Ruotker’s Rye

Roggenwhiskey aus der Steiermark

David Gölles, die Riegersburg und Whiskey

Vielleicht ist nicht allen Fans des Whisky der Name David Gölles geläufig, sein erstes größeres Whiskyprojekt dagegen schon: der Brexit von 2017. War dies kaum mehr als ein Marketinggimmick, wartet seine aktuelle Linie von Whiskeys der Vulkanlandbrennerei mit einem durchdachten Konzept auf.

Seinen Namen verdankt der Whiskey der naheliegenden Riegersburg, die Mitte des 12. Jahrhunderts erstmalig als Routkerspurch erwähnt ist. Die meisten Flaschen des Ruotker’s Whiskey ziert ein elaborierter, von den gebrochenen Schrifttypen des Hochmittelters inspirierter Namenszug, sowohl als Prägung auf dem dunklen Glas als auch auf dem Etikett, oft begleitet von weiteren Schmuckelementen. Diese Hommage an die Regionalgeschichte begrüßen wir sehr. Glücklicherweise ist Gölles nicht nur der Geschichte der Region verbunden.

Sein Whisky schreibt sich tatsächlich mit „e“ – eine bewusste Abkehr von schottischen Vorbildern, da die südliche Steiermark eben kein Gerstenanbaugebiet ist. Stattdessen spielen bei Ruotker‘s Mais und Roggen die erste Geige, doch auch Dinkel, Weizen, Hirse und andere Getreidesorten finden sich im Programm. Ebenso vielfältig ist die Bandbreite die genutzten Fässer, die neben Klassikern wie amerikanischer Eiche auch Exoten wie Fässer mit Schochu-Vorbelegung anzubieten hat. „Die Spielwiese ist also riesig, die Spannung ebenso“, heißt es auf der Website. Das können wir nur unterschreiben.

Zurück ins Mittelalter?

Kompromisslos

Der Ruotker’s Rye wird zu 100% aus ungemälztem Roggen der Region hergestellt, um die Würze dieses Getreides zu unterstreichen. Dies ist in Europa durchaus gängig, auch wenn gerade deutsche Brenner gerne mit gemischten Mashbills experimentieren. Nach amerikanischem Vorbild hingegen könnte die Wahl des Fasses auf American Virgin Oak gefallen sein, es ist jedenfalls lang bewährt: die frischen Holzaromen und die mit der Lagerung kommende Süße auf der einen Seite, auf der anderen die Würze des Destillats.

Bei sieben Jahren Reifung verschiebt sich die Balance gern in Richtung Fass, sodass wir gespannt sind, wie sehr es sich bemerkbar machen wird. Das sehr markante Geschmacksprofils von Rye sollte allerdings dafür sorgen, dass es nicht untergeht – zumal der Whiskey mit kräftigen 51,2% ABV abgefüllt wurde und damit eine Fassstärke aufweist.

Wir starten das Jahr also mit einem Rye, der fast schon kompromisslos in der Umsetzung eines klaren, gradlinigen Konzepts wirkt und ein intensives Geschmackserlebnis verspricht.

Nase

Die Nase wähnt sich sofort in einem Kräutergarten, umgeben von einem Tannenwald, nach einem Regenschauer. Besonders Minze sticht hervor. Komplementiert wird sie durch zarte Röstaromen, ungebackenem Keksteig und einem hintergründigen Anflug von Vanille.

Geschmack

Die Minze findet auch im Mundraum wieder, doch geht sie Hand in Hand mit dunkler Schokolade. Bisweilen hat diese Kombination etwas von flüssigem After Eight. Hinzu kommt eine dezente Würzigkeit von Pfeffer, Koriander und Lakritz, außerdem noch geröstete Nüsse.

Abgang

Der Nachhall ist durch scharfen Pfeffer bestimmt sowie durch bittere Tannine, die jedoch gar nicht schlecht zur Frische des Whiskeys passen.

Starker Rye vor starker Frau

Fazit: gelungener Start in das Jahr des Euro-Ryes

Ruotker’s Rye ist ein intensiver, kräftiger Whiskey, der die kräuterigen Aspekte des Roggenwhiskys in das Scheinwerferlicht rückt. Beeindruckend ist nicht zuletzt die Paarung mit den süßeren Aromen, zuvorderst die Schokolade. Zwar dominiert sie auf der Zunge so sehr, dass die wohl vorhandene Komplexität des Whiskeys sich vor allem hintergründig äußert. Allerdings ist es ein überaus harmonisches Zusammenspiel, das zu gefallen weiß.

Mit knapp 100€ ist der Ruotker’s hoch, jedoch noch angemessen eingepreist. Tatsächlich gibt es nicht allzu viele Euro-Ryes in Fassstärke und noch weniger in diesem Alter. Mit nordamerikanischen Preisen darf auch kein Vergleich gezogen werden, da dort ganz andere Mengen produziert werden. Vom Routker’s Rye gibt es insgesamt 1152 Flaschen.

Fans des Rye kann dieser Whiskey unbedingt empfohlen werden. Er beweist, dass weniger bekannte Brennereien aus Ländern, die recht selten mit Whiskey assoziiert werden, exzellente Resultate erzielen können. Und er untermauert die Prämisse von David Gölles, dass abseits der Gerste eine große Welt auf ihre Entdeckung wartet.

No Comments

Leave a Comment