Glina Rye Whisky 8 Jahre Sherry-Fass

Roggenwürze und Sherrysüße erneut vereint

Der Nachfolger des Erstlings

Die Brandenburger Whiskys von Glina haben wir hier oft vorgestellt, denn wir sind längst Fans. Sicherlich das beeindruckendste Merkmal der Brennerei ist die Tatsache, dass sie zugleich als Landwirtschaftsbetrieb fungiert und somit ebenjenes Getreide anbaut, das sie zu Whisky verarbeitet – und dabei jeden Schritt selbst durchführt. Ausführlich haben wir darüber anlässlich unseres Besuches vor zwei Jahren geschrieben. …wie die Zeit vergeht.

Dass auch in Brandenburg die Zeit nicht stehenbleibt, bezeugt die nunmehr auf acht Jahre ausgedehnte Reifung des Ryes aus dem Sherryfass. Der erste weithin erhältliche Rye von Glina lag fünf Jahre im Sherryfass. Inzwischen sind ein NAS hinzugetreten und der bombastische Zwölfjährige mit Portweinfassreifung. Freilich hat Glina das Kerngeschäft um den Single Malt nicht vernachlässigt und auf diesem Feld sind desgleichen beachtliche Neuzugänge zu vermerken.

Der hier zu besprechende Whisky markiert damit wohl den Beginn der zweiten Generation von Glinas Rye – oder die Verfeinerung der ersten. Bei den Ryes, anders als bei den Single Malts, fehlt bislang noch die für Glina typische Mehrfachreifung. Dies muss aber keineswegs die Zukunft sein, da die gradlinige Reifung soweit hervorragende Ergebnisse erzeugte, die keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Damit sind die Erwartungen an den Achter entsprechend hoch.

Wahrhaft königlicher Rye

Noch mehr Sherryeinfluss, noch mehr Holz?

Der Vorgänger überzeugte durch seine Balance aus Kräutern und Würze des Destillats und der schweren Süße des Fasses. Master Distiller Michael Schultz hat hier den Sweet Spot getroffen und ganz grundsätzlich ist die Kombination von Sherry und Rye eigentlich so einleuchtend, dass sogar die konservativen Amerikaner inzwischen nahezu standardmäßig mit Sherryfässern operieren. Glina als Vorreiter kann dabei auf beachtliche Erfahrung zurückgreifen.

Drei weitere Jahre im Fass versprechen die Balance in Richtung Süße und Holzaromatik zu verschieben. Acht Jahre sind für einen Rye Whisky zudem eine recht lange Zeit und es besteht immer die Gefahr, dass das Fass zu sehr übernimmt. Allerdings ist genau dies natürlich ein in Deutschland überaus beliebtes Geschmacksprofil: die Sherrybombe. Vielleicht ist es darum sogar von Vorteil, das Fass in den Vordergrund zu rücken.

Die Alkoholstärke von 46,1% ABV ist die bei Glina übliche für die älteren Ryes. Michael Schultz sagte, dass dieser Kompromiss angesichts der Kraftfülle des  Whiskys kein schlechter ist. Da seine Abfüllungen tatsächlich sehr kräftig sind und für die casual whisky drinkers bisweilen sogar zu gehaltvoll sind, mag das die richtige Entscheidung sein. …auch wenn wir natürlich die Fassstärke wollen.

Nase

Noch immer ist es unverkennbar ein Rye, denn Minze und Eukalyptus und eine Roggensauerteignote lassen sich wie beim Vorgänger klar ausmachen. Das Fass tritt allerdings früher und stärker in Erscheinung. Saftiges Steinobst und feinherber Kakao sind von Anfang an da. Mit der Zeit werden die Anklänge an Tabak und Leder deutlicher. Die Würzigkeit mit Pfeffer, Muskat und Zimtrinde ist vielleicht auf das Zusammenspiel von Holz und Destillat zurückzuführen, jedenfalls ein Genuss.

Geschmack

In der Tat ist der Antritt wuchtiger als es die Nase und die 46,1% vermuten ließen. Kräftige Würze, diesmal recht deutlich von der Eiche, schwereres Kakao und Toffee wollen erst einmal verarbeitet sein. Die Gewürzpalette hat sich zudem vergrößert: zu Pfeffer und Zimt gesellen sich Nelke und Kurkuma. Dahinter drängen einerseits geröstetes Schwarzbrot, andererseits reife Pflaume und überreife Kirsche an den Gaumen. Im Hintergrund, aber immer präsent, liegt eine Frische von Minze, Lorbeer und Schnittlauch, die angesichts der sonst recht schweren Geschmäcker sehr willkommen ist.

Abgang

Am Ende bleibt vor allem die Würze und sie bleibt lang, doch das letzte Wort spricht die Minze, was für einen Rye nur angemessen ist.

In bekannter Umgebung

Fazit: gelungene Weiterentwicklung

Wenn unser Fazit zum Fünfer „Einer der besten Ryes. Überhaupt“ lautete, dann ist die gelungene Weiterentwicklung davon hohes Lob. Dass die Krone mittlerweile dem zwölfjährigen Rye gebührt, tut dem keinen Abbruch.

Wie vermutet, verschiebt sich die Balance recht deutlich in Richtung Fass, das nun mächtiger geworden ist. Das Destillat, markant wie Roggen ist, vermag sich aber nach wie vor zu behaupten. Überhaupt ist der Achter keine Sherrybombe, obwohl dominante Fässer durchaus ein Erkennungszeichen von Glina sein können. Dennoch werden Sherryfans genug zu lieben finden, ebenso wie Ryefans.

Langfristig wäre zu beobachten, bis zu welchem Punkt noch größerer Fasseinfluss wünschenswert ist. Gerade bei Rye Whisky können jüngere Abfüllungen mit stärkerem Destillatscharakter durchaus attraktiv sein, wie der fünfjährige Vorgänger bewiesen hat. Im Moment jedoch hat Michael Schultz einen weiteren Sweet Spot getroffen. Vielleicht ist die Range von fünf bis acht Jahren eine lohnende Spielwiese.

Mehr noch als der zwölfjährige, der mit seiner geradezu filigranen Veranlagung bei 46,1% perfekt wirkt, interessiert bei der Kraft, ja Wucht dieses achtjährigen Whiskys, wie wohl eine Fassstärke schmeckt. Aber das fragen wir fast immer.

Was bleibt, ist ein nicht einfacher, dafür rundum empfehlenswerter Rye Whisky, der jeden Vergleich national wie international bestehen kann. Deutschland ist Rye-Land.

1 Comment

  • Glina Rye 12 Jahre Beerenweinfass - DoktorWhisky.de 25. Februar 2024 at 1:02 Reply

    […] Destillat ertränken. So empfand ich Glinas 5-jährigen Rye aus dem Sherryfass als ausgewogener als den 8er. Natürlich spricht nichts gegen alte Ryes, wenn sich Eichenwürze und Roggenwürze […]

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