Ballykeefe Single Pot Still Whiskey

Ballykeefe Single Pot Still Whiskey

Von der Scholle in das Glas

Ballykeefe: gebrannt wird auf dem Bauernhof

Die kleine Brennerei Ballykeefe liegt unweit von Kilkenny und damit unweit einer der ersten Erwähnungen von Aqua Vitae im Red Book of Ossory von 1324. Dass jener Getreidebrand mit Kräutern nur wenig mit der heutigen Vorstellung von Whiskey zu tun hat, soll dabei nicht stören. Der uns bekannte, sorgsam fassgereifte Whiskey entwickelte sich überhaupt erst im 19. Jahrhundert heraus.

Viel wichtiger ist bei Ballykeefe ohnehin eine andere Tradition: Farm Distilling. Früher hat es in Irland hunderte kleiner Brennereien auf Bauernhöfen gegeben, die die eigenen Produkte zu Spirituosen brannten. Genau daran wollte Morgan Ging anknüpfen als er 2017 die Ballykeefe Distillery eröffnete. Dies gibt ihm zugleich die Gelegenheit, nicht nur sämtliche Produktionsschritte genauer kontrollieren zu können, sondern auch mit modernen Methoden umweltfreundlich zu operieren. Dazu gehört die satellitengestützte Überwachung der Sprühanlagen, um die Sprühmengen genau zu dosieren, oder die Überführung von heißem Wasser aus der Kühlanlage in den Warmwasserlauf des Haushaltes. Doch auch traditionelle Methoden finden Verwendung, so die Fütterung der Nutztiere mit Brennprozessnebenprodukten.

Auch wenn es erfreulich ist, dass sich immer mehr in der Whiskywelt der Nachhaltigkeit verschreiben (ohne dabei ihre Mitmenschen zu gängeln – offenbar geht das auch…), interessiert uns zuvorderst der Geschmack, denn sonst müsste schließlich gar kein Whiskey gebrannt werden. Wir konnten uns vor Ort selbst überzeugen von Morgans Leidenschaft überzeugen und von seinem Bestreben, mit seinem Familienbetrieb Irish Whiskey umweltfreundlich Grain-to-Glass herzustellen. Derzeit verfügbar sind ein Single Pot Still Whiskey und ein Single Malt. Dass uns der Pot Still wesentlich mehr zusagte, dürfte wenig überraschen. Noch weniger überrascht wohl, dass der kommende Rye uns verzückte. Diesen und einen Haferwhiskey konnten wir schon probieren; beides hochspannende Projekte, die die Vielseitigkeit von Ballykeefe bezeugen.

Morgan Ging, Founder of Ballykeefe, in front of his stills, Kilkenny
Morgan Ging

Single Cask Single Pot Still Irish Whiskey

Dieser Name ist etwas unhandlich, doch verbirgt sich dahinter ein äußerst gradliniger Whiskey. Er hält sich an die (momentane) Gesetzgebung, die mindestens 30% gemälzte und 30% ungemälzte Gerste verlangt. Hier liegt das Verhältnis bei 60:40. Der hohe Malzanteil und die dreifache Destillation sollten ihn also recht mild ausfallen lassen.

Ein sanfter Geschmack ist das erklärte Ziel bei Ballykeefe. Dafür wurden die Brennblasenhälse auch deutlich höher gebaut als üblich, der Abtrennpunkt in der Destillation ist sehr hoch und es kommt kein Nachlauf in den Spirit. Morgan hat uns das alles erklärt und die technischen Details erläutert – allerdings verfüge ich nicht über das technische Wissen, das gekonnt wiederzugeben. …zumal gewisse Mengen Alkohol im Spiel gewesen ein mögen. Zurück zum Whiskey selbst:

Gereift für etwas mehr als drei Jahre in einem First Fill Bourbonfass und abgefüllt mit 46%, versprechen die Eckdaten keine Offenbarung. Dafür jedoch bieten sie wertvollen Einblick darin, wie das Brot- und Butter-Geschäft bei Ballykeefe aussieht. Darüber hinaus wäre anzumerken, dass es keine große Kunst ist, einen fassstarken Whiskey aus einem nassen Starkweinfass gut schmecken zu lassen. Der wahre Lackmustest sind ehrliche Bourbonabfüllungen in Trinkstärke.

Da wir eine Einzelfassabfüllung haben, ist auf der Flasche auch die Fassnummer handschriftlich vermerkt. Jedenfalls ist das normalerweise so. Bei unserer Flasche hat sich jemand verschrieben und die Alkoholstärke an diese Stelle gesetzt. Es sind Fehlerchen wie diese, die beweisen, dass der Whiskey hier eben kein seelenloses Produkt zur Gewinnmaximierung ist. Es ist das Ergebnis menschlicher Begeisterungsfähigkeit und manchmal geht in der Begeisterung etwas schief.

Ballykeefe Single Pot Still Whiskey in front of the Deutsches Historisches Museum, Berlin; note the mistake in label: the Cask Number is wrong.
Links: Cask No. 46%… eben echte Handarbeit am Werk – sehr sympathisch.

Nase

Dezent zurückhaltend, halten sich frische und süße Aromen die Waage; etwas Zitrone und Gras (Zitronengras?) auf der einen Seite, etwas Vanille und Malzbonbon. Darunter liegt ein Anklang von Würze, vielleicht Ingwer und Anis, aber auch milder Pfeffer.

Geschmack

Für 46% ABV tritt der Whiskey stürmig an, belegt Zunge nachhaltig und füllt den Mundraum sofort. Leider kommt diese Wucht nicht ganz ohne alkoholische Schärfe, sie fällt jedoch nicht übermäßig negativ auf. Zum einen ist sie viel weniger ausgeprägt als bei dem jungen Alter zu befürchten wäre, zum anderen ist das Mundgefühl generell prickelnd-frisch.

Die Gewürze nämlich gewinnen an Deutlichkeit und Kraft, wieder Ingwer und Pfeffer, dazu Nelke und Kurkuma. Gleichsam treten Zitrusfrüchte stärker hervor, diesmal weniger in Richtung Zitrone als mehr in Richtung junger Orange. Daneben verlässt uns die Süße allerdings nicht, sondern begegnet uns in Form von Vanille und Karamell. Sie ist vielleicht nicht das auffälligste Element, hält aber Würze und fruchtige Frische gut zusammen.

Abgang

Die Würze hallt nicht so sehr nach, wie zu erwarten gewesen wäre, stattdessen scheint wieder das Malzbonbon den Abschiedsgruß geben zu wollen.

Ballykeefe Single Pot Still Whiskey in front of the Altes Museum, Berlin
Vor dem Alten Museum

Fazit: für Pot Still-Fans eine klare Empfehlung

Vorweg, an der Tatsache, dass es sich um einen jungen Whiskey handelt, gibt es kein Vorbeikommen. Noch ein bisschen zu ungestüm im Antritt und noch etwas unrund, zeigt er seine Jugend. Glücklicherweise zeigt er sie nicht in metallischen Geschmäckern oder Fehlnoten. Insgesamt überwiegen sowieso die positiven Eindrücke.

Beeindruckend ist die Komplexität, die der Whiskey auf der Zunge entwickelt. Das Dreigespann von Frische, Würze und Süße spielt vielleicht noch nicht ganz perfekt zusammen, doch mit Geduld und Aufmerksamkeit enthüllt es immer mehr Aspekte. Genau dies ist die Schönheit des Pot Still Whiskey, der Mischung von gemälztem und ungemälztem Getreide.

Es ist müßig darüber zu sinnieren, wie lange der Whiskey noch reifen ‚müsste‘. Wir haben einen sehr leckeren Whiskey vor uns, der sicher nicht immer einfach ist, aber es ja auch gar nicht sein will. Pot Still Whiskey ist eben rauer, würziger, muss Ecken und Kanten haben, an denen sich Genießer reiben sollen. Das funktioniert auch im jungen Alter ganz gut. Nicht ohne Grund kommen einige exzellente Pot Still Whiskeys ohne Altersangabe. Natürlich können lang gereifte Vertreter dieser Art ein Fest für die Sinne sein, nur soll hier nicht von diesem über Gebühr strapazierten Terminus ‚Potential‘ gesprochen werden. Dafür ist der Ballykeefe einfach zu gut.

Wer Pot Still Whiskey mag, ist also genau richtig. Auch wer sonst nur Single Malt trinkt und eine andere Erfahrung möchte, ohne der Gerste den Rücken zuzukehren, darf hier probieren – es braucht dann aber Aufgeschlossenheit und eben Geduld, da die stilistischen Unterschiede prägend sind.

Wir für unseren Teil waren angetan von Morgan, seiner Vision und seinem Enthusiasmus. Wir können diese wunderbare Erfahrung nicht von dieser Rezension trennen, insofern sind wir freilich voreingenommen. Aber sind es nicht gerade diese subjektiven, ja irrationalen Momente, die den Whiskeygenuss so faszinierend machen? Die Geschichte und die Menschen hinter dem Whiskey machen einen großen Teil des Faszinosums Whiskey aus.

Gruppenbild bei Ballykeefe
Gruppenbild bei Ballykeefe

[Außerdem wurde unsere Reise nach Irland mitsamt Besuch bei Ballykeefe vom irischen Fremdenverkehrsamt organisiert und finanziert; darüber hinaus haben wir die Flasche als Abschiedsgeschenk von Morgen bekommen. Der Beitrag ist damit ziemlich sicher Werbung. …wohlverdiente…]

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