Gilors Sherry Duett

Deutscher Whisky mal wieder, diesmal Single Malt

Das goldene Wasser aus dem südlichen Hessen

Die Brennerei Henrich ist ein eher junges Gewächs der deutschen Brennerlandschaft, entstanden in den 70ern, mit Brennlizenz versehen seit 1983 und mit einer Verschlussbrennerei ausgestattet seit 2006. Noch auf Obstler fokussiert, begann Henrich mit der Reifung von Apfelweinbrand in Holzfässern um ihnen mehr Gehalt zu verleihen. Von da aus war der Weg zum Whisky nicht mehr weit. 2008 ging es los.

„Ziel war es nicht ein schottisches oder irisches Produkt zu kopieren. Unser Anspruch lag darin einen völlig eigenen markanten Geschmack zu kreieren.“, heißt es bei Henrich. Das ist erfreulich, beißt sich aber böse mit der gälischen Namensgebung – Gilors für goldenes Wasser. Sprache ist ein mächtiges Werkzeug. Mit dem Verzicht auf das Gälische ließe sich die anvisierte Emanzipation deutlicher signalisieren als mit inselkeltischen Anleihen. Eine „Verneigung vor der schottischen Destilliertradition“ ist nett gemeint, doch etwas deplatziert angesichts mindestens genauso alter Whisky- und Brenntraditionen in anderen Ländern, die so bewusst beiseite geschoben werden. Damit stellt man sich doch nur wieder in den Schatten Schottlands.

Davon unabhängig hat sich Gilors inzwischen zu einem Geheimtipp unter den Freunden des deutschen Single Malts entwickelt. Henrich setzt auf fränkisches Malz und schottisches Torfmalz, gereift in bevorzugt kleinen Fässern. Spannend ist auch, dass rauchiger Whisky nicht nur durch die Verwendung schottischen Torfs erzielt wird, sondern mitunter auch durch Finishes in Islay-Fässern.  

Die Brennerei hat uns angeschrieben, ob wir Interesse an einem ihrer Whiskys haben und als Fans deutschen Whiskys sind wir sofort dabei – Name hin oder her. Unsere Wahl fiel auf den Sherry Duett, ein Neuzugang aus dem Jahre 2021.

Goldenes Wasser…

Pedro Ximenez und Oloroso vereint

Der Whisky reifte für sieben bzw. acht Jahre in einem Oloroso-Sherryfass und einem PX-Sherryfass. Im Glas zeigt er ein herrliches Roségold. Wir kommentieren selten die Farbe, aber optisch macht der Sherry Duett einen guten ersten Eindruck. Sieben Jahre in einem Sherryfass sind eben eine beachtliche Zeit. Da sollte neben dem Sherryeinfluss auch ein wenig vom Holz selbst zu spüren sein.

Die beiden Sherryarten unterscheiden sich geschmacklich recht deutlich voneinander, gleichwohl ihr Einfluss auf ein Gerstendestillat nicht immer so klar scheidbar ist, wie das auf dem Papier scheint. Gerade mit Blick hinter die Kulissen sollte man sich vor zu klaren Zuordnungen hüten. Allerdings gelten dennoch die alten Faustregeln: PX ist sehr süß, zeigt saftige Rosine und dunkle Früchte, während Oloroso stärker in ledrige, nussige Noten geht, aber gleichfalls fruchtig bleibt.

Abgefüllt mit 46,4% ABV liegt eine überaus genehme Trinkstärke vor, die einerseits sanft genug ist, Einsteiger nicht zu verprellen, andererseits selbst von rabiaten Cask Strength-Fans oft als Untergrenze akzeptiert wird.

Nase

Dunkle Frucht ist erwartungsgemäß auch das Aromenspektrum, das den Antritt bestimmt. Süßlich, vollreif und fast sirupartig begrüßen Süßkirsche und Aprikose die Nase. Dahinter versteckt sich gebrannte Mandel, die erst nach langer Zeit zum Vorschein kommt, dann aber unverkennbar ist. Ähnlich wie Tim von Whishy-Helden sehe ich einen kleinen, aber wirksamen Kontrapunkt durch säuerliche Aromen wie Stachelbeere. Auch eine leicht modrige Note drückt mit der Zeit durch, passt aber zum Gesamteindruck.

Die Nase ist damit nicht nur den Erwartungen der Fassvorbelegung gerecht geworden, sie ist außerdem hinreichend komplex.

Geschmack

Im Mund werden die Kirschen deutlich saurer und frischer. Rote Beeren und Weintrauben wechseln sich ab. Nun spielt auch das Holz mit, gibt ordentlich Eichenwürze ab, die bis zum Pfeffrigen reicht. Zusammen mit der nach wie vor präsenten Süße und den kräftigen Rosinen, die auf der Zunge spielen, ergibt sich ein stimmiges Gesamtbild. Es ist jedoch wesentlich spritziger, als die Nase dies vermuten ließ.

Abgang

Mehr Eiche, mehr Pfeffer, aber auch Leder und ein Hauch Tabak.

In der Abendsonne

Fazit: hält, was er verspricht

Der Name Sherry Duett verspricht, dass der Whisky durch den Einfluss beider Sherryfässer geprägt ist. Das ist ganz sicher der Fall. Wer Sherryeinfluss erwartet, bekommt ihn und das auf hohem Niveau. Dieser Gilors ist gradlinig, ohne an Komplexität einzubüßen und er ist mild, ohne Intensität vermissen zu lassen. Auch trübt keine Fehlnote das Gesamtbild.

Hier zeigt sich erneut, dass guter Whisky nicht zuletzt ein Ergebnis guten Fassmanagements ist. Inwiefern der Grundcharakter des Destillates noch durchscheint, oder ob das Fass zu dominant ist, ist ohne weiteren Vergleich schwer zu beurteilen. Die Fässer stehen so oder so im Vordergrund.

Der aufgerufene Preis von 79€ ist anspruchsvoll, aber durchaus statthaft. Die einzige substantiellere Kritik greift dann auch wieder die Frage des Namens auf: ist dieser Whisky geschmacklich eigenständig und vom Scotch emanzipiert? Er wirkt doch arg schottisch. Vielleicht müssen wir wirklich noch mehr von der Brennerei Henrich trinken. Lust bekommen haben wir jedenfalls. Der Sherry Duett gehört ohne Zweifel zu den guten deutschen Whiskys. Er legt gekonnt Zeugnis ab, dass die hiesigen Brennereien satisfaktionsfähig geworden sind, ja konkurrenzfähig.

Wir danken der Brennerei Henrich für die Zustellung dieser Flasche als Rezensionsexemplar!

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