Dotzauer Rye Whisky

Schicke Flasche, doch was taugt der Whisky?

Vom Wein zum Rye

Im vergangenen Jahr haben wir uns fast ausschließlich mit Roggenwhisky beschäftigt, der aus der nördlichen Hälfte Deutschlands kam. Mit dem Dotzauer Rye bewegen wir uns gen Süden, nach Oberstreit in der Pfalz.

Achim Dotzauer führt mit seiner Familie ein Weingut, eine Sektkellerei und eine Brennerei. Neben den zu erwartenden Obst- und Weinbränden, Likören und Gin stehen auch zwei Whiskys im Programm, Single Malt und Rye. Spannend ist, dass auch bei den Obstbränden gern zur Fassreifung gegriffen wird, mit Hunsrück-Fässern.

Dass Whisky als ein randständiges Projekt erscheint, stört keineswegs. Einerseits entspringt dieser Umstand gewissen ökonomischen Zwängen, andererseits kann die sehr eigene Erfahrung der deutschen Brenner eben zu sehr eigenen Produkten führen. Entscheidend ist wie viel Leidenschaft in den Whisky investiert wird.

Klares Design.

Solide Eckdaten?

Das sehr schick designte Label hält sich mit Informationen sehr zurück, doch was sich auf der Website von Dotzauer findet, weiß durchaus zu überzeugen. Immerhin sechs Jahre lagerte der Rye im Fass – leider verrät auch die Website nicht, welcher Fasstyp zum Einsatz kam. Vielleicht antwortet die Brennerei noch auf unsere Email und löst das Geheimnis.

Diese (vermutlich) ordentliche Reifung wird durch die in Deutschland für Rye Whisky übliche und, wie ich meine, auch bewährte Trinkstärke von 45% begleitet. Ob der Roggen gemälzt oder ungemälzt ist, bzw. ob noch anderes Getreide verwendet wurde, ließ sich nicht in Erfahrung bringen.

Der Mangel an Information ist offen gestanden abschreckend. Gleichermaßen ist er völlig unnötig, da es nichts Negatives zu verbergen geben dürfte. Im Gegenteil, hier steckt sicher ein solides Konzept hinter dem Whisky, das definitiv mit erheblichem Zeitinvestment umgesetzt wurde. Dieses darf man der Öffentlichkeit ruhig mitteilen.

Nase

In diesem Jahr ist das Thema wohl „Whiskys, die atmen müssen“. Wie auch der im Januar besprochene Gryphon braucht der Dotzauer Luft. Zu Beginn strömen nämlich muffige Karotte und Maggie in die Nase, doch das verflüchtigt sich. Dann tritt ein Furchtaroma ihre Stelle, darunter Kirschkompott.

Süße Noten bleiben, gehen aber Richtung Vanille. Erstaunlich ist die Nussigkeit, besonders Walnuss, die einen bleibenden, schönen Eindruck hinterlässt. Ein Anflug von nassen Tannenzweigen erinnert daran, dass es sich um einen Rye handelt.

Geschmack

Im Mundraum jedoch lässt der Dotzauer keinen Zweifel aufkommen: es ist ein Rye. Scharfe Würze von weißem Pfeffer tritt unverzüglich an. Die sechs Jahre im Holz machen ebenfalls auf sich aufmerksam, wiederum durch Würze, aber auch mit etwas Karamell. Überhaupt verschwindet die Süße nicht; eine klare Note von Traube-Nuss-Schokolade kann sich gewissermaßen gegen die Chilischokolade behaupten. Dennoch spielt die Würze die Hauptrolle.

Abgang

Diese Würze hallt lang und kräftig nach. Noch Minuten nach dem letzten Schluck zündelt der Pfeffer und regt den Speichelfluss an. Wo manch anderer Whisky gerade im Abgang enttäuscht, zeigt der Dotzauer seine Klasse. Da seien auch die weniger schönen Tannine verziehen.

Mehr als nur ein schönes Label.

Fazit: Lust auf Mehr

In der Nase wähnt man zunächst einen Obstler vor sich zu haben, was ein Problem vieler deutscher Whiskys ist (wenn auch bei weitem nicht in dem Ausmaß, das bisweilen kolportiert wird). Doch der Dotzauer Rye hat einige beachtliche Qualitäten. Dazu gehören vor allem seine pfeffrige Schärfe und der starke Abgang. Außerdem sind 26€ für 0,35l vielleicht nicht sensationell günstig, aber mehr als fair in Anbetracht seines Alters und der vermutlich geringen Stückzahl.

Klar auf der würzig-kräftigen Seite des Rye-Spektrums eingeordnet, findet der Dotzauer unter Freunden dieser Spielart sicher seine Liebhaber. Für andere könnten allerdings genau diese Qualitäten abschreckend wirken. Einsteigern in die Welt des Roggenwhiskys machen andere Abfüllungen leichter.

Dennoch bleibt die Freude, wieder einen anständigen deutschen Rye Whisky gefunden zu haben, von denen es offenbar mehr und mehr gibt.

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