Danne’s Rauch-Rogga
Peated Rye?
Ein Urgestein des schwäbischen Whiskys
Die Geschichte des Whiskys vom Bellerhof in Owen, südlich von Stuttgart, ähnelt der vieler anderer deutscher Whiskys: eine traditionelle, 1925 gegründete Brennerei im Familienbesitz und eine Schottlandreise als Inspiration. Nur dass diese Reise 1989 stattfand, sodass schon 1993 der erste Whisky der Familie Dannenmann abgefüllt wurde. Auf eine 30-jährige Erfahrung in der Herstellung von Whisky können nicht viele deutsche Brennereien zurückblicken.
Das Kernsortiment besteht aus einem klassischen Single Malt, genannt Gärschda-Malz, sowie dem Woiza-ond-Rogga, einem aus Roggen und Weizen destillierten Whisky. Daneben gibt es immer wieder eine Reihe von limitierten Sonderabfüllungen, zumeist in Fassstärke. Sie alle spielen mit den Getreidesorten Weizen, Gerste und Roggen – selbstverständlich aus der Region rund um Owen bezogen, wie für eine kleinere Brennerei zu erwarten und ganz richtig – und kommen mal mit traditionellen Fassreifungen, mal mit ungewöhnlichen Konzepten daher.
Eine sehr deutsche Eigenart der Whiskykultur hat auch im Bellerhof Einzug gehalten, nämlich die Verwendung vieler unterschiedlicher Fasstypen für die Reifung. Schon der Woiza-ond-Rogga aus der Core Range lag in vier verschiedenen Fässern. Welche Fässer dies sind, ist nicht immer herauszufinden, auch nicht im Webshop oder auf den Flaschenetiketten. Freilich gibt Thomas Dannenmann gerne Auskunft, es liegt also kein Mangel an Transparenz vor. Aber genau deswegen sollte es dem Interessenten leichter gemacht werden, an eben diese Informationen heranzukommen.
Laphroaig und Rum und zwei weitere Fässer
Der Rauch-Rogga gehört zu den ausgefalleneren Abfüllungen. Das Etikett verrät, dass ein Rumfass am Werke war und irgendwie muss Rauch dabei sein. Tatsächlich verdankt dieser Roggenwhisky sein Raucharoma der Lagerung in einem ehemaligen Laphroaigfass. Diese Art der Reifung kann zu einer subtilen Erweiterung der aromatischen Tiefendimension mit nur einem Hauch von Torf beitragen, wie etwa beim Scapa Glansa. Genauso können Laphroaig-Fässer sehr aktiv sein und dem Whisky ihren Stempel aufdrücken.
Auch wenn es kein ‚echter‘ Peated Rye in dem Sinne ist, als dass die Getreide über Torf getrocknet wurde, ist diese Kombination doch sehr selten. Bislang ist uns nur Stork als ein weiterer Vertreter dieses Stils bekannt. Allerdings gehen die Dannemanns noch weiter, denn ihr Whisky erhält noch ein Finish in Jamaika Rumfässern. Diese verleihen oft die typische tropische Fruchtigkeit, aber gern auch beachtliche Würze. Außerdem arbeiteten ein Bourbonfass und deutsche Eiche am Whisky. Ob es wirklich all dieser vier Fasstypen bedurft hat und ob sie sich alle im Geschmack wiederfinden, bleibt zu testen.
Nicht totzukriegen scheint die Unsitte mancher deutscher Whiskybrenner, schottische Terminologie auch dann zu verwenden, wenn sie unnötig, ja schädlich ist. Die von Dannenmann gewählte Bezeichnung als „Single Grain“ wäre in Schottland freilich zwingend. Sie ist nach EU-Recht für deutschen Rye hingegen unnötig und weckt zudem Assoziationen, die eingedenkt des Scotch Single Grain erstens wenig treffend und zweitens selten schmeichelhaft sind. Käme je ein amerikanischer oder kanadischer Brennerei auf die Idee, seinen Rye so zu nennen? Natürlich nicht.
Nun aber zum Whisky selbst…
Nase
Subtil ist der Raucheinfluss jedenfalls nicht. Das Laphroaigfass hat gearbeitet und lässt keinen Zweifel an seiner Abkunft, denn der Torfgeruch sticht hervor. Er harmoniert recht gut mit dem frischen Roggendestillat, sodass eine angenehme Mentholnote hinzukommt. Daneben etabliert sich eine Note von BBQ-Fleisch. Mit der Zeit drängt das Rumfass aber nach vorn. Auch sie wirken frisch, wie z.B. Ananas und Maracuja.
Die Nase ist sehr komplex und anspruchsvoll, obwohl gerade das Fleischige nicht gut eingebunden erscheint. Der Rum gewinnt mit der Zeit immer mehr an Wucht und gibt sogar etwas parfümierte Vanille ab. Nach dem zweiten und dritten Schluck tritt der Rauch zudem etwas zurück.
Geschmack
fleischig, salzig, medizinisch – der Süden Islays meldet seine Präsenz nun unverwechselbar an. Geduld und Konzentration werden durch eben jene hellfruchtige Süße und Frische belohnt, die sich auch in der Nase fand, besonders aber Ananas und Sternfrucht. Brauner Zucker an der Grenze zur Karamellisierung, wie eine frisch zu bereitete Crème Brûlée kommt da ganz unerwartet zum Zuge.
Erneut ist die Komplexität erstaunlich. Nur den Roggen vermisse ich ein wenig.
Abgang
lang, warm und geprägt vom BBQ-Rauch.
Fazit: komplex, anspruchsvoll und einzigartig
Was Susanne und Thomas Dannenmann hier abgeliefert haben, ist große Whiskykunst. Wohl einer der komplexesten deutschen Whiskys, resultiert die bisweilen eher eklektisch wirkende Vielfalt in der Fassauswahl tatsächlich in einem erstaunlich rund wirkenden Gesamtkonzept.
Gerade das Laphroaigfass ergibt Sinn, auch wenn mir persönlich sein Einfluss zu markant ist. Seine komplementären Qualitäten blitzen in der Nase auf und offenbaren Potential. Im Mund erschlägt es das Destillat beinahe und nur der Rum vermag wirksam dagegen zu halten. Andererseits reagiere ich besonders empfindlich auf Torf und Peat Heads, die es in Deutschland reichlich gibt, sollten daran ihre Freude haben.
Es wird nicht mein Lieblings-Rye, das habe ich Thomas auf dem Köpenicker Whiskyfest bereits gesagt. Ich habe ihm auch sofort eine Flasche abgekauft. Mir gefällt der hohe Anspruch, den Thomas an den Whisky und an die Genießer gleichermaßen anlegt. Der Rauch-Rogga erzwingt die volle Aufmerksamkeit der Genießer und lässt sie nicht los. Da auch nicht das geringste alkoholische Stechen oder andere handwerkliche Schwächen irritieren, fällt es zudem sehr leicht, die Komplexität es Whiskys zu ergründen. Und genau diese Qualitäten machen die Beschäftigung mit Whisky so interessant.
So entsteht ein Paradoxon: sicherlich kaufe ich mir sobald keine zweite Flasche davon. Ebenso sicher allerdings empfehle ich wenigstens das Probieren dieser Abfüllung auf einer Messe, wenn nicht gleich den Kauf. Ich hatte nämlich viel Freude beim Schreiben dieser Rezension. Dafür ein Lob und Dank.
[…] von Roggenwhisky, der nicht so denominiert ist. Da lesen wir von Single Grain wie jüngst bei Danne‘s, von Single Rye wie bei Fading Hill; gelegentlich von Dingen wie Pure Rye bei […]