Stauning Rye Whisky
Floor Malted Rye für unsere „Ryes of Europe“-Tour
Wieder im Norden
Whisky aus Skandinavien ist längst nichts Ungewöhnliches mehr. Mackmyra oder Kyrö sind klingende Namen in der Szene, und sie sind nur die bekanntesten. Sogar Dänemark, unser regelmäßig zum lebenswertesten Land der Welt erklärte Nachbar, mit seinen kaum sechs Millionen Einwohnern zählt nicht weniger als acht Whiskybrennereien zu den ihrigen.
Stauning hat sich seit 2005 zum Ziel gesetzt, 100% dänischen Whisky herzustellen: Getreide, Wasser und sogar Torf sollten aus heimischen Gefilden kommen. Es sollte eine Erfolgsgeschichte werden. Die ersten Abfüllungen erschienen 2011, dann folgte 2018 der Ausbau zur Verzehnfachung der Produktionskapazität. Dabei nahm Stauning geschickt den Trend weg vom Globalen, hin zu regionalen Produkten auf, um nicht zuletzt Restaurants und Bars für sich zu begeistern – etwas, das deutsche Brennereien trotz bester Voraussetzungen bis heute nicht vermögen. Fairerweise sei aber nicht unerwähnt, dass diese nicht die finanziellen Möglichkeiten haben, die Diageo als Teilhaber bietet.
Doch auch technisch hat Stauning einige Besonderheiten zu bieten. So haben die Dänen das mittlerweile fast überall abgeschaffte Floor Malting, also das Mälzen des Getreides auf dem Fußboden, wiederbelebt und durch einen eigens entwickelten Malzwender ins 21. Jahrhundert überführt. Ebenfalls bemerkenswert sind die 24 kleinen Pot Stills, die direkt befeuert werden und so höhere Temperaturen erhalten. Diese wiederum führen zur Maillardreaktion und stärker ausgeprägten Röstaromen.
Kernprogramm sind Whiskys aus Gerste und Roggen, die in verschiedenen Mischverhältnissen angeboten werden, allerdings immer gemälzt sind. Hier vorliegend ist ein Rye Whisky, der Bestseller der Brennerei. Stolz verkünden die Dänen, dass sie den Rye Whisky zurück in die Alte Welt holen – waren es doch Auswanderer aus Skandinavien und Mitteleuropa, die die ersten Roggenwhiskys in den USA brannten. Recht haben sie.
Malted Rye
Für die Deklarierung als Rye Whisky sind mindestens 51% Roggen in der Maische erforderlich und nach manchen Angaben ist genau dies der Fall, während die übrigen 49% gemälzte Gerste sind. Andere Angeben sprechen von einem Verhältnis von 70 zu 30. Es ist gut möglich, dass je nach Batch mit unterschiedlichen Mash Bills gearbeitet wurde. Auf jeden Fall dürfte der relativ hohe Anteil an Gerste für einen ungewohnt fruchtigen und sanften Rye sorgen, allzumal da die Mälzung ohnehin schon einige Ecken und Kanten abschleift. Andererseits verspricht diese Mischung auch eine gewisse Subtilität in der Aromenvielfalt, die Rye oft abgeht.
Bei der Reifung greift Stauning auf ein bewährtes Konzept zurück. Der Rye lag drei bis vier Jahre in unbenutzter amerikanische Eiche. Die Würze des Destillats trifft so auf die Süße des Fasses und daraus entsteht ebenjenes Profil, dass Rye-Fans seit über hundert Jahren begeistert. Abgefüllt mit soliden 48% ABV sollte zudem genug Kraft da sein.
Die hier gezeigte Flasche ist übrigens eine von mehreren Tausenden der Design Edition, die ohne großes Frontetikett kommen. Stattdessen können die Fans die Flasche mit Stickern und einem Goldstift selbst gestalten. Wir allerdings können dem minimalistischen Look auch so einiges abgewinnen.
Nase
Bratapfel steigt direkt in die Nase, dazu Karamell und Schokolade. Die Roggen-DNA zeigt sich in den bekannten, getoasteten Schwarzbrotaromen und etwas Pfeffer und Mokka. Sie spielt aber die zweite Geige. Mit der Zeit enthüllt der Whisky seine beachtliche Tiefendimension: frischer, grüner Apfel, der ein Cider erinnert, Pflaume und dazu eine leichte Grasigkeit.
Geschmack
Unheimlich sanft, ja fast zärtlich schmiegt sich der Whisky an die Zunge an und präsentiert sich erneut von seiner süßen Seite. Da kommen Bratapfel, Karamell, Honig, Mandelpaste und Malzbier. Allerdings ist er weniger fruchtig und geht jetzt mehr ins Würzige mit Süßholz und Anis.
Abgang
Mittellang, fällt im Nachhall besonders der Mokka auf, wandelt wieder auf der Grenze von Würze und Süße.
Fazit: von Erwartungshorizonten und Philosophien
Horst Lüning stellte besonders die Würzigkeit des Roggens in seiner Besprechung dieses Whiskys heraus, ein Rezensent auf der anderen Seite des Atlantiks hingegen vermisste und suchte den Roggen. Die stark voneinander abweichende Wahrnehmung ist vielleicht der jeweiligen Vorprägung und Erwartungshorizonten geschuldet.
Wer die subtil-komplexen Single Malts Schottlands gewohnt ist, schmeckt den Roggen als ungewohntes Element sofort. Das überrascht umso weniger, da Roggen mit seiner dominanten Aromatik schon in kleinen Anteilen einem Whisky seinen Stempel aufdrücken kann. Wer andererseits regelmäßig ungemälzten Roggen-Whisky trinkt, wird bei der Stauning Mash Bill – wie sie auch immer im Detail sein mag, jedenfalls 100% gemälzt mit viel Gerste – einige typische Geschmäcker vermissen.
Die frischen Kräuter vieler Ryes etwa, nicht selten scharf-mentholisch, fehlen hier fast zur Gänze. Die Gewürzpalette ist groß, wirkt aber eingehegt und gezähmt. Diesen oft zu beobachtenden Effekt der Mälzung hat Stauning konsequenter als die skandinavische Konkurrenz ausgebaut. Tatsächlich ließe sich trefflich argumentieren, dass der verstärkte Gerstenmalzanteil ebendieser Logik folgt. Ruppiger Roggen paart sich mit gediegener Gerste. Hier steht ein Rye Whisky, der seine Abkunft nicht verleugnet, dessen forsche und ungestüme Natur jedoch zurückgehalten wird.
Der Stauning Rye Whisky ist dadurch um einiges zugänglicher, gerade für Fans des Scotch Single Malt – die es in Europa zu gewinnen gilt, wollen signifikante Marktanteile erobert werden. Es wäre jedoch verfehlt, hierin eine rein strategische Entscheidung sehen zu wollen. Denn dann hätte sich Stauning gar nicht erst an Rye versucht. Vielmehr sehen wir eine Philosophie, die in einer wieder anderen Spielart des Rye mündet. …und dies folgerichtig. Interessant wäre nun, diese Spielart weiter zu erkunden und auch als Teil der Core Range weitere Fasstypen zur Reifung einzusetzen, v.a. von Stark- und Süßweinen.
Der Anfang ist gemacht und vielleicht hilft der Stauning dabei, die Akzeptanz von Ryes in Europa zu steigern. Gerade diejenigen, die nach einem Einstieg in die Rye-Welt suchen, liegen bei diesem Dänen richtig.
[Achtung: die Flasche wurde uns kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Beitrag kann daher als Werbung betrachtet werden.]
[…] fungieren kann. Diese Mission kann durchaus als geglückt betrachtet werden, obwohl er fast schon zu rund ist. Ein paar Ecken und Kanten hätten ihm gut […]
[…] Whisky noch mehr als wir, doch egal ob wir nach Finnland (Helsinki Distilling, Kyrö), Dänemark (Stauning, Thy) oder Schweden (Hven) blicken, Grün bleibt die Ausnahme. Sie dürften in einer ähnlichen […]