Mackmyra 5 Jahre alt, Oloroso Sherry
Alter Schwede…
Whisky aus Schweden
Ich verbinde viele schöne Erinnerungen mit Skandinavien. Umso mehr freute im mich, als ich 2008 hörte, dass in Schweden offenbar Whisky hergestellt wird. Flugs war der First Edition bestellt. Die Erwartungen waren hoch, hatten die Japaner und Inder doch bewiesen, dass Whisky nicht von den Britischen Inseln kommen muss. Die Erwartungen wurden enttäuscht. Der First Edition war eine Katastrophe. Ich rührte Mackmyra über Jahre nicht mehr an.
Dann bekam ich 2016 einen Mackmyra Winterrök geschenkt. Und der schmeckte. In den 8 Jahren seit dem First Edition hat die Brennerei viele verspielte, experimentelle und gewagte, wenn auch limitierte Abfüllungen herausgebracht. Die kamen grundsätzlich gut an bei den Whiskyfreunden.
Meinen Respekt hat Mackmyra, gerade weil sie so experimentierfreudig sind. Ich hätte zwar gerne mal eine Standardabfüllung bzw. eine ordentlich ausgebaute Core-Range, aber grundsätzlich traut sich Mackmyra genau das, was ich gern von deutschem Whisky hätte – Mut zur Eigenständigkeit.
Charakteristisch, aber einzigartig
Was ich besonders an Mackmyra zu schätzen gelernt habe, ist das einzigartige Raucharoma. Neben klassischem Torf nutzt Mackmyra auch Wacholder, um sein Getreide zu trocknen. Das gibt ihm einen unverwechselbaren Geruch – und einen, den ich mag, obwohl ich kein Fan von rauchigem Whisky bin. Ich fürchte Blind-Tastings, doch dieses Raucharoma würde ich überall herausschmecken.
Der deutsche Shop Whic.de verkauft nun ein Einzelfass der rauchigen Abfüllung, doch kommt noch die Reifung in einem ex-Sherryfass. Rauch, Sherry… eigentlich hat man damit die Bestandteile von einem Whisky, den die deutschen Fans mögen. Ich sehe das etwas anders, doch bin bereit, mich auf das Experiment einzulassen.
Es ist eine Einzelfassabfüllung, die sowieso eigenen Regeln unterliegt. Und wenn ich etwas nicht mag, dann sind es Vorverurteilungen.
Dieser Whisky ist ein Grund, warum ich Vorurteile nicht mag. Denn, Herrje, schmeckt der mir! Das hätte ich bei diesen Eckdaten nicht vermutet. Umso glücklicher bin ich, diesen Whisky probiert haben zu können. Dank an Whic.de!
Nase
Zunächst steigt typischer Islay-Torf in die Nase: schwer, phenolisch, erdig – das, was mir eigentlich nicht zusagt. Das Glas wird abgestellt. Doch dann…! Dieses Islay-Aroma verfliegt schnell und es macht sich ein frischer Rauch breit. Blumig, voller Kräuter, fast süß steigt einem Rauch in die Nase, der den altbekannten Islay-Rauch wirksam ergänzt. Langsam ergreift mich das Gefühl eines Waldspaziergangs. Meine Nase wird überwältigt von nassem Holz, nassem Gras, ja Moos, und einer zarten Süße, die von Waldbeeren herrührt. Ganz am Ende zeigen sich noch salzige Noten von Lakritz und vielleicht etwas Schokolade (salted bitter chokolade). Ich bin begeistert!
Geschmack
Sofort wird der Mund gefüllt, der Speichelfluss angeregt. Schwer und süß liegt der Whisky auf der Zunge. Der Sherryeinfluss schlägt nun voll durch, da dunkle und reife Früchte sich einen Concerto mit ursprünglichem Kakao (kein Milcheinfluss, keine Schokolade) und Kaffeebohnen liefern. Begleitet wird dies durch eine bemerkenswerte Würze von Anis, vielleicht Fenchel. Im Hintergrund liegt das Widerspiel von Wacholderrauch und Islaytorf; zart genug, um niemanden zu stören, aber merklich genug, um die Aromen wirksam zu supplementieren.
Abgang
Der Abgang wird dominiert durch eine alkoholische Wärme, die aber nicht unangenehm ins Gewicht fällt. Grundsätzlich sind auch noch die Eindruck von der Zunge präsent. Am jedoch schlägt die salzige Qualität der Lakritzaromen noch einmal stark durch. Das empfand ich jedoch als überaus interessant.
Fazit
Mackmyra bietet viele spannende Abfüllungen, doch hat Whic.de hier wirklich ein Paradebeispiel unkonventionellen und dennoch beeindruckenden Whiskys parat.
Allein der Geruch mit seinen Wacholdernoten und seinem Gefühl von Waldspaziergang nach einem starken Regen machen diesen Whisky zu einem ungewöhnlichen Highlight jeder Sammlung. Dass er in seinem Geschmack diese Noten konsequent fortführt und mit ex-Sherryaromen ausbaut, wird jeden Whiskyfan freuen. Auch der Abgang ist folgerichtig und schön.
Wäre er nicht ausverkauft, würde ich eine Bestellung ernsthaft in Erwägung ziehen. Und das sage ich als jemand, dem a) die Probe kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde und b) als jemand, dem Rauch eigentlich nicht zusagt.
Ich will mich nicht zur Limitation äußern, zu Käufen zum Zwecke der Geldanlage, ich will nur den Geschmack beurteilen. Und der ist Top. Neid und Anerkennung denen, die ihn kaufen konnten. Bitte genießt ihn!
Wir danken Whic.de dafür, dass sie uns diese Probe als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.
Kurzfassung
Single Malt Whisky
48,3%, 5 Jahre, ex-Oloroso Sherry
Nase: erst Islay-Torf, dann frisch-kräuterig-blumig (Wacholder, süß); Waldspaziergang nach Regen (nasses Gras, Holz, Moos), etwas Salz (Lakritz, Bitterschokolade)
Geschmack: schwer und süß, dunkle Früchte im Wechselspiel mit Kakao und Schokolade; Würze von Anis und Fenchel, Wacholderrauch, Islay-Torf
Abgang: warm und angenehm salzig, erinnert an Lakritzaromen.
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