Freiheit 1848 Single Bourbon Cask
Whisky mit Geschichte aus Heppenheim
Halber Mond, die Deutsche Revolution und Whisky
Im März 1848 erhoben sich Bürger in Mitteleuropa und vor allem in den deutschen Staaten, um für Freiheit, Demokratie und eine Verfassung zu kämpfen. Anders als jedoch in Frankreich zwei Generationen zuvor, war eine europäische Union von Monarchen darauf vorbereitet und zerschlug die Revolution binnen zweier Jahre. Gleichwohl es noch gut 100 Jahre dauern sollte, bis Deutschland eine stabile Demokratie wurde, ehren wir doch die Revolution und ihre Farben Schwarz-Rot-Gold.
Ein Ausgangspunkt der Märzrevolution war das Hotel Zum Halben Mond in Heppenheim. Dort gibt es seit 2011 eine Brennerei, geführt von einem der wenigen Brenner mit Meisterabschluss in diesem Fach, Gregor Thormann. Seit relativ kurzer Zeit brennt er auch Whisky. Über den Erstling, gereift in der lokalen Spessarteiche, konnten wir schon kurz berichten.
Grundsätzlich ist das Branding zu loben. Es tut deutschen Whiskybrennern gut, an die deutsche Geschichte – und dann noch einen so positiven Aspekt davon! – anzuknüpfen. Kein pseudo-gälischer Name, keine erfundenen Geschichtchen über anachronistische Whiskybrenner, sondern lokalhistorische Verankerung vom Halben Mond als Erinnerungsort bestimmen die Selbstdarstellung der Brennerei.
Eine neue Reihe und unsere Wahl für den Single Bourbon Cask
Das Erstlingswerk in Spessarteiche zeigte Mut und Können der Hersteller, keine Frage. Eine jugendliche Frische und deutliche Eichennoten versprachen einiges. Doch jung war er. Da gibt es kein Entkommen. Inzwischen sind weitere Fassreifungen sind hinzugekommen, nämlich die single Cask-Varianten Sherry, Port und Bourbon (weitere sind in Planung).
Karen und ich waren uns ohne jedes Zögern über zwei Dinge einig: erstens, da wird eine Variante gekauft, denn Potential haben wir so oder so gesehen. Zweitens, es wird der Single Bourbon Cask. Wir schätzen Bourbon sehr, doch noch wichtiger ist, dass wir Bourbonfassreifungen als einen guten Gradmesser für die Qualität eines Whisky erachten. Sherryfässer übertünchen subtile Noten oftmals und erdrücken das Destillat vollends.
Der Single Bourbon Cask kommt mit 43% ABV und obwohl ich mir mehr gewünscht hätte, sind es immerhin 3% mehr als vorgeschrieben. Das Alter dürfte kaum erwähnenswert sein – was bedeutet, dass das Fassmanagement gut genug sein und dass der Brennmeister sein Handwerk verstehen muss. An letzterem haben wir allerdings keinen Zweifel.
Nase
Die ersten Aromen beseitigen Befürchtungen über unangenehme Jugend. Tatsächlich treten einem reife Orange, Mandarine und Birne entgegen. Dahinter liegt Vanillecreme, Mandelpaste und ganz zarte Würze. Etwas Hefeteig kommt auch hinzu. Die Nase ist erstaunlich fruchtlastig, ebenso erstaunlich ist aber, dass die Früchte gleichermaßen frisch sind und dabei einen vollen, schweren Eindruck machen. Die Nase macht auf jeden Fall einen älteren Eindruck, als das NAS suggeriert.
Geschmack
Der Whisky tritt mild an, die Früchte sind nach wie vor präsent, nur weniger dominant. Vanille und Mandel drängen etwas in den Vordergrund, allerdings auch die Würze, die nunmehr als Eichenwürze identifizierbar ist. Etwas Nelke und Koriander runden dies ab. Vielleicht ist dies den 43% geschuldet. In den USA wird traditionellerweise oft mit hohem ABV abgefüllt und dort argumentieren einige Brenner schon lange, dass gewisse würzige Geschmäcker bei 40% bzw. 43% ABV besser zur Geltung kommen. Das Gegenargument ist freilich, dass der Whisk(e)y dadurch dünner wirkt. So ganz von der Hand zu weisen ist das nicht und trifft auch hier zu. Es ist ein delikater Whisky.
Abgang
… vielleicht zu delikat. Hier verschwindet der Abgang schnell und die Würze wird leicht bitter. Dies passt glücklicherweise zu den Kräutern, die jetzt dazukommen – und mich sehr überrascht haben. Der Abgang ist, mir sei das Wort verziehen, … interessant.
Fazit
Kurz: die Spirituosenschmiede übt sich in Eleganz. Der Single Bourbon Cask ist gut balanciert, lässt einer Vielzahl von Aromen Raum und wartet mit einer überraschenden Wendung auf. Den Dreiklang von Frucht, Vanillesüße und Eichenwürze spielt der Whisky in Nase, Mund und Abgang in drei verschiedenen Kombinationen durch.
Nun ist es kein alter Whisky und die Jugend ist spürbar, mit Ausnahme vielleicht vom Abgang jedoch immer positiv frisch. Substantielle Kritik betrifft tatsächlich eher die Frage der Abfüllstärke. Mir wären 46% ABV lieber gewesen, ich bin jedoch jemand, der ohnehin zu starken Abfüllungen neigt.
Die positiven Aspekte überwiegen die negativen bei weitem. Der Single Bourbon Cask zeigt, dass Gregor Thormann und sein Team Whisky in seiner diffizilen Natur verstehen und einen wertvollen Beitrag zur immer reicher werdenen deutschen Whiskyland darstellt. Anders gesagt, die Spirituosenschmiede kann auch Whisky.
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