ist wahrlich ein Whisky, an dem sich Fans abarbeiten können und sollten.

1 Comment

  • Grün und der Rye Whisky - DoktorWhisky.de 21. Juli 2024 at 0:43 Reply

    […] Kentucky und Tennessee bis hin nach Texas: Elijah Craig, Ezra Brooks, George Dickel, Balcones und auch nicht amerikanische Rye Whiskeys wie der Crown Royal hatten entweder ganz grüne Etiketten […]

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