Finch Rye Edition
Endlich wieder deutscher Rye Whisky hier
Die älteste deutsche Whiskybrennerei?
Natürlich ist Finch nicht die älteste deutsche Whiskybrennerei. Sie ist sogar eher eine der jüngeren, da die ersten Whiskys zu Beginn des dritten Jahrtausend abgefüllt wurden. Allerdings war darunter genau die erste Flasche deutschen Whiskys, die ich getrunken habe. Ein guter Freund nämlich wohnt in Stuttgart, weiß um meine Vorliebe für Whisky und brachte mir den Finch mit. Unsere Whiskyrunde war fasziniert von der Idee eines deutschen Whiskys. Unglücklicherweise schmeckte der Finch damals niemandem: Jugend, alkoholische Schärfe, Abkunft vom Obstler – im Prinzip trat uns seinerseit das entgegen, das bis heute dem deutschem Whisky vorgehalten wird.
Nur schreiben wir das Jahr 2021. Die Zeiten, da dies pauschal von deutschem Whisky behauptet werden könnte, sind lang vergangen. Flaggschiffe wie der 10 Jahre alte Triple Cask von Glina oder der 12er von Slyrs, ja selbst der noch sehr junge Betz Single Malt beweisen eindrucksvoll, wie weit sich die deutsche Whiskylandschaft entwickelt hat.
Daher ist es nur fair, Finch eine zweite Chance zu geben. Seit 2012 wird dort ohnehin mit einer neuen Brennerei mitsamt Pot Still operiert und die Firma wächst stetig. Letztes Jahr übernahm Schlumberger den Vertrieb, wir reden also über eine etablierte Marke.
Das Portfolio umfasst nicht mehr nur Gerstenwhisky. Regionaltypisch findet sich Dinkel, aber auch Weizen/Emmer, Mais und Roggen als Basis für Whisky. Als Fans des Rye Whiskys konnten wir nicht anders, als den Roggen zu probieren. Für mich ist dies mit der spannenden Frage verbunden, wie sich Finch in den letzten 20 Jahren entwickelt hat.
Roggen und Rotwein. Eine vielversprechende Kombination
„Eher selten findet man in Europa einen Whisky aus Roggen.“, schreibt Finch. Dem möchten wir doch widersprechen, denn Rye Whisky findet sich nicht nur in nahezu jedem europäischen Land – inzwischen sogar wieder in Schottland! – deutsche Brenner setzen seit ein paar Jahren verstärkt darauf. Wir könnten diese Website hier über Jahre mit Rezensionen deutschen Ryes füllen. Und jedes Jahr mehrt sich ihre Zahl – und ihre Qualität.
Dem heimischen Roggenwhisky kommt vor allem zugute, dass sich ihre Macher weniger sklavisch am großen Vorbild festhalten als beim Gerstenmalz. Auch die Finch Rye Edition hat ein bemerkenswertes Charakteristikum: die Vollreifung in einem Rotweinfass. Mit Rotweinfässern wird in Deutschland freilich gern gearbeitet, wenn es um Single Malt geht, bei Roggen hingegen ist das nicht so gängig. Dabei passt die kräftige, reife Fruchtigkeit bestimmt exzellent zum herb-würzigen Geschmack des Roggens.
Die vier Jahre Zeit im Fass sind für einen Roggenwhisky absolut ausreichend, hier gelten ganz andere Maßstäbe als beim Single Malt, zumal eine Vollreifung im Rotweinbarrique ohnehin schnell ihr Werk verrichtet. Der Rye kommt dann mit 46% ins Glas, was eine sehr angenehme Trinkstärke ist.
Nase
Tatsächlich ist es wohl der Einfluss des Fasses, den die Nase als erstes wahrnimmt: saftige, überreife rote Trauben und Pflaume, dazu leichter Lavendel. Doch gerade dieses blumige Aroma geht bald ins Grasige und enthüllt hier den Roggen. Dennoch hält er sich dezent zurück und seine feingliedrige Würze mit Kardamom und Anis geht etwas unter.
Geschmack
Auch im Mund scheint das Fass zunächst den Ton anzugeben, so sehr treten die roten Früchte an – und hinzukommen auch noch Rosinen. Allerdings gewinnt die Würze an Wucht, nicht zuletzt der Pfeffer. Besonders spannend ist eine deutliche Lakritze, die irgendwie die roten Früchte bestens ergänzt. Dies ergibt ein interessantes Geschmacksprofil, wenn auch eines, das sich von der Dominanz des Rotweins kaum zu lösen vermag.
Abgang
Selbst der Nachklang ist dominiert von einer trockenen Süße, die ich mit Rotwein assoziiere. Am Ende bleibt jedoch in erster Linie Anis in Erinnerung.
Fazit: Roggen und Rotwein. Eine gute Kombination, aber…
Tatsächlich haben Fass und Destillat bisweilen hervorragend harmoniert. An der Kombination und ihrem Potential kann also kein Zweifel bestehen. Überhaupt ist die Finch Rye Edition eine lohnende Erweiterung der deutschen Roggenwhiskywelt. Es ist schön zu sehen, dass Finch mit den Qualitätssprüngen mithalten konnte, den hiesige Brenner gemacht haben. Der negative Eindruck, den ich vor so vielen Jahren gewonnen hatte, ist nachhaltig widerlegt worden. Das ist ein guter Whisky.
Gut …aber nicht perfekt. Zu sehr überwiegt zu oft noch der Fasscharakter ohne dass der Roggen groß zum Zuge kommt. Gerade in der Nase agiert er weit im Hintergrund. Ihm fehlt auch die schiere Kraft vieler seiner Artgenossen. In mancher Hinsicht erinnert nicht nur, aber ganz besonders die Nase an einen grazilen Single Malt. Wenn Amerika das Vorbild war, gelang hier die Emanzipation ganz gründlich. Das mag im Übrigen durchaus Absicht sein, um die Single Malt gewöhnten Whiskyfans hierzulande zu locken.
Unterm Strich bleibt ein zugänglicher, leichter Rye mit kräftigen Rotweinnoten, also ziemlich genau das, was Finch versprochen hat. Rye-Fans dürfen gern probieren. Sie werden es nicht bereuen.
[…] den eines Rotweinbarriques auf ein Roggendestillat kennen wir dank Finch inzwischen recht gut. Der Finch Rye lag für vier Jahre im Fass, so wie der Kuling, der ein Jahr länger als der Secale […]
[…] nutzen. Das betrifft Schwergewichte wie Nordhausen, bekanntere wie Slyrs, Nine Springs, Simons oder Finch, und derzeit noch weniger bekannte wie Kuling, Dotzauer oder Rittmeister. Und viele mehr. Hier […]