Der Kolonist. First Edition

Whisky aus dem Oderbruch

Die Hofmanufaktur Christian Filter

Das Oderbruch im Osten Brandenburgs ist die Heimat der Hofmanufaktur Christian Filter. In erster Linie stellt Christian Filter Obstbrände her, besonders seine Apfelbrände haben es zu regionaler Bekanntheit geschafft. Seit 2012 aber steht auch Whisky auf dem Plan.

Noch reden wir über kleinste Mengen in kleinen Fässern. Sogar die Flaschen sind noch per Hand beschrieben, einzeln nummeriert und mit Jahrgang versehen. Es hat schon seinen eigenen Charme, wenn die Tinte des Kugelschreibers auf dem Etikett verläuft… Handarbeit eben.

Der Whisky gehört damit zu den Whiskys, die man eigentlich nur vor Ort oder auf einer Messe genießen kann. Gerade dies macht doch den Charme der deutschen Whiskylandschaft aus: das, was man über Schottland gern glauben möchte – kleine Familienbetriebe, die in abgelegenen, idyllischen Landschaften mit liebevoller Handarbeit ein Naturprodukt herstellen – trifft auf unzählige Klein- und Kleinstbrenner hierzulande wirklich zu.

Natürlich reden wir dann auch über entsprechende Preise, geringere Erfahrung und aktive Lernprozesse. Auch Christian Filter hat das Brennen vor vergleichsweise kurzer Zeit erlernt. …dann aber, wie es sich für Deutschland gehört, nämlich klar strukturiert an der Universität und mithilfe eines befreundeten Destillateurs.

Der Kolonist, Jahrgang 2012, Flasche Nummer 38

In Anlehnung an die preussischen Siedler im 18. Jahrhundert wurde der Whisky Kolonist genannt. Wir haben uns für den Jahrgang 2012 entschieden, der – der dunkleren Farbe nach zu urteilen – etwas älter als der 3-jährige Jahrgang 2017 sein sollte. Er reifte in einem Sauternes-Fass und wurde mit 43% ABV abgefüllt.

Sauternes-Fässer werden seit einigen Jahren verstärkt für die Nachreifung von Whisky eingesetzt. Dieser sehr süßliche Wein hat nicht zuletzt dank Thomas Jefferson große Bekanntheit erlangt. Seine Fässer sind für Whiskyreifungen beliebt, weil sie zwar süße, aber doch sehr komplexe Aromen abgeben. Sauternes-Vollreifungen hingegen sind noch relativ selten.

Das ist auch insofern spannend, als dass deutscher Whisky ob der Brennblasen ohnehin meist ins Fruchtige ausschlägt. Und da wir es hier auch noch mit einem Obstbrenner zu tun haben, ist der Whisky eines auf jeden Fall: konsequent.

Nase

Die Nase wird bestürmt von fruchtig-süßen Aromen und zwar stärker, als dass die 43% annehmen ließen. Allerdings scheint der Alkohol nicht übermäßig gut eingebunden zu sein, sticht zu Anfang gar. Ist dieser erste Stich überwunden, entfaltet sich eine ganze Streuobstwiese. Deutlich sind Apfel und Birne, aber auch Aprikose zu vernehmen. Die Früchte erscheinen reif bis überreif und wirken, als warteten sie darauf, auf einen Kuchen gelegt zu werden.

Geschmack

Das hervorragende Mundgefühl fällt als erstes auf. Anders als in der Nase sticht hier nichts, der Mundraum wird gefüllt und fast sirupartig belegt. Neben den Früchten kommt jetzt Blütenhonig zum Vorschein. Besonders spannend aber sind Walnuss und Mandel, die ebenfalls dazukommen. So präsentiert sich ein schwerer, süßer Obstsalat.

Abgang

Hier schwächelt der Whisky ein wenig. Am Anfang zeigt er schöne Kräuter und Gewürze, wie etwa Anis, wodurch ein guter Kontrast zur sonst dominanten Fruchtsüße hergestellt wird. Leider kippt es ganz am Ende ins komplett Bittere ab.

Fazit. Ein guter Dessert-Whisky

Insgesamt steht ein gelungener Erstling vor uns, der besonders zum Dessert glänzt. Perfekt ist der Whisky nicht, besonders der Abgang will nicht so recht zu den vorhergehenden Eindrücken passen. Schön aber ist, dass der Kolonist ein klares Konzept hat, das er fast bis zum Ende hin durchhält und gelungen umsetzt. Das Sauternes-Fass kommt hervorragend zur Geltung und so werden Freunde des Dessert-Whiskys glücklich, besonders da die nussigen Aromen die Früchte und den Honig exzellent ergänzen. Wir sind sehr gespannt, was noch aus dem Oderbruch kommen wird und hoffen auf weitere Kolonisten.

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