Hven Hvenus Rye Whisky

Unsere „Ryes of Europe“-Tour kommt nach Skandinavien

Die Insel Hven und ihre Brennerei

Im Öresund liegt die malerische Insel Hven, genau zwischen Dänemark und Schweden, die jahrhundertelang um ihren Besitz kämpften. Am bekanntesten dürfte sie als Sitz des dänischen Astronomen Tycho Brahe sein, inzwischen gehört die Insel zu Schweden und ist eine kleine Touristenattraktion. Seit 2008 beheimatet sie die dritte schwedische Brennerei, Spirit of Hven Distillery.

Das Getreide bezieht die Brennerei lokal und sie verweist auf das besondere Mikroklima der Insel bei der Reifung, sodass ein stark regionaler Charakter der Abfüllungen beabsichtigt ist. Dies zeigt sich zudem in den Namen der Whiskys, die sich oft auf Tycho und Astronomie beziehen. Whisky ist tatsächlich das Kernstück des Sortiments, erwartungsgemäß finden sich aber auch Gin, Wodka und natürlich Aquavit.

… und die Flaschen von Hven fallen sofort ins Auge: mit markantem Wachsüberzug erinnert sie ob ihrer Kegelform an Erlenmeyerkolben. Das ist sicher beabsichtigt, da bei Hven großer Wert auf die naturwissenschaftliche Analyse von Whisky gelegt wird. Und wie es sich für Wissenschaftler gehört, üben sich die Schweden in größtmöglicher Transparenz.

Hvenus Rye Whisky
Roggen im Regen

Der Hvenus Rye

Auch der Roggenwhisky lässt keine Fragen offen. Das beginnt bei dem recht ungewöhnlichen Namen, der ein Kompositum als Hven, Venus und US (United States) ist. Venus hebt auf die Astronomie Tychos ab und wie der Zufall es will, ist das Symbol für den Planeten Venus zugleich das Zeichen für Kupfer, also dem Material der Brennblase bei Hven.

Die Maische besteht aus 78,6% Roggen, 11,9% Weizen, 4,8% Mais und 4,8% Gerste. Wozu es gleich vier Getreidesorten brauchte, erschließt sich nicht auf den ersten Blick, zumal Weizen und Roggen unserer Erfahrung nach nicht übermäßig gut harmonieren; zu unterschiedlich sind ihre Charakteristika. Die Gerste könnte der Enzymspaltung dienen, da der Roggen vermutlich nicht gemälzt ist.

Die Reifung erfolgte in stark ausgekohlten Fässern amerikanischer Eiche, daher auch das US im Namen, und dies wiederum ist eine für Rye Whisky ganz typische und bewährte Wahl. Interessant ist, dass ein paar der verwendeten Fässer aus Kuba stammen. Die bis zu sechsjährige Reifung erfolgt teilweise unter den klimatisch kontrollierten Bedingungen in beheizbaren Lagerhäusern. Insgesamt werden 42 Fässer vermählt für ein Batch. Die Abfüllung erfolgt dann bei soliden 45,6% ABV.

Nase

Den ersten Eindruck dominieren die Fässer, die sich in schweren Karamellaromen und Vanille äußern. Der Roggen mit seiner minzigen Frische braucht etwas, um sich dagegen durchzusetzen, kommt aber mit der Zeit deutlich durch. Ein Anflug von Pfeffrigkeit passt hervorragend zu den süßen Noten, die durch fette Nüsse wie Mandeln und Macadamia ergänzt wird. Viel Konzentration und Luft enthüllen zudem einen Hauch von Gartenblumen, wie Lavendel und Dahlien im Spätsommerwind.

Geschmack

Im Mund übernimmt der Rye die Führung, wobei seine Kräuter zugunsten von mehr Würze zurückgehen. Es ist jedoch eine sehr milde Würze, weniger Pfeffer als mehr Kurkuma und Gewürzrinde. Dunkle Schokolade mit hohem Kakao-Anteil, Vanille und Karamell sorgen wieder für Süße. Erstaunlicherweise gesellt sich dazu spritzige Orange, was an Jaffa Cake erinnert. Das Gesamtpaket ist merklich süßer als die meisten Euro-Ryes oder sogar US-Ryes (bei vergleichbarem Roggenanteil in der Maische).

Abgang

Der Nachhall ist wieder sehr fasslastig, bestimmt durch Eichenwürze bis hin zu bitteren Tanninen.

Hvenus Rye Whisky
Schwieriges Etikett, guter Whisky

Fazit: das gewisse Extra

Trotz der ungewöhnlichen Mash Bill wirkt der Hvenus fast amerikanisch, besonders in der Nase. Das Konzept mit dem starken Rye-Anteil und den ausgebrannten Fässern weckt diese Assoziationen vermutlich mit voller Absicht. Interessant dann aber sind die gewissen Extras, die bereits in der Nase zu erahnen sind.

Tatsächlich ist dies nicht der schroffe Rye für Cowboys, Kürassiere und Kohlekumpels. Hier liegt ein eleganter, ja fast sanfter Rye vor, der dennoch mit der ein oder anderen Überraschung aufwarten kann, wenn er genug Raum und Zeit zur Entfaltung bekommt. Nicht zuletzt die zweiten und dritten Schlücke sind viel aufschlussreicher als der Ersteindruck.

Es bleibe auch nicht unerwähnt, dass amerikanische Rezensenten – Hven hat offenbar einen Vertrieb in den Vereinigten Staaten – die Nähe zum US Rye weit weniger wahrnehmen als wir das tun. Auf der anderen Seite des Atlantiks fallen die Unterschiede deutlicher auf. Die bezeugt nur ein weiteres Mal, wie sehr unsere Eindrücke durch unsere Erfahrungen geprägt werden.

Am Ende jedoch bleibt ein faszinierender Whisky, der keineswegs so gradlinig ist wie er sich anfangs gibt. Gerade erfahrene Rye-Fans mit Geduld werden sich am Hvenus lange erfreuen können. Doch auch Anfänger, die oft von der Schärfe und Würze des Roggens irritiert sind, finden hier ob der Milde und Süße vielleicht einen Anschluss.

Auch Schweden stellt also guten Rye her. Kein überraschendes, aber ein zufriedenstellendes Fazit.

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