Schlitzer Woody

So geht deutscher Whisky

Schlitzer und ihr Whisky

Schlitzer ist eine der ältesten Brennereien der Welt, gegründet 1585 vom damals reichsfreien Ritter Schlitz von Görtz. Die Brennerei hat seitdem eine wechselvolle Geschichte hinter sich, blieb nicht immer am selben Ort und hatte nicht immer denselben Besitzer. Dennoch blieb die Kontinuität im Brennen ungebrochen.

1985 schon wurde der erste Single Malt hergestellt; damals beließ man es jedoch bei einem Fass, das man auch prompt vergas und erst 2010 – Mitten im Whiskyboom – wieder entdeckte und für überraschend faire Preise verkaufte.

Von da an reihte sich Schlitzer in die lange Liste der deutschen Whiskybrenner ein und produzierte fast durchgängig Whisky. Doch bis vor kurzem machte Schlitzer etwas, das wir sehr skeptisch sahen: sie wählten eine vermeintlich internationale, englisch-klingende Benennung (Slitisian). Davor war es sogar noch schlimmer und ein ‚Glen‘ stand im Namen. Warum diese onomastische Abkehr vom historischen Regionalbezug ein großes Problem der deutschen Whiskylandschaft ist, haben wir bereits an anderer Stelle ausführlich thematisiert. Viellicht noch prägnanter sind Jason Stovers Schwierigkeiten, diesen Namen auszusprechen

Zum Glück allerdings stellte Schlitzer 2019 um: hinfort war der Zungenbrecher, ersetzt durch ein schlichtes „Schlitzer“ – ein Hurra auf Regionalbezug und eigene Geschichte! Die Flaschen mitsamt Etiketten sind ebenfalls neu und deutlich moderner gestaltet. Am wichtigsten ist aber, dass auch der Whisky mutiger wurde. Der vorliegende Whisky ist ein Neuzugang, der genau das macht, was wir uns von deutschem Whisky wünschen.

Umso mehr freut es uns, dass Schlitzer uns ein Exemplar des Woodys kostenfrei zugeschickt hat. Herzlichen Dank!

Transsilvanische Eiche; getoastet, nicht gebrannt.

Der Name Woody ist gut gewählt, denn im Mittelpunkt steht das ungewöhnliche Holz, in dem der Whisky reifte: frische, transsilvanische Eiche. Das ist mal ein Unique Selling Point. Transsilvanien, das alte Siebenbürgen in Rumänien, ist tatsächlich dicht bewaldet. Wie sich die Eiche im Geschmack von anderen unterscheidet, vermag ich nicht zu sagen. Schön ist aber, dass es sich um unbenutztes, frisches Holz handelt.

Dieses Holz wurde anders als die üblicherweise verwendete amerikanische Eiche nicht ausgebrannt, sondern getoastet. Das bedeutet, die filternde Kohleschicht ist nicht vorhanden, trotzdem gibt das Fass seine süßlichen Aromen an den Whisky ab. Das heißt, der Whisky ist weniger rund und mild als amerikanischer Whiskey, wird stattdessen charaktervoller, da nicht so viel herausgefiltert wird. Und gerade, wenn man schon so ein besonderes Holz nutzt, ist das genau die richtige Entscheidung.

Ebenfalls richtig ist die Entscheidung, den Whisky mit kräftigen 51% ABV abzufüllen. Das ist besonders für Whiskykenner eine angenehme Trinkstärke, die Aromen ordentlich transportieren kann. Da der Woody ohnehin als „wild“ beschrieben ist, darf er auch gern etwas drücken. Im Gegenteil, der hätte gar nicht weniger stark abgefüllt sein dürfen.

Eine Altersangabe fehlt, bei Virgin Oak ist das jedoch nicht so tragisch. Sogar der Preis stimmt, die Eckdaten machen also richtig Lust.

Nase

Die Aromen stürmen in die Nase und der erste Eindruck ist der erwartete: Vanille, nicht enden wollende Vanille. Er braucht viel Zeit im Glas, um auch anderen Aromen etwas Raum zu geben. Die anderen süßen Gerüche, wie z.B. Karamell und Mandel, werden leicht überlagert, sind aber vorhanden. Erst langsam offenbaren sich vollreife Früchte wie die Feige. Zum Schluss entwickeln sich ledrige und erdige Noten, die mit der Zeit bemerkenswert stark werden und der Vanille Konkurrenz machen.

Geschmack

Im Mund erscheint der Whisky weniger stürmisch, ja fast zurückhaltend gibt er sich. Dabei dröhnt erneut die Vanille. Sie ist jetzt jedoch eher bereit, andere Geschmäcker schneller zum Zuge kommen zu lassen. Gerade die getrockneten Früchte kommen besser durch, neben Feige auch Pflaume und Aprikose. Endlich zeigt sich zudem die wilde Seite der Eiche mit holzig-würzigen Noten. Sogar Pfeffer setzt einen wirksamen Kontrapunkt zur Süße.

Abgang

Erst im Abgang dominiert langsam die von der Brennerei beschriebene Astringens der Tanine. Davor allerdings bliebt sich der Woody seinem Mix aus Süße und Würze treu. Nur der allerletzte Eindruck ist dann der von Anis und vielleicht Bitterkeit.

Fazit: Gerne mehr davon!

Zugegeben, die Eiche aus Transsilvanien ist in erster Linie aufsehenerregend. Aber das ist auch genau richtig. Deutscher Whisky muss hervorstechen, am besten schon bei der Vermarktung. Dass der Whisky dahinter noch was taugt, ist umso schöner.

Frische, getoastete Eiche sorgt für ein süßes Gesamterlebnis mit viel Vanille, ohne dabei dem Bourbon zu nahe zu kommen. Im Gegenteil, die zusätzliche Frucht und Würze geben ihm seinen eigenen Charakter.

Dies ist ein sehr eigenwilliger Whisky. Er wird wohl nicht jedem zusagen, besonders Freunden des konventionellen Scotch Single Malt dürfte er etwas zu süß und zu wild sein, vielleicht sogar zu würzig. Doch wenn ich Scotch Single Malt trinken will, greife ich auch zu diesem. Hier liegt ein anderes Design vor, eines, das sich mutig vom Mainstream absetzt. (Gleichwohl die Schotten inzwischen ihrerseits immer mehr mit Virgin Oak experimentieren).

Der Woody wird polarisieren und Gegenstand von Kontroversen sein, keine Frage. Genau das braucht deutscher Whisky. Uns hat er jedenfalls ausgesprochen gut gefallen.

[Achtung: die Flasche wurde uns von Schlitzer ohne Verpflichtungen zur Verfügung gestellt. Wir danken!]

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