Stork Full Proof Rye

International konkurrenzfähiger Whiskey aus Deutschland

Von Sloupisti zu Stork

2010 machte ein deutscher Whisky von sich reden, da ihn Murray in seiner Whisky Bible hoch bewertete: der Sloupisti Single Malt aus Schlepzig im Spreewald. In den zehn Jahren seither hat sich viel getan. Neue Eigentümer stellten das Branding komplett auf das englische Stork um, verkauften zwar noch weiter Single Malt, setzten bald aber auf Rye Whiskey.

Der wendische Name Sloupisti gefällt mir angesichts des Regionalbezuges besser, aber dass Stork am Markt der eingängigere Name ist, kann kaum bestritten werden. Wo der Name sich von der Region entfernte – ja, auch wenn der Storch ein heimischer Vogel ist – näherte sich die Getreidemaische den hiesigen Vorlieben an. Denn nun wurde Roggen in den Mittelpunkt gestellt; hierzulande schätzen wir eben Schwarzbrot.

Rye Whiskey erfreut sich in Deutschland und Europa zunehmender Beliebtheit. Das wurde auch Zeit, bedenkt man, dass der nordamerikanischen Rye Whiskey maßgeblich von deutschen Auswanderern wie Johannes Jakob Böhm aka Jim Beam mitbestimmt wurde, die Roggen aus ihrer Heimat kannten. Stork gehörte zu den ersten, die konsequent Roggenwhisky produzieren und dürfte einer der wenigen, wenn nicht die einzige deutsche Brennerei sein, die sich auf ihn konzentriert. Das begrüßen wir sehr, zumal wir den Stork Single Malt auch schon probiert haben. Der Stork Rye spielt einfach in einer anderen Liga.

Full Proof, voller Geschmack

Stork Club Full Proof Rye Whiskey kommt mit „annähernd Fassstärke“ von 55% ABV und reifte in einer interessanten Fasskombination. Amerikanische Eiche, deutsche Eiche, ex-Weißwein und ex-Sherry geben sich die Ehre, die ersten beiden getoastet und ohne Vorbelegung – vermutlich die Basis des Ganzen. Wie stark der Einfluss der Weinfässern ist, die wohl dem Ausbau dienen, bleibt abzuwarten.

Es ist dieser Stork, der letztes Jahr zum weltbesten Rye Whiskey gekürt wurde bei den World Whisky Awards. Nun messen wir solchen Preisen, auch so prestigeträchtigen, eher wenig Gewicht bei. Skepsis ist nicht zuletzt bei den zum Ausbau verwendeten Fässern angebracht. Die erinnern an den Stork Single Malt, der uns nicht überzeugen konnte. Und gerade Sherryfässer sind die Allzweckwaffe, um schwachen Whisky zu übertünchen.

Allerdings ist bei Rye Whiskey noch vieles im Fluss. Weißweinfässer etwa kommen nicht oft zum Einsatz, um ein Roggendestillat zu reifen. Die sehr traditionsbewussten Amerikaner nehmen fast immer frische Eiche und so ist der Erfahrungsschatz begrenzt. Das gilt auch für Sherryfässer, gleichwenn in geringerem Umfang.

Wir freuen uns sehr, dass Stork ein wenig experimentiert, statt den Stil der übermächtigen Marktführer zu imitieren. Damit haben sie schon einen Schritt weiter gemacht, als die Mehrheit der deutschen Single Malt-Hersteller.

Nase

Kräftig, aber nicht übereifrig drängen mild-würzige Aromen in die Nase. Bei Roggen denkt man an Schwarzbrot; frisch gebackenes Schwarzbrot ist passend dazu der erste Eindruck, garniert mit etwas salziger Butter. Dahinter warten süße Aromen auf, besonders Vanille und kandierte Mandeln, aber auch Kakaopulver. Noch weiter im Hintergrund liegt reif-fruchtige Süße, die für einen Rye überraschend ist.

Überhaupt erinnert die Nase weniger an einen klassischen Rye, denn mehr an einen High Rye Bourbon, doch selbst das ist nur die halbe Wahrheit ob der merklichen Fruchtsüße. Hochinteressant!

Geschmack

Im Mund zeigt sich der Stork genauso vollmundig, wie sich das für diese Alkoholstärke gehört. Das Schwarzbrot ist nun mit einer leichten Milch-Kakao-Creme bestrichen worden und harmoniert perfekt mit fetten Butterkeks, stärkerer Vanille und Rosinen. In den Rosinen könnte sich der Einfluss der Sherryfässer manifestieren.

Er ist sehr süß und nur ein Hauch Bitterkeit sticht durch, die aber gut zur Eichenwürze passt. Die Süße allerdings dominiert.

Abgang

Lang und deutlich würziger bzw. pfeffriger als dies im Mund noch zu erahnen war.

Fazit: hervorragend im doppelten Sinn

That’s not Daddy’s Rye; nicht der Rye Whiskey, wie man ihn aus den USA kennt. Zum Glück muss sich deutscher Rye Whiskey nicht unsäglichen Vergleichen mit dem vermeintlichen Vorbild aussetzen, wie dies wegen konservativer deutscher Whiskyfans bei Single Malt allzu oft der Fall ist.

Denn die Spreewood Distillers machen es anders. Ihr Rye zeigt nicht die herb-frischen Kräuter, geht sparsamer mit der Gewürzpalette um und wagt sich weiter ins fruchtig-süßliche vor, als es die Amerikaner tun.

Und so muss es sein. Der Stork Full Proof Rye Whiskey ist hervorragend im doppelten Sinne: außergewöhnlich und gut. Nur auf diese Weise kann deutscher Whisk(e)y florieren.

5 Comments

  • Chris 9. Juni 2020 at 14:39 Reply

    MÜSSEN die Amerikaner nicht sogar frische Eiche für ihren Rye nehmen?

    • Kai Grundmann 22. Juni 2020 at 22:54 Reply

      Ich denke ja, aber es gibt durchaus die Möglichkeit, Rye „finished in XY“ herzustellen und so die strengen Vorgaben zu umgehen. Wird bei Bourbon jedenfalls sehr gern gemacht.

  • Willentlich im Schatten Schottlands. 31. Juli 2020 at 18:12 Reply

    […] was her, bspw. Stork und Freimeister Rye. Stork gewann unlängst sogar den World Whisky Award als bester Rye und es gibt immer mehr deutschen Rye […]

  • Glina Rye Whisky 5 Jahre Sherry-Fass 15. Juni 2021 at 2:02 Reply

    […] Glina Rye 5yo ist der aktuell beste europäische Rye Whisky, trotz starker Konkurrenz etwa aus dem Spreewald oder Finnland. Selbst mit den nordamerikanischen Vertretern seiner Art kann er ohne weiteres […]

  • Glina Rye 12 Jahre 21. November 2021 at 20:48 Reply

    […] dürfte dieser wohl die Spitze erobern. Angesichts der sehr starken Konkurrenz, v.a. aus dem Spreewald und aus dem Harz, ist das keine […]

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