Finest Whisky Deluxe
Eine Luxus-Whiskymesse (24./25. Mai 2019)
Prolog: Whisky als Luxusgut
Legt man eine sehr strenge Definition von Luxus an, ist Whisky tatsächlich ein Luxusgut: für die Subsistenz ist Whisky unnötig, somit ein Gut für Ausschweifungen (Lateinisch: luxus). Darin unterscheidet sich Whisky historisch gesehen von anderen Alkoholika wie Wein und Bier, die oft auch der Haltbarmachung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienten und tatsächlich als Grundnahrungsmittel anzusehen sind.
Interessant ist, dass das Luxusgut der Spirituosen gegen Ende des Mittelalters von einem aufstrebenden Mittelstand genossen werden konnte, sehr zum Ärger des Hochadels und des Klerus. Whisky als relativ günstige Spirituose war dabei besonders beliebt, während die hohen Herren oftmals Cognac bevorzugten, oder, in den Kolonien, Rum. Etwas überspitzt könnte man sagen, Whiskykultur hat ein proletarisches Moment.
Warum dieser Prolog? Nun, die Idee von Whisky als extrem teures und exklusives Produkt, das sich in erster Linie reiche Menschen leisten können bzw. können sollen, läuft der Geschichte des Whiskys diametral entgegen. Freilich gibt es zu allen Produkten Luxusvariationen, etwa diamantbesetzte Fidget-Spinner … falls sich noch jemand an die erinnert. Insofern ist auch eine Whiskymesse mit dem Fokus auf Luxus nicht absurd.
The Good …
Konsequent sind die Veranstalter der Finest Whisky Deluxe auf jeden Fall. Die Große Orangerie im Schloss Charlottenburg ist eine phantastische Location und passt zum Thema der Messe. Hier wurde am 24. und 25. Mai seltener und alter und in Deutschland schwer erhältlicher Whisky angeboten. Erklärtes Ziel ist es „ein internationales Publikum anzusprechen und Whiskies auszustellen, die an Seltenheit und Qualität ihresgleichen suchen“. Die Aussteller, darunter der lokale Ausrichter Finest Whisky und unabhängige Abfüller wie Sansibar, lösten dieses Versprechen ein. Tatsächlich besteht kein Zweifel, dass die angebotenen Whiskies mitunter beeindruckend alt und selten waren.
Gerade als Historiker und Whiskyfreund fand ich mich inmitten wunderbarer Whiskyflaschen, ausgestellt in einem wunderschönen Ambiente, und hatte allein daran meine Freude. Und dadurch, dass man viele Whiskies für einen bezahlbaren Preis probieren konnte, ließ auch das geschmackliche Erlebnis nichts zu wünschen übrig.
Ein persönliches Highlight war der Besuch bei Jack Wieber’s Whisky World – und das nicht nur, weil ich Hunde mag. Ich lege großen Wert auf gute Designs und die Etiketten von JWWW sind oftmals brillant. Besonders ansprechend fand ich die Kampffischserie. Ich habe auch einen 45-Jahre alten Single Grain aus dieser Reihe gekostet und der war toll. Überhaupt überzeugten das Angebot und die sympathische Art der Verkäufer.
Ein weiterer Pluspunkt war der Stand mit dem Speiseeis. Gleichwohl es mit Standardabfüllungen wie dem Talisker 10 verfeinert wurde, schmeckten die dort angebotenen Sorten wunderbar. Beim Eisessen trafen wir dann Birgit Bornemeier von den Reisekultouren und hatten eine nette Unterhaltung über Whiskyreisen. Sie gab uns auch einige Geheimtipps mit, über die wir uns sehr gefreut haben.
… the Bad …
Für wen Geld keine Rolle spielt, dem machen die 40 Euro Eintritt nichts aus (30 bei Vorbestellung). Auch wir waren in der glücklichen Lage, uns nicht über den Eintrittspreis zu sorgen, da uns die Veranstalter freundlicherweise Pressetickets zur Verfügung gestellt haben.
Fairerweise muss man ebenfalls erwähnen, dass das Zielpublikum eindeutig finanzstark ist. Es ist nicht verwerflich, seine Veranstaltung auf dieses finanzstarke Publikum zuzuschneiden. Im Gegenteil, es ist zweckrational.
Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich der Gleichsetzung von Qualität mit hohen Preisen zustimmen möchte, die der Veranstalter wenigstens insinuiert. Die Gleichung geht schon deswegen nicht auf, weil die Rarität den Preis nach oben treibt, ohne dass dies auf den Whisky als solchen reflektierte – man denke an die zahllosen Sondereditionen von Ardbeg, die geschmacklich eher selten die Core Range übertreffen, dafür aber teuer werden.
Bei der Finest Whisky Deluxe geht um eine Exklusivität, die primär am Finanzvolumen bemessen wird. Daran ist nichts ehrenrührig, nur sollte man dann der Wahrheit die Ehre geben und nicht so tun, als ginge es um etwas anderes.
… and the Ugly
Der Name unserer Website ist natürlich mit einem Augenzwinkern gewählt, allerdings darf ich wirklich einen Doktortitel führen. Bisweilen genieße ich daher ein gewisses Sozialprestige – jedenfalls bin ich es nicht gewohnt, von oben herab behandelt zu werden. Die Mehrheit der Aussteller verhielt sich höflich, doch Eine Begebenheit stieß mir dabei auf der Messe so unangenehm auf, dass ich sie beschreiben möchte:
Ich erspähte an einem Stand einige sehr außergewöhnlich designte Flaschen. Und, wie gesagt, ich mag die ganz besonders. Mit Karen rätselte ich über das Alter der Flaschen und wir tippten auf die 60er Jahre – das machte sie für uns umso interessanter. (Tatsächlich stammten sie aus den 80ern). Also fragte ich einen sehr jungen Aussteller nach den Hintergründen dieser Flaschen. Er war jedoch selbst unsicher und wandte er sich an einen älteren Aussteller, wohl Hauptverantwortlicher des Standes. Dieser sah kurz auf die Flaschen, musterte mich von Kopf bis Fuß mit abschätzigem Blick, legte dem Jüngeren die Hand auf die Schulter und wandte sich mit ihm zusammen demonstrativ ab. Das allein schon ließ mich ungläubig zurück. Die Sprache aber verschlug es mir, als er allen Ernstes dem Jüngeren laut-leise zu verstehen gab, dass er das Flaschendesign geschmacklos fände (also auch uns), und ihm dann noch über unsere Köpfe hinwegschauend eben jene Information lieferte, nach der ich gefragt hatte.
Dass dies grob unhöflich ist, bedarf keines weiteren Kommentars. Allerdings ist zu fragen, ob solches Verhalten kultiviert wird, um die Besucher einer fortwährenden Selektion zu unterwerfen und sein Wunschpublikum heranzuziehen. Es wäre sehr schade.
Fazit
Der Messebesuch ließ uns mit gemischten Gefühlen zurück. Wer seltene Whiskies sammelt und edle Locations zu schätzen weiß, ist bei der Finest Whisky Deluxe aber auf jeden Fall richtig. Wir danken den Veranstaltern für die Pressetickets und die vielfältigen Impressionen, die wir im Zuge der Veranstaltung gewonnen haben.
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