Stauning El Clasico

Stauning El Clasico

Rye Whisky aus dem Wermutfass

Zurück in Dänemark

Stauning ist, wenigstens in Norddeutschland, längst kein Unbekannter mehr. Die westdänische Brennerei führt seit nunmehr über zehn Jahren Whisky in ihrem Programm und vor fünf Jahren gab es eine drastische Kapazitätssteigerung, deren Früchte wir jetzt  ernten. Ihr Rye Whisky als Bestseller und Flaggschiff verkörpert sehr gut die Philosophie Staunings. Durch die Mälzung des Roggens wird dieser soweit gezähmt, dass er als Bindeglied traditioneller, ungemälzter Rye Whiskys und dem hierzulande beliebten Single Malt fungieren kann. Diese Mission kann durchaus als geglückt betrachtet werden, obwohl er fast schon zu rund ist. Ein paar Ecken und Kanten hätten ihm gut getan.

Und genau hier setzt Stauning den Hebel mit der Research Series an. Der Rye wird actuell durch zwei Abfüllungen flankiert, deren Finish für das gewisse Extra sorgt: der Bastard mit einer Nachreifung im Mezcal-Fass und der El Clasico mit der Nachreifung im Wermut-Fass. Karen und ich habe beide auf der Spreeside Whiskymesse probiert und waren von beiden überzeugt. Mit einem hauchdünnen Vorsprung gewann der El Clasico und wanderte in unsere Tasche. Nur wenig später folgte dann auch der Bastard.

Mit dieser Serie zeigt Stauning jenen Mut, den es braucht, eine genuin europäische Spielart des Rye Whiskys zu etablieren. Gerade nicht an den Zwang gebunden, Virgin Oak zu verwenden, und gerade mit all der Erfahrung und dem Reichtum an Fassvarianten kann der Euro-Rye sich wirksam vom nordamerikanischen Rye absetzen. Die Tatsache, dass Stauning seine Experimente fortführt, macht Mut.

Stauning El Clasico an der Molte-Brücke
Zwei Biester friedlich vereint

Wermutfass und gemälzter Roggen

Der Name El Clasico hebt einerseits auf die spanische Provenienz der Wermutfässer ab, andererseits auf die Inspiration für die Nutzung derselben: nämlich den klassischen Cocktail namens Manhattan, in dem Rye und Wermut hervorragend harmonieren. Zwar ist die Reifung in Wermutfässern in den letzten Jahren durchaus stärker in Mode gekommen, sie bleibt jedoch eine eher seltene Erscheinung. Stauning erhebt wohl nicht zu Unrecht den Anspruch, den ersten Rye mit einem solchen Finish zu bieten. Sechs Monate lag er im Wermutfass.

Wermut als mit Kräutern aromatisierter Wein verspricht eben frische Kräuter und fruchtige Süße, die sich mit dem ohnehin kräuterigen Profil des Roggens und der malzigen Süße der Gerste gut vertragen sollten. Die Maische besteht zu 51% aus Roggen und 49% Gerste, beide gemälzt. Daher werden die ungestümen würzigen Noten des Roggens allenfalls im Hintergrund widerhallen. Wie bei Stauning üblich, stammt das Getreide komplett aus Dänemark. Die spannende Frage ist, ob die Kräuteraromen von Fass und Roggen heraus zu differenzieren sind, bzw. wie gut sie dann miteinander arbeiten.

Die sonstigen Eckdaten sind recht typisch. Die Lagerung erfolgte für drei Jahre in jungfräulicher amerikanischer Eiche, die Abfüllung mit einer soliden Trinkstärke von 45,7%.

Nase

Es ist sicher der Wermut, der den Ersteindruck dominiert. Die Kräuter wirken fast süßlich und sind somit definitiv von denen des Roggens zu trennen. Schwere, rote Früchte erinnern an Starkweine. Mit etwas Geduld lassen sich dem Whisky weitere Aromen entlocken. Bitterorange, Malzbierbonbon, Karamell und zurückhaltende Würze von Muskat, Pfeffer und Mokka zeigen die Komplexität des Whiskys.

Geschmack

Würze und Kräuter prägen den Antritt auf der Zunge. Doch wo diese Beschreibung auf hunderte Ryes zutrifft – und zutreffen sollte! – sind es hier die Kräuter des Wermuts, deren markanter Charakter unverkennbar ist: weniger frisch und scharf-mentholisch, sondern feiner, zurückhaltender und schon eingebunden in süßliche Aromen, so wie bei einem Likör.  Zusammen mit anderen süßen Geschmäckern wie dem Karamell und Malz, ergibt sich hier ein bemerkenswertes Wechselspiel. Das lässt den Whisky süßer erscheinen als für Roggen erwartbar.

Ganz ähnlich verhält es sich mit der Würze. Verglichen mit der Nase stürmt schwarzer Pfeffer geradezu voran. Allerdings wandelt sich dieser bald in Anis und Zimtrinde. Sie bilden zusammen mit Kräutern und Süße die dritte Säule des Geschmacksprofils.

Abgang

Zwar brennt der Pfeffer noch etwas weiter, erstaunlicherweise kommen aber wieder, süße rote Früchte zum Vorschein.

Stauning El Clasico am Hauptbahnhof
Der lange Weg zum Euro-Rye

Fazit: Ecken und Kanten

Der El Clasico ist ganz sicher kein einfacher Whisky, nicht einmal für Rye-Fans. Das deutliche, manchmal womöglich zu einprägsame Wermut-Finish garantiert eine ungewohnte Erfahrung.  Die Trias von Süße, Kräutern und Würze an sich ist für Rye typisch, doch die Ausprägungen der ersten beiden sind weit entfernt von dem, was ein Roggendestillat gewöhnlich mit sich bringt. Doch genau diese Ecken und Kanten sind es, die den El Clasico so faszinierend machen. Wo der Standard-Stauning-Rye ein leicht zugänglicher, runder Whisky ist, steckt beim El Clasico einiges unter der süß-kräuterigen Oberfläche und wartet darauf, entdeckt zu werden.

Vermutlich ist der (für Rye Whisky) malzig-milde Grundcharakter des Stauning besonders gut für ein Wermut-Finish geeignet. In Kombination mit ungemälztem Roggen, dessen Kräuter gerade in jungen Jahren oft noch deutlich Schärfe aufweist, schlüge das Geschmacksprofil viel zu hart auf eine Seite aus. Mit dem Stauning-Destillat hingegen wahrt der Rye seine Balance und ermöglicht es erst, auf Entdeckungstour zu gehen.

Diese Finesse beweist, dass die Research Series tatsächlich wohl durchdacht ist und dass auch mit gemälztem Roggen ein paar Überraschungen möglich sind. Der El Clasico hat damit ironischerweise vielleicht sogar die größere Zielgruppe: Single Malt-Fans, die auf der Suche nach etwas Neuem sind und sich von Rye Whisky die rauen Ecken und Kanten versprechen, und die Rye-Fans, die  sonst den Malted Rye für zu zahm halten. In beiden Fällen wird die Neugier belohnt.

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