Catoctin Creek Rye Black Friday Barrels

Rye aus dem Bierfass. Der Traum ist wahrgeworden.

Zurück zu den Wurzeln. Rye aus Virginia

Virginia gilt als der Geburtsort des amerikanischen Whiskeys, wenngleich nicht unangefochten, da auch für Pennsylvania dieser Anspruch geltend gemacht wird. Unstrittig ist jedoch, dass bereits im frühen 17. Jahrhundert dort Whiskey gebrannt wurde, und zwar Rye. Anders als im nördlicheren Nachbar allerdings war es in Virginia schon recht bald üblich geworden, den lokalen Mais der Maische beizufügen. Dieses Element wurde mit der Zeit immer dominanter, vor allem im westlichen Teil der Landes – eben jener, der später als Kentucky bekannt und 1792 zu einem eigenen Bundesstaat wurde. Der Amerikanische Bürgerkrieg und die spätere Prohibition ließen kaum etwas von den einstmals tausenden Brennereien Virginias übrig. 

Mitte der 2000er brach die Zeit der Renaissance des Virginia Whiskeys an. Inzwischen sind mehr als ein Dutzend neue Brennereien entstanden, darunter auch Catoctin Creek. 2009 gegründet, führt Catoctin Creek zurück zu den Wurzeln des amerikanischen Whiskeys und das bedeutet Rye in frischen Fässern aus amerikanischer Eiche. Darüber hinaus ehren die Gründer der Brennerei, Becky und Scott Harris, ihre schottischen Vorfahren durch die Schreibweise ihres Whiskys ohne „e“. Sämtliche Zutaten stammen aus der Region um Purcellville, wobei natürlich der Roggen und der daraus gewonnene Whisky im Mittelpunkt steht. Daneben führt die Brennerei außerdem Brandy und Gin.

Tatsächlich kennen wir den Rye Whisky schon, da wir vor ein paar Jahren die Distiller’s Edition des Roundstone Rye probiert haben. Das sehr geradlinige Konzept von 100% Roggen, destilliert in kupfernen Pot Stills und gereift in Virgin Oak überzeugte uns damals bereits, sodass wir überaus glücklich sind, nun eine etwas speziellere Abfüllung in den Händen zu halten: die Black Friday Barrels-Edition aus der Barrel Select-Serie. Die Barrel Select-Serie befasst sich eigentlich mit Fassverkäufen an Privatpersonen, scheint aber auch besondere Reifungen im Programm zu haben.

Rye und Bier: himmlisch

Rye aus dem Bierfass

Der Catoctin Creek Rye Black Friday Barrels hat ein ungewöhnliches Finish erhalten: Stout Beer-Fässer aus der Crooked Run Fermentation-Brauerei. Bierfässer sind in der Whiskywelt nach wie vor eher selten genutzt, was schlicht und ergreifend daran liegt, dass die meisten Biere in Stahltanks lagern, nicht in Holz. Da mittlerweile insbesondere Craft Beer-Hersteller den Nutzen von Holzfässern erkennen, könnte dies sich irgendwann ändern. Bereits jetzt finden sich einige Whiskeys aus Bierfässern in – wie könnte es anders sein? – Irland.

Stout Beer-Fässer geben dem Whisky oft eine nussige, cremige Note von Milchschokolade, machen ihn runder und verleiht eine spürbare Malzigkeit. Das sollte sich hervorragend mit Roggen vertragen, allzumal ungemälztem Roggen wie im Fall von Catoctin Creek.

Die Zeiten der Lagerung bzw. des Finishes werden nicht angegeben, sind bei American Rye auch keine übermäßig wichtigen Kennzahlen, weil hier Virgin Oak vorliegt, bereits junger Rye hervorragende Ergebnisse erzielen kann und Bier-Finishes selten über Jahre andauern. Interessanter ist da schon der Alkoholgehalt, der mit 46% ABV eher mild ausfällt – gerade für amerikanischen Roggenwhisky. Nach unseren Erfahrungen mit europäischem Rye kann es aber auch gut sein, dass dies eine völlig ausreichende Stärke ist. Es bleibt wohl nur das Probieren.

Nase

Zimt-Kakao tritt als erstes in die Nase und erfüllt damit sofort die ersten Erwartungen, später treten weitere Gewürze wie Muskat und Nelke hinzu. Die für Rye typische kräuterige Frische hat mit Menthol einen Vertreter, wenn auch etwas im Hintergrund.

Der Whisky belagert die Nase geradezu mit Schokolade, mit immer wieder durchstechenden Blitzen von Würzigkeit und Frische. Nach den ersten Schlücken gewinnt der Zimt an Präsenz und unerwartet tauchen dunkelrote Früchte auf.

Geschmack

Was im Mund vor allem auffällt, ist das für einen Rye ganz untypische Mundgefühl. So cremig, beinahe viskos, und so sanft ist uns noch kein Roggenwhisky entgegengetreten. Das ist umso bemerkenswerter, als dass sich die Würzigkeit im Vergleich zur Nase deutlich steigert. Nicht zuletzt die Nelke gewinnt an Wucht und Kraft, wirkt dabei aber abgerundet und kontrolliert in ihrer Kraftausübung. Der Kakao hingegen hallt nur etwas aus der Distanz nach, desgleichen rauchige Röstaromen. Dafür sorgt etwas Malz für Süße, jedoch nicht so deutlich, wie dies zu vermuten wäre.

Abgang

…vermeintlich kurz, da der Whisky schnell die Kehle herunterrollt und im Rachen kaum bleibenden Eindruck hinterlässt. Doch auf der Zunge will der Rye nicht verschwinden, belegt sie scheinbar endlos lang.

So hätte der Alte Fritz Rye gemocht

Fazit: Bitte mehr Bier und Rye

Die amerikanischen Kolonien sind das Mutterland des Rye Whiskey. Selbst Bürgerkrieg, Prohibition, Depression und all die anderen Verwerfungen des 20. Jahrhunderts konnten diese Tradition nicht vollends auslöschen. Kombiniert mit modernen Erkenntnissen und Methoden erfährt der Whiskey aus Virginia eine langsame, aber verdiente Renaissance.

Der Catoctin Creek Rye Black Friday Barrels erinnert eindrucksvoll daran, dass die Amerikaner die Meister des Roggenwhiskys sind. Mehr und mehr wagen sie sich zudem auf das Gebiet der Finishes und Mehrfachreifungen. Ob dies gut ist, oder der Philosophie des American Whiskey zuwiderläuft, muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn jedoch so vorzügliche Ergebnisse wie dieses hier vorliegen, gerät selbst ein erzkonservativer Whiskeyfan ins Schwanken.

Das Stout Finish hat dem Whisky sehr gut getan. Das cremige Mundgefühl sorgt dafür, dass die starke und klar ausdifferenzierbare Würze, fast paradox, ohne jede Schärfe an den Gaumen tritt. Dadurch gewinnt der Whisky zugleich an Komplexität, da die einzelnen Aromen nun wesentlich wohliger erfahrbar sind, als das bei so manchem stürmischen Rye der Fall ist. Die zusätzliche Tiefendimension des Bierfasses an sich trägt ebenfalls dazu bei. Ein allzu deutlicher geschmacklicher Anklang an Stout, wie er sich bei einigen Iren etwa findet, scheint hingegen nicht beabsichtigt gewesen zu sein.

Nicht einmal die vermeintlich geringe Alkoholstärke von 46% ABV trübt das Bild. Im Gegenteil gelingt damit eine Balance zwischen Wucht und Harmonie, denn der Whisky ist auch so kräftig genug. Dennoch wäre natürlich interessant, wie er in Fassstärke aussehe. Andererseits ist es gerade das Merkmal eines guten Whiskys, wenn er keine Fassstärke braucht, um vollends zu überzeugen.

Was bleibt, ist einer der besten Rye Whiskys, die wir je getrunken haben. Lightning in a Bottle? Vielleicht. Wahrscheinlich sogar. Dennoch führt Catoctin Creek den Beweis, wie hervorragend Bierfässer für Rye wirken können.

Im Mutterland des Bieres, wo ebenfalls Roggenwhisky hergestellt wird, passt hoffentlich jemand auf.

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