Goldwaescher Pure Rye Whisky Virgin Oak

Die „Ryes of Europe“-Tour erreicht die Konföderation

Eine neue Marke einer alten Brennerei

Die Distillerie Willisau Société Anonyme, kurz Diwisa, hat sich längst über die eponyme Brennerei hinaus entwickelt und ist einer der größten Getränkevertriebe der Schweiz. Die 1918 gegründete Distillerie im luzernischen Willisau hatte ihr Kerngeschäft ursprünglich in Fruchtbränden, doch gewann Andreas Affentranger, der Enkel des Gründers Hans, mit dem Xellent Vodka Erfahrungen in der Destillation von Roggen. Diese mündeten 2021 im Goldwaescher Rye Whisky.

Erstaunlich ist es schon, dass der erste Anlauf für Whisky – und fassgereiften Spirituosen überhaupt, wie es scheint – mit Roggen gewagt wird. Es ist aber auch ein Zeichen für die wachsende Popularität dieser Spielart des Whiskys.

Diwisa arbeitet mit einem Brenndurchgang auf Kupfer-Häfelibrand-Destillen. Bei dieser ungewöhnlichen Technik wird die Maische so lange indirekt erhitzt, bis sie verdampft und so ein Destillat entsteht. Dieses traditionelle Verfahren setzt sie sowohl von iro-schottischen als auch amerikanischen ab, erfordert allerdings auch höheren Aufwand.

Die Bäche der Napfregion, in denen früher Gold gefunden wurde, symbolisiert das Etikett gekonnt

Von Pennsylvania in die Schweiz

Der Goldwaescher Pure Rye Whisky wird ausschließlich aus Roggen gewonnen. Das Vorbild für diese Art Rye liegt in Pennsylvania, denn entlang des Flusses Monongahela bemühten sich Brenner anders als in Maryland oder Kentucky um möglichst hohe Roggenanteile. Ganz auf gemälzte Gerste ließ sich nicht verzichten, da erst sie die Aufspaltung der Stärke zu Zucker ermöglichte. Aber dennoch war das Ideal des puren Roggenwhiskys mit diesem von mitteleuropäischen Einwanderern geprägten Stil verbunden. Und er ist es bis heute. Auch Diwisa beruft sich auf ihn, kann dank der Zusetzung von Enzymen allerdings wirklich 100% Roggen verwenden. Dieser Roggen kommt aus der Schweiz.

Die Fässer sind desgleichen aus schweizerischem Holz, nämlich Traubeneiche (quercus petraea), ohne Vorbelegung. Die 220 Liter fassenden Barriques sind in verschiedenen Stufen ausgebrannt. Die Mehrheit, also die Hälfte, wurde für 20 Sekunden ausgekohlt, was in etwa Level 3 Char entspricht. Die anderen wurden weniger intensiv behandelt. Insgesamt orientiert man sich also erneut an den USA, erneut zieht man lobenswerterweise heimatliche Ressourcen heran. Die Traubeneiche enthält etwas weniger Tannine als die in Europa übliche Stileiche (quercus robur), allerdings deutlich mehr als etwa die amerikanischen Eichen und verleiht dem Whisky daher würzige Noten.

Drei Jahre reifte der Whisky und wurde dann mit 43% ABV abgefüllt. Wenigstens ein paar Prozent über dem Minimum, soll er wohl auch Gelegenheitsgenießern zusagen, zumal die Verwendung in Cocktails klar mit gedacht ist.

Nase

Der Goldwaescher führt sich mit der Süße von Zimt und Zucker ein, die leicht parfümiert wirkt und bald stärker Richtung Zimt geht. Darunter liegt eine dezente Süße roter und gelber Früchte, aber auch ein wenig Tabak und Karamell. Getoastete Schwarzbrotrinde, Anis und milder Pfeffer verraten den Roggen sehr deutlich, wenngleich sie nicht die dominanten Eindrücke sind.

Geschmack

War der Pfeffer in der Nase noch mild, so präsentiert er sich auf der Zunge rot und feurig. Das Zimt-und-Zucker-Aroma findet sich auch geschmacklich wieder und spielt ganz hervorragend mit der pfeffrigen Schärfte – wirkt aber nach wie vor parfümiert. Die Tabakdose öffnet sich weiter und die kräftigere Eichenwürze verleiht dem Goldwaescher ein rundes Rye-Profil. Am Ende gewinnt der Zimt an Kraft.

Abgang

Der Whisky hallt nur kurz nach, zeigt erneut Eichenwürze. Gegen die auf der Zunge verbleibenden Zimtrindenoten setzt sie sich dagegen nicht durch.

Gold vor und am Schloss

Fazit: ein guter Anfang, gerne mehr

Am Goldwaescher gibt es nur wenig auszusetzen. Destillat und Fass harmonieren vorzüglich, geben sich gegenseitig genug Raum zur Entfaltung. Desgleichen überzeugt die Aromatik konzeptionell auf ganzer Linie. Dieses Zusammenspiel von Zimt-und-Zucker mit ordentlichem Pfeffer, von Süße mit Würze, ist genau das, was Rye Whisky so interessant macht. Allenfalls dass der Goldwaescher manches Mal fast wie Parfüm im Glas daherkommt, gefällt nicht immer. Das ist aber eine Kleinigkeit, die bei weitem nicht alle Fans wahrnehmen, geschweige denn monieren werden dürften.

Ein für die meisten Rye-Fans wohl substantiellerer Kritikpunkt ist die ABV. Es braucht keineswegs immer Fassstärke. Im Gegenteil: Whisky in Fassstärke gut werden zu lassen, ist kaum eine Kunst. Die wahre Kunst besteht darin, auch unter 50% ABV gehaltvollen Whisky zu schaffen. Nur könnte das – wie gesagt, gute – Geschmacksprofil hier durch ein paar mehr Prozente die gebührende Durchschlagskraft erhalten. Dafür reichen vielleicht schon 45% oder 46% ABV. Und natürlich interessiert uns brennend, was der Goldwaescher unverdünnt zu leisten vermag. Allein der Gedanke zaubert ein Lächeln auf die Lippen.

Tatsächlich Dominik von Diwisa uns mitgeteilt, dass die Fassstärke durchaus auf ihrem Radar ist, wenn es auch keine großen Mengen davon geben wird. Das ist in Ordnung. Die Fassstärke ist für einen Teil der Community interessant, nicht für alle. Aber dieser Teil wird sich freuen.

Überhaupt hat Diwisa interessante Pläne: Neben Fassstärken stehen ein Malted Rye und die Wiederverwendung der Fässer auf dem Programm. Gerade letzteres ist überaus faszinierend, denn die Reifung von Rye in gebrauchten Rye-Fässern ist selten, kann aber spannende Ergebnisse hervorbringen. Insofern sehen wir mit Vorfreude auf die weiteren Roggenwhiskys der Diwisa und erfreuen uns bis dahin an dem Goldwaescher Pure Rye.

No Comments

Leave a Comment