Aber Falls

Neues aus Wales

Walisischer Whisky und Aber Falls

Der walisische Whisky hat eine lange Geschichte. Sie reicht nicht bis in die Spätantike zurück, wie in den 70ern in einem ersten Versuch der Revitalisierung von Welsh Whisky behauptet wurde. Dies steht immer noch in der englischen Wikipedia und Shops fallen gern darauf herein, ist aber leider eine reine Marketing-Erfindung. Dennoch existierte eine traditionsreiche Whiskykultur und Brennereilandschaft in Wales, die erst um 1900 ihr Ende fand.

Der erfolgreichste Versuch, Whisky in Wales wieder zu beheimaten, ist natürlich mit der Brennerei Penderyn verbunden, deren Bestrebung seit den 2000ern internationale Anerkennung finden. Diesen Erfolg nahmen sich andere Unternehmer zum Vorbild, sodass inzwischen immerhin sechs Distillerien Welsh Whisky produzieren (wollen).

Aber Falls – glücklicherweise benannt nach dem dortigen Wasserfall, nicht nach der nördlich gelegenen Ortschaft Abergwyngregyn – machte seinen Aufschlag 2021 und die hier vorliegende Flasche ist die erste, nicht-limitierte und regulär im Handel erhältliche Abfüllung. Sie nutzt walische Gerste und Wasser des eponymen Wasserfalls. Die für die Destillation verwendeten Brennblasen sind aus Kupfer und Stahl, was eine interessante Entscheidung ist. Stahl soll dem Destillat einen fleischigeren, kräftigen Charakter verleihen, wohingegen die Kupferbrennblasen florale und fruchtige Noten betonen. Offenbar liegt eine Mehrfachdestillation durch beide Typen vor, wohingegen Penderyn für den einstufigen Destillationsprozess bekannt wurde.

Überhaupt müssen sich die Waliser irgendwann die Frage stellen, was eigentlich Welsh Whisky ist. Bislang scheint es eine reine regionale Bezeichnung zu sein. Eine genauere Definition wäre zu diesem Zeitpunkt wohl hinderlich, da sich die Brennereien noch in der Findungsphase befinden. Aber etwas mehr Substanz als die Benennung der Lage der Produktionsstätte sollte am Ende schon dahinterstehen.

Eine schöne Flasche.

Der 2021 Release. Eine Kampfansage

20€ – das ist der Preis für die Flasche. Und eine Kampfansage. Üblicherweise sind die frühen Abfüllungen einer neuen Brennerei deutlich teurer, hier allerdings wird direkt auf das Supermarkt-Preissegment gezielt. Umso mehr erstaunt die edle Erscheinung der Flasche. Sie erinnert an eine weniger verschnörkelte Highland Park-Flasche, kommt mit einem guten Korken und einem stilvollen Etikett in klarer Designsprache.

Ein Zugeständnis an den Preis ist jedoch der Alkoholgehalt, der sich an das gesetzliche Minimum von 40% ABV hält. Die verwendeten Fässer sind mannigfaltig: Bourbon, PX, Oloroso und sogar Virgin Oak wirken auf das Destillat ein. Gerade bei jungen Whiskys wie diesem 3-Jährigen ist Skepsis geboten, inwieweit eine solche Vielfalt nicht eher die Aromen miteinander verschwimmen lässt, statt sie klar herausdifferenzierbar zu machen.

Zu erwarten ist bei der Ausgangslage ein leichter Whisky, der auch Einsteiger und Gelegenheitstrinker ansprechen soll. Zu hoffen ist, dass er auch erfahrenere Fans zu mehr Aber Falls-Abfüllungen verlockt.

Nase

Eindeutig ein junger Malt, aber ein guter. Frischer, grüner Apfel, saure Orange und Weintrauben treten sofort hervor. Dahinter liegen jedoch Honig, Cornflakes und ein Hauch Hefeteig, plus etwas Zimt und Zucker. Vielleicht ist es Einbildung, doch vielleicht ist sogar ein bisschen Kochschinken dabei. Gut, sehr wahrscheinlich ist es Einbildung, da ich um die Stahlbrennblasen weiß, aber ist faszinierend, wie leicht sich unser Sensorium in die Irre führen lässt. Dessen ungeachtet ist es eine feine Nase, die viel verspricht.

Geschmack

Auch auf der Zunge zeigt sich der Whisky von seiner süßen Seite, wieder mit Äpfeln und Zitrusfrüchten, die nun jedoch reifer sind. Das Holz kommt stärker zur Geltung mit überraschender Würze, die nicht zuletzt den bekannten Zimt verstärkt. Subtile Kaffee- und Tabakanklänge vervollständigen das Bild. Der größte Makel sind die 40% ABV. Obzwar sehr süffig, bleibt er eben doch recht dünn. Seine Jugend fällt hingegen nicht unangenehm auf.

Abgang

Hier schwächelt der Aber Falls. Kurz und fast metallisch, klingt beinahe nichts von der schönen Fruchtigkeit nach. Allenfalls Holzwürze lässt sich mit viel gutem Willen feststellen.

Macht immer eine gute Figur.

Fazit: Lust auf Mehr

Es ist ungewöhnlich, dass eine junge Brennerei eine so günstige Flasche anbietet. Natürlich fordert dies einige Abstriche. Diese werden besonders im Nachhall deutlich. Die Nase hingegen überzeugt und zeigt das Potential dieses Whiskys. Wer etwas Neues probieren möchte, liegt mit dem Aber Falls insgesamt also genau richtig.

Die Abfüllung macht Lust auf Mehr: Einzelfassabfüllungen, um die Wirkung der Fasstypen auf das Destillat genauer verstehen zu können; höherer ABV und natürlich ältere Abfüllungen – wobei letztere vielleicht gar nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Wir dürfen jedenfalls gespannt sein, was noch aus Aber Falls kommt.

Zusammen mit dem Platzhirsch Penderyn und den anderen neuen walisischen Brennereien erleben wir eine Renaissance des Welsh Whisky, die der Vielfalt unseres Lieblingsgetränkes nur zu Gute kommen kann. Wir werden um eine traditionsreiche Whiskyregion bereichert. Auch wenn auch die Story um spätantike Kriegermönche und ihrem Whisky reiner Quatsch ist, verdient Wales doch seinen Platz in der Whiskygeschichte. Wir können in Echtzeit sehen, wohin sich der neue Welsh Whisky entwickelt. Uns stehen also spannende Zeiten bevor.

Wir danken TheDropstore.de für die Sendung dieses Rezensionsexemplars.

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