1507 Premium Kornbrand

Echter Nordhäuser… Roggenwhisky? Nicht ganz.

Das Urgestein der deutschen Spirituosen

Die Geschichte des Nordhäusers reicht weit zurück. Bereits für 1507 ist eine Branntweinsteuer in Nordhausen überliefert, folglich müssen schon vorher Spirituosen in der thüringischen Stadt gebrannt worden sein. Damit bewegen wir uns grob in der Zeit der ersten Zeugnisse für Whisky in Schottland; und dieser lag, ebenso wie der Nordhäuser Branntwein, allenfalls zu Lager- und Transportzwecken im Fass. Die systematische Fassreifung ist eine wesentlich spätere Entwicklung. Anders als der Whisky allerdings ging der Kornbrand weg vom Fass, stattdessen wurde größerer Wert auf die Qualität der Destillation und der Rohstoffe gelegt – nicht zuletzt in Reaktion auf die durch den Kartoffelprimasprit ausgelösten Preiskämpfe und Qualitätsverluste Mitte des 19. Jahrhunderts, denen sich besonders Nordhäuser entgegenstemmte.

Inzwischen gibt es die ersten Versuche, die Idee eines fassgelagerten Korns aufzugreifen. 2020 veröffentlichte Nordhäuser den Meisterstück Single Cask, der 25 Jahre im Eichenfass verbrachte. Ziel war einerseits das Image des Korns zu verbessern, andererseits die lange Traditionslinie des Unternehmens zu betonen.

In eine ganz ähnliche Kerbe schlägt der 1507 Premium Kornbrand, wie bereits die Namensgebung andeutet, allerdings dürfte er ob seines günstigeren Preises eine breitere Zielgruppe im Blick haben. Ein Teil dieser Zielgruppe sind die Whiskytrinker. Der für Korn recht hohe Alkoholgehalt, die Reifung im Bourbonfass und die erneute Bezeichnung als Single Cask lassen daran keinen Zweifel. Da außerdem das Grundprodukt Roggen ist, scheint es uns gerechtfertigt, hier einen Blick über den Tellerrand zu werfen.

Geschichte kann so lecker sein

Fassgereifter Roggenbrand

Nordhäuser war so freundlich, uns ein paar zusätzliche Informationen zum 1507 zukommen zu lassen, sodass wir ihn besser einschätzen können. Die Maische besteht zu zwei Drittel aus ungemälztem Roggen und einem Drittel gemälzter Gerste. Dies geht auf ein Reinheitsgebot von 1789 zurück und wird von den Thüringern sehr ernst genommen. Bei den meisten Ryes, besonders aus den USA, ist der Gerstenanteil freilich geringer, in Europa hingegen befindet Nordhäuser in guter Gesellschaft. So hat Stauning etwa mit 30% einen ähnlich hohen Anteil an Gerste.

Die Reifung erfolgte für zwei Jahre in Bourbonfässern aus dem Hause Four Roses, auch dies keine schlechte Adresse. Für einen Whisky wäre dies zu wenig, sogar in den USA die Unterkante. Andererseits wird damit das Destillat in den Vordergrund gerückt und dies dürfte ganz im Sinne Nordhäusers sein. Die 40% ABV sind gleichermaßen das Minimum für Whisky, aus der Perspektive des Korns jedoch eine starke Ansage.

Insgesamt verspricht der 1507 eine milde Trinkerfahrung. Die überaus saubere, mindestens vierfache Destillation eines Korns, das Gerstenmalz und das Fass sprechen dafür. Was von dem so charakteristisch würzigen Roggen bleibt, ist genau die Frage, die mich zum Kauf verleitet hat.

Nase

Weich und delikat, braucht der 1507 seine Zeit im Glas, um sich zu entfalten. Dann kommen zarte, helle Zitrusfrüchte und Akazienhonig. An Roggen ist zunächst nicht zu denken, doch tut er wohl im Hintergrund sein Werk. Denn das ganze Bouquet ist eingebettet in einen dezenten Hauch von minziger Frische und Mischbrotaromen.

Geschmack

Auf der Zunge setzt sich dieses Zusammenspiel fort. Zunächst kommen die süßlich-fruchtigen Eindrücke, dann meldet sich der Roggen. Die von Ryefans begehrte würzige Aromatik präsentiert sich stark gezügelt; Pfeffer, Anis und Lakritz lassen sich erahnen, drängen sich aber nicht auf.

Die süßlichen Noten schlagen dabei ein wenig Richtung Karamell aus, ohne dass der Honig verschwunden wäre. Nur wird der etwas dunkler.

Abgang

Wirkte der 1507 bislang so sanft, ja fast schüchtern, meldet er doch im Nachhall eine beachtliche Gewürzpalette an. Diese könnte neben dem Roggen durchaus auch vom Holz herrühren. Jedenfalls kommt sie etwas überraschend und zeigt vielleicht, dass noch mehr in dem Kornbrand steckt.

Ein königlicher Kornbrand

Fazit: kein Rye, aber dennoch schön …und erhellend

Hier die Maßstäbe eines Ryes anlegen zu wollen, führte zwangsläufig zu einer unfairen Bewertung. Für einen Rye ist der 1507 zu weich, zu sanft und der Würze des Roggens fehlt die nötige Deutlichkeit. Aber er soll auch gar kein Rye Whisky sein. Hier begegnet uns ein ganz exzellenter Kornbrand, der zeigt, welcher Facettenreichtum in der oft verschmähten Spirituose steckt. Für einen entspannten Abend ist der 1507 genau richtig, auch bei Whiskyfans.

Für uns ist der 1507 aus zwei Gründen überaus faszinierend. Zum einen gewährt er einen Einblick in die Geschichte des Korns. Denn der damals in Fässern gelagerte Korn dürfte ebenfalls eine präsente Holznote aufgewiesen haben, gleichwohl die Qualität der Destillation sicher noch nicht auf dem heutigen Niveau war. Zum anderen demonstriert er eindrücklich, wie wichtig eben jener Destillationsprozess für das Geschmacksprofil einer Spirituose ist.

Brenner mögen ob dieser Nicht-Erkenntnis schmunzeln, doch Whiskyfans tendieren gern dazu, das Brennverfahren für weniger einflussreich zu erachten als es eigentlich ist. Der 1507 unterscheidet sich von einem Roggenwhisky vermutlich nicht so sehr wegen des einen Jahres mehr oder weniger im Fass (das im Übrigen für seine Reifezeit eine beachtliche Farbe abgeben konnte). Der Unterschied liegt sicher auch in der Destillation, die den Roggen gezähmt hat.

Nordhäuser wird die Premium Kornbrand-Serie fortsetzen, geplant ist für nächstes Jahr eine Sherryfassreifung. Das verspricht eine interessante Kombination zu werden, doch am meisten sind wir auf den Whisky gespannt, der ebenfalls für 2023 angedacht ist – natürlich ein Rye.

Wir freuen uns.

1 Comment

  • Korn oder Whisky? - DoktorWhisky.de 14. Januar 2024 at 12:20 Reply

    […] Traditionsbrennerei nämlich führt parallel Whisky und im Fass gereiften Kornbranntwein, den sie Premium-Korn nennen. Die Unterschiede zwischen diesen beiden erschöpfen sich auch keineswegs in Alkoholgehalt, […]

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