Bacardi Reserva Ocho Rum Rye Cask Finish
Unsere erste Rum-Rezension
Rum und Whisky
Bacardi gehört zu den bekanntesten Spirituosenmarken überhaupt. Ihr Rum dominiert im günstigen Preisbereich den hiesigen Markt und auch international spielen sie ganz vorn mit, obwohl sie dort mit Tanduay und McDowell ernsthafte Konkurrenz haben. Die wechselvolle Geschichte des Unternehmens beginnt 1862 mit der Brennereigründung und ist eng verbunden mit dem Freiheitskampf der Kubaner – zunächst gegen die Spanier, später gegen die Kommunisten. 1960 enteignet und zur Auswanderung gezwungen, war das Familienunternehmen gut vorbereitet und hatte seine Markenrechte ins Ausland übertragen. Es hat heute mehrere Brennereien, u.a. in Puerto Rico.
Bekannt aus dem Supermarktregal führt Bacardi doch eine beeindruckende Bandbreite von Rums in Angebot. Dazu gehören auch lang und sorgfältig gereifte Abfüllungen für das höhere Preissegment. Dank der Produktionsmenge vermag Bacardi selbst diese vergleichsweise günstig anzubieten. Hier drängt sich eine Parallele zu Jack Daniel’s auf.
Zudem hat Bacardi eine Reihe anderer Unternehmen und Marken aufkaufen können. Darunter sind einige äußerst bekannte Namen wie Aberfeldy, Craigallachie und Royal Brackla, die allesamt in den letzten Jahren mit ganz hervorragenden Whiskys aufgefallen sind. Etwas weniger häufig in Deutschland findet sich Angel’s Envy, ein Pionier des nachgereiften Bourbons. Und seit diesem Jahr gehört auch Teeling zu Bacardi, einst einer der Vorreiter der irischen Whiskey-Renaissance. Da Rum häufig in Whiskyfässern gereift wird – und, wenn auch seltener, umgekehrt – liegt ein gewisser Synergieeffekt nahe.
Etwas überraschend erscheint dann doch der Reserva Ocho mit Rye Cask Finish. Der Reserva Ocho mit einem Mindestalter von acht Jahren gehört seit Jahren zur Premium-Range Bacardis, das Rye Finish hingegen ist neu und limitiert. Was jedoch eigentlich überrascht, ist das bloße Vorhandensein eines Rye-Finishes. Keine der zu Bacardi gehörenden Brennereien fällt groß durch Rye auf, am ehesten noch Angel’s Envy. Da die wiederum ihren Rye in Rumfässern nachreifen, macht ein Tausch Sinn.
Rum und Rye
Rum gilt, etwas zu Unrecht, als sehr süß. Die Abkunft vom Zuckerrohr, entweder der Melasse oder dem Saft selbst, spielt dabei weniger eine Rolle. Nach der Destillation nämlich ist der Rum erst einmal zuckerfrei. Die Süße kommt wie beim Whisky auch durch die Fasslagerung zustande. Allerdings hat sich das Bild des süßen Rums so festgefressen, dass viele Hersteller Zucker nachträglich hinzugeben. Beim Reserva Ocha sollen dies 12 Gramm sein. Ob beim Rye Cask Finish ähnlich verfahren wird, ist uns nicht bekannt.
Das wäre insofern spannend, als dass Rye Whisky eben weniger für seine Süße bekannt ist, sondern für sein ausgesprochen würziges Destillat. Diesem werden dann in den USA durch die Reifung in frisch ausgebrannten Fässern die typischen Aromen von Karamell und Vanille mitgegeben.
Wie ein Rum und ein ehemaliges Rye-Fass zusammenspielen, hängt von ein paar Variablen ab: Wie lange lag der Rye im Fass? Wie hoch war der Roggenanteil in der Maische? Und wie lange reifte der Rum in diesem Fass nach? Nur Letzteres kann sicher beantwortet werden. Das Finishing dauerte zwei Monate. Die Mash Bill ist deswegen relevant, weil in den USA ein Rye durch mindestens 51% Roggen in der Maische definiert ist. Im Grunde bewegen sich Bourbon und Rye auf einem Schieberregler und ein High-Rye Bourbon ist von einem (hier analog so genannten) High-Corn Rye bisweilen schwer zu unterscheiden. Da wird auch ein Finish wohl nicht viel ausmachen.
Wenn jedoch die These stimmt und Angel’s Envy die Quelle des Fasses ist, haben wir dieses Problem zum Glück nicht. Bei Angel’s Envy sind es 95% Roggen, wohl von MGP bezogen. Und vermutlich lagert der Rye für sechs Jahre im Fass, was eine anständige Zeit für amerikanischen Whisky ist. Mit anderen Worten, die Voraussetzungen sind eigentlich ganz gut. Ein sehr würziges Destillat wirkte recht lange auf ein Fass ein und dieses veredelt nun den Rum.
Eine weitere gute Nachricht ist, dass der Rum mit 45% ABV stärker als der übliche Ocho und auch stärker als manche der anderen Cask Finishes ist. Die Flasche rundet den guten ersten Eindruck ab mit einem schweren Boden und großzügigen Reliefs und natürlich einem Korken. Und: das Etikett ist grün, wie sich das für Rye gehört.
Nase
der Rum tritt gemäß stereotyper Erwartung süß an mit Zuckerrübensirup, Vanille und gebackener Banane. Nur hintergründig zeigt sich etwas Eichenwürze.
Geschmack
erneut treffen wir auf Sirup und gebackene Banane, doch die Würze hat eine Verstärkung erfahren. So lassen sich nun Nelke, Koriander und Sternanis herausdifferenzieren. Es ist keine scharfe Würze wie etwa Pfeffer, harmoniert mit den süßen Eindrücken aber recht gut, obwohl letztlich Sirup und Banane wieder die Oberhand gewinnen.
Abgang
mild und mittellang, unspektakulär, doch keineswegs schlecht.
Fazit: warum eigentlich nicht?
Bei einem Preis von rund 25 Euro wird sich kaum jemand über mangelndes Preis-Leistungs-Verhältnis beschweren wollen. Tatsächlich spricht ganz objektiv einiges für den Rum. Mindestens acht Jahre Alter, interessante Nachreifung und etwas erhöhter Alkoholgehalt sind Eckdaten, bei denen in der Whiskywelt teils ganz andere Preise verlangt werden würden. Selbst unabhängig von den monetären Aspekten, bietet dieser Ocho eine runde, solide Spirituose. Er hat ein klares Geschmacksprofil, spielt dieses von Nase bis Nachhall konsequent zu Ende und weißt keine Fehlnoten auf.
Die Gretchenfrage ist eher, welchen Einfluss das Finish nun wirklich genommen hat. Dass hier, wie manchmal verlautet, geradezu eine Fusion von Rum und Rye stattfand, könnten wir nicht bestätigen. Vielleicht hätten wir ohne den Hinweis nicht einmal gewusst, dass hier ein Rye-Fass aktiviert wurde. Von frischem Menthol oder Kräutern ist nichts zu finden und die Würze könnte schlicht von der Eiche herrühren. Dieser Verdacht lag gerade bei den ersten Aromen in der Nase nah. Andererseits trinken wir viel zu selten Rum, als dass wir zielsicher den Einfluss eines Rye-Finishes einzuschätzen vermochten. Und wir trinken viel zu oft Rye, als dass uns sein für andere stark würzig erscheinender Einfluss ebenso direkt präsent wäre.
Solche Anmerkungen schmälern die Qualität des Rums jedoch nicht im Mindesten. Der Ocho mit Rye Cask Finish kann sich insgesamt sehen lassen und zeigt, dass für kleines Geld guter Rum geboten werden kann.
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