Blackwater Starburst Spice Bag Peated Rye

Blackwater Starburst Rye vor der EU-Flagge

Unsere Ryes of Europe-Tour kommt nach Irland

Blackwater und der Kampf um den Pot Still Whiskey

Im malerischen Ancient East Irlands liegt ein kleiner Ort namens Ballyduff Upper, am Ufer des Blackwater River. Neben der schönen Landschaft gibt es dort auch die Brennerei Blackwater, die seit 2022 Whisky auf den Markt bringt. Wir waren vor Ort begeistert von ihrem Konzept. Was sie besonders macht, ist die Tatsache, dass ihr Gründer und Inhaber ein Historiker ist: Peter Mulryan. Und er setzt sein Fachwissen ein, um historische Whiskys wieder aufleben zu lassen. Darin erschöpft sich die Kreativität von Blackwater nicht, denn geht es ihm und seinem Team hauptsächlich um das Getreide und dessen Mischungsverhältnis in der Mash Bill.

Irischer Whisky ist bis heute mit der dreifachen Destillation verbunden, aber eigentlich war dies nie sein Alleinstellungsmerkmal. Interessanter war die bis Mitte der 1950er gelebte Vielfalt in den Mash Bills. Anders als in Schottland, wo sich recht früh gemälzte Gerste als geschmacksdominierendes Getreide durchsetzte, waren die irischen Whiskys  bunte Mischungen aus gemälzter und ungemälzter Gerste, aus Weizen, Roggen, sogar Hafer. Die über weite Strecken des 20. Jahrhunderts eher traurige Geschichte des Whiskys in Irland zerstörte diese Vielfalt.

Mulryan kämpft dafür, dass diese Vielfalt wiederkommt. Er argumentiert zusammen mit anderen Historikern dafür, dass die sehr strikte Definition von Pot Still Whiskey abgeändert werden soll. Zur Zeit erlaubt sie lediglich 5% „other grains“ außer Gerste, was aus Sicht Mulryans einerseits ahistorisch ist, andererseits von Midleton forciert wird. Das ist nämlich deren Hausstil. Die gesamte Diskussion ist überaus spannend und wurde von uns im Detail beschrieben.

Auch die neuesten Single Barrel-Abfüllungen können von diesem Hintergrund betrachtet werden. Der hier vorliegende Peated Rye trägt nirgendwo eine genauere Nomenklatur, er heißt einfach Irish Whisky. Je nach Interpretation könnte man das Etikett auch als Peated Rye Irish Whisky lesen. Allein, die aktuelle irische Legislation kennt keine solche Kategorie und gleichsam fällt der Blackwater Starburst in keine der definierten Kategorien. Dafür ist die Mash Bill zu ungewöhnlich.

Blackwater Starburst Rye vor der EU-Flagge
Das Getreide steht bei Blackwater im Vordergrund.

Peated Rye gegen Technical File

Den maßgeblichen Vorschriften nach darf der Blackwater Starburst nicht Malt Whisky heißen, dafür ist zu wenig Gerstenmalz enthalten. Ebensowenig darf er Grain heißen, dafür ist zu viel Gerstenmalz enthalten. Er darf auch nicht Pot Still Whiskey heißen, dafür ist zu viel Getreide enthalten, das keine Gerste ist. Folglich wäre auch die Ansprache als Blended Whisky falsch, denn dieser ist ein Verschnitt der obigen Whiskysorten.

Gäbe es ihn im Technical File, wäre der Blackwater Starburst ein Irish Rye Whisky. Die Mehrheit in der Getreidemischung machen 55% Roggen aus, dann 31% Gerstenmalz und zuletzt 9% Hafer plus 5% Rauchmalz. Diese Mash Bill ist weit weg von traditionellen Rye Whiskys und sie hat desgleichen kein historisches Vorbild. Head Distiller John Wilcox, ein Amerikaner übrigens, hat damit eine Abwandlung des klassischen Ryes vollzogen. „A European twist to a New World whisky style“, heißt es bei Blackwater. (Nun müsste ich mal mit Peter reden, woher denn der Rye Whisky kommt…).

Das Fass ist europäische Eiche mit einer Vorbelegung durch spanischen Rotwein, genauer Ribera del Duero. Die Kombination von Rye mit Rotweinfässern funktioniert ganz vorzüglich, wie übrigens einige deutsche Brennereien beweisen. Auf der einen Seite steht die Würze des Destillats, auf der anderen Seite die rotfruchtige Süße des Fasses. Dass die Tannine der europäischen Eiche groß wirken, ist indes nicht anzunehmen. Gerade drei Jahre lag der Whisky im Fass.

Abgefüllt mit kräftigen 50% ABV, steht also ein eigenwilliger Whisky vor uns, der womöglich nicht viel mit dem irischen Stereotyp vom weichen Whisky zu tun haben dürfte – zumal er zweifach, nicht dreifach destilliert wurde.

Nase

Würze und Süße wechseln sich ab. Während die Würze fast erwartbar ist mit Zimtrinde, Anis und Nelke, scheint die Süße teilweise zuckrig, teilweise rotfruchtig. Mit etwas Zeit zum Atmen definieren sich diese Früchte besser. Erdbeere, Himbeere und Pflaume sind es. Die Würze verschwindet jedoch nicht, besonders Anis kontrastiert wirksam die Süße.

Geschmack

Selten trifft eine offizielle Beschreibung meine Eindrücke so gut: Zwetschgenmarmelade auf getoastetem Mischbrot. Offenbar ist das Brot gut geröstet, die Kruste schwarz und die Krume fest-knusprig. Der Antritt verstärkt auch das würzige Moment des Whiskys, sogar ein Hauch Chili setzt sich durch. Unter all dem liegt eine gewisse Erdigkeit, die ich persönlich oft mit leicht getorften Whiskys assoziiere – das mag hier vielleicht Autosuggestion sein.

Abgang

Sicher keine Autosuggestion ist der Rauch im Nachklang. Er mag leicht ausgeprägt sein und dezidierte Peat Heads werden den Rauch wohl suchen müssen. Dennoch ist er da.

Blackwater Starburst Rye vor der EU-Flagge
Hervorragender Euro-Rye

Fazit: ein versteckter Pot Still Whisky?

Ein klassischer Rye Whisky nach amerikanischem Vorbild ist der Starburst also nicht. Er passt besser in die aufblühende Welt der Euro-Ryes, die vor allem in Zentral- und Nordeuropa prosperieren. Hier wird wie selbstverständlich mit allerlei Fasstypen experimentiert, sodass ein Weinfass geradezu mondän anmutet. Wo sich der Blackwater allerdings selbst innerhalb des Euro-Ryes hervorhebt, ist seine verspielte Mash Bill. Und obwohl in dieser Ausführung nicht genuin irisch, geht eine so komplexe Getreidemischung doch auf ein irisches Erbe zurück.

Der Roggen dominiert, er entfaltet sich jedoch anders als üblich. Von seiner kräuterigen Qualität ist fast nichts zu spüren, seine Würze dezent. Ohne Zweifel ist dies ein Ergebnis des Zusammenspiels mit den anderen Getreidesorten, besonders Hafer. Die Beigabe von Rauchmalz, zart wie sie sein mag, rundet den Whisky gut ab und verleiht ihm sogar etwas mehr Tiefe. Ob das genug ist, den Whisky nach ihm zu benennen, darf dessen ungeachtet bezweifelt werden.

Nicht einmal die extremen Befürworter einer Änderung der Definition des Pot Still Whiskeys haben je eine Mash Bill mit derartig hohem Roggenanteil bzw. Nicht-Gerste-Anteil vorgeschlagen.  Trotzdem drängt sich ein Vergleich mit anderen Pot Still Whiskeys auf. Aus dieser Warte ist der Peated Rye ein Verwandter und geschmacklich gesehen auch gar kein so weit entfernter Verwandter. Sanfte Würze, unaufdringliche Süße und ein Hauch Extra beschreiben beide gleichermaßen gut.

Bei alledem sollte nicht vergessen sein, dass der Starburst zuvorderst ein ungewöhnlicher Rye Whisky ist und sein soll. Wenn er die Debatte um die Natur des Pot Still Whiskey befeuert, stört das Peter Mulryan wahrscheinlich nicht. Hingegen anzunehmen, dass er dies beabsichtigt habe, hieße vermutlich, doch etwas zu viel in den Whisky hineininterpretieren zu wollen. Das Gedankenspiel ist nichtsdestoweniger anregend.

Davon unabhängig ist es ein wirklich gelungener Rye Whisky. Fans desselben sollten den Preis nicht scheuen. Der ist in der Tat hoch, doch genau dies ist der Preis für einen ungewöhnlichen Whisky einer kleinen Brennerei. Wenn das Ergebnis gleichermaßen Leckerei wie Denkanstoß ist, lohnt es sich. 

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