The War of the Peat, Teil I

Ballechin (12 Jahre), abgefüllt von Whic.de in Kooperation mit Signatory Vintage

Wells, Torf und die Deutschen

Der deutsche Whisky-Shop und unabhängige Abfüller Whic.de hat vor kurzem eine neue Serie gestartet: „The War of the Peat“, so genannt in Anlehnung den Science-Fiction-Klassiker von H.G. Wells. Geschäftsführer Arne Wesche möchte damit verdeutlichen, dass die Aromen des Torfrauches ebenso ungewohnt wie extrem sein können, aber ein traditionsreiches, ja klassisches Element schottischer Whiskykultur sind. Rauchige Whiskys sind in Deutschland überaus beliebt, sodass diese Serie sicher positiv aufgenommen wird.

Der Historiker in mir jedoch kann sich ein Grinsen nur schwer verkneifen. Denn es gibt eine weitere Querverbindung: Der Krieg der Welten fällt in das Genre der Invasion Literature, die Ende des 19. Jahrhunderts in Großbritannien erblühte. Die Invasoren sind allerdings im Regelfall keine Marsianer, sondern die Deutschen, deren nationale Einigung 1871 die britische Vormachtstellung bedrohte. Wells‘ Roman transzendierte solch nationalistische Momente. Er ist darum heute noch ein Klassiker, während die Genreväter wie The Battle of Dorking (1871) weitgehend vergessen sind.

Whic.de bringt also nicht nur den Torf nach Deutschland, sondern führt Wells Krieg der Welten auch wieder zu seinen literarischen Wurzeln zurück. Ich weiß nicht, ob dies beabsichtigt war, gelungen ist es aber.

Der Aufschlag mit Edradours Ballechin

Die Ehre des ersten Whiskys in der Serie gebührt Edradour. Die kleine Highland-Brennerei Edradour genießt einen guten Ruf und produziert unter dem Namen Ballechin auch einen rauchigen Whisky. Und der hat es in sich: mit satten 50ppm kommt die Standardabfüllung. Das dürfte eine solide Ausgangsbasis für die Serie sein.

Whic.de nun ließ den War of the Peat-Erstling für 12 Jahre in einem Refill-Sherryfass reifen und füllte ihn unverdünnt und ohne Farbstoffe ab. Damit sind alle erwartbaren Qualitätsstandard für unabhängig abgefüllten Whisky erreicht. Dass ein Refill-Fass verwendet wurde, erstaunt zunächst, allerdings liegt der Fokus auf dem Rauch, nicht auf dem Sherry-Einfluss.

Grundsätzlich verbindet die Abfüllungen zwei Charakteristika, die besonders deutsche Whiskyfreunde lieben, nämlich Rauch und Sherryfassreifung. Da Edradour erwiesenermaßen beide Felder hervorragend bespielen kann, erwarte ich einiges von dieser Abfüllung.

Nase

Erstaunlich ist, dass mir zuerst die Sherryaromen entgegen strömten. Schön reife Früchte wie Pflaume unterlegt von neugemachtem Leder und Kaffee rufen Erinnerungen an die besten Edradours wach. Erst mit der Zeit drängt der Rauch in den Vordergrund, dann jedoch umso kräftiger. Dieser Rauch ist erdig und schwer, mischt sich gut mit den reifen Früchten, bevor er ganz übernimmt. Dass eine Fassstärke dabei in der Nase nicht unbemerkt bleibt, ist klar. Daher tun ein oder zwei Tropfen Wasser ganz gut, die den Whisky weiter öffnen und wieder den Sherryeinfluss stärker hervortreten lassen.

Geschmack

Auf der Zunge präsentiert sich der Ballechin ganz ähnlich. Er wird vielleicht sogar stärker im Rauch. Interessant ist, dass die Früchte nun etwas frischer Wirken. Offiziell heißt es Johannisbeere und das kann gut sein. Es sind auf jeden Fall frische Beeren wie eben rote Johannisbeere oder Cassis. Dies ist besonders angenehm, weil es wirksamen Kontrapunkt zu den sonst sehr schwer und reif wirkenden Früchten setzt. Die hinzukommende Würze von Bitterschokolade und leichtem Pfeffer runden den Whisky ab.

Abgang

Der Abgang ist bei einem so intensiven Whisky wenig überraschend: lang, aber vergleichsweise sanft. Am Ende bleibt Sherry zurück, obwohl der Rauch das Glas auch Stunden nach der Leerung fest im Griff hält.

Fazit

Ein gelungener Aufschlag! Der Sherry-Einfluss ist sehr deutlich spürbar und dies zeigt, dass auch ein Refill-Fass beachtliche Aromen mit sich bringen kann. Derselbe Einfluss spielt gekonnt mit dem schweren Rauch zusammen, ohne dass eine der beiden Seiten zu dominant wird. Damit vereint diese Abfüllung das Beste zweier Welten. Sowohl der Rauch als auch die Süße treten wuchtig und massiv auf, deswegen ist bemerkenswert, wie gut sie balanciert und in ein Gesamtkunstwerk eingebunden sind.

Wir danken Whic.de dafür, dass sie uns diese Probe als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.

Kurzfassung

Scotch Single Malt, Highlands

59,3% (Fassstärke), 12 Jahre (ex-Sherry, refill)

Nase: reife rote Früchte, Leder, Kaffee; schwerer werdender, erdiger Rauch

Geschmack: stärkerer Rauch, reife Früchte ergänzt durch frische Beeren, mehr Würze (Bitterschokolade, Pfeffer)

Abgang: lang, sanft, süßlich

1 Comment

  • Bunnahabhain, Glengoyne und ein Geheimnis 10. April 2020 at 20:16 Reply

    […] den ersten beiden Teilen haben wir schon berichtet (hier und hier) und waren überzeugt – obwohl weder Karen noch ich große Liebhaber des Rauches sind. […]

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