Braeval 18 Gordon & MacPhail
Braeval?
Ich hatte das Glück, dass mir zwei gute Freunde zum Geburtstag einen Whisky geschenkt haben. Und ich kannte die Brennerei nicht. Das machte mich neugierig.
Braeval ist tatsächlich eher unbekannt. Es gibt zwar einige interessante Trivia, wie dass sie mit 350m über dem Meeresspiegel die höchstgelegene Brennerei Schottlands sein soll, dass sie von nur einer Person betrieben werden kann, oder dass sie ihr Wasser aus demselben Fluss wie die bekanntere Aberfeldy-Brennerei schöpft.
Doch eigene Abfüllungen hat Braeval nicht am Markt. Zu Pernod-Ricard gehörend, dürfte ein Gutteil der Single Malt-Produktion für den Chivas Regal verwendet werden, der viele Single Malts und Grain Whiskies mischt. Zum Glück aber können unabhängige Abfüller den Braeval Single Malt pur verkaufen.
Hervorragende Transparenz
Diese Abfüllung läuft in der Gordon & MacPhails Connoisseurs‘ Choice-Serie und wenn ich etwas in der Whisky-Industrie mag, dann ist es Transparenz. Zu viele geben kein Alter an, bleiben in Sachen Fassauswahl wage und färben den Whisky. Doch Gordon & MacPhail machen es hier anders.
So ist der Whisky trotz der stolzen 18 Jahre Reifung relativ hell. Auf Farbstoff wurde verzichtet und die Reifung fand in Re-Fill Bourbon-Fässern statt, also jenen Fässern, die schon mehrfach zur Reifung von schottischem Whisky herangezogen wurden. First-Fill Fässer gelten als die deutlich bessere Wahl und hätten vermutlich noch mehr Aromen und Farbe an den Braeval abgegeben. Dennoch ist es lobenswert, dass Gordon & MacPhail ganz offen die Re-Fill Fässer ansprechen.
Damit richtet sich der Whisky stärker an Kenner, die diese Transparenz zu schätzen wissen. In dieselbe Kerbe schlägt, dass er mit 46% eine gute Alkoholstärke aufweist. Die Eckdaten des Braeval 18 sind damit durchaus attraktiv, auch über das hohe Alter hinaus.
Nase
Die Nase ist etwas … unspektakulär. Es sind die typischen Aromen, die von einem Speysider erwartet werden: Äpfel, Zitrusnoten und eine Honig-Süße. Er braucht recht lange, um sich zu öffnen. Am Anfang sticht auch eine Schärfe in die Nase, die zwischen Alkohol und Pfeffer schwankt.
Je länger er im Glas ist, desto komplexer wird der Geruch. Die Früchte differenzieren sich klarer aus. Die Äpfel sind mehrheitlich grün und frisch-säuerlich, aber zum Teil auch rot und zuckrig-süß. Die Zitrusnoten entpuppen sich als Orangen oder vielleicht Mandarinen, jedenfalls rührt das Säuerliche nicht von ihnen, sondern den Äpfeln her. Vanille zeigt sich deutlich und harmoniert wunderbar mit einem (Linden-)Honigaroma.
Bemerkenswert sind vor allem die nun hervortretenden Gewürze, Kräuter und Gräser. Neben Pfeffer und etwas Kümmel finden sich zarte Spuren von Minze und der Geruch einer frischen Wiese.
Geschmack
Pfeffer! Tatsächlich wird die Zunge mit einer trotz des Geruches überraschend starken Schärfe getroffen. Zu Anfang fällt schwer, diese Schärfe von der des Alkohols zu unterscheiden. Ein paar Tropfen Wasser schaffen Klarheit und lassen den alkoholischen Biss so weit zurücktreten, dass die Schärfe eindeutig als Pfeffer identifiziert werden kann.
Ein in Deutschland prominenter Whiskykenner würde es vermutlich Chili Catch nennen, also ein würzig-scharfes Charakteristikum, das den Whisky hervorhebt. Bei einem Speysider hätte ich das nicht erwartet.
Ist die Schärfe verarbeitet, folgt gleich die Süße der Früchte und die des Honigs, die sich jetzt etwas mit Vanille mischt. Die ein oder andere Frucht gesellt sich auch hinzu, vielleicht Birne und sicher süße Pflaume. Das sorgt für einen erstaunlichen Kontrast, denn nun ist der Whisky wieder ein lupenreiner, gradliniger Speysider. Die Fassreifung wirkt sich subtil aus, denn es sind weder die Bitterstoffe des Holzes, noch die massive Karamellfracht eines frischen Bourbonfasses zu schmecken.
Die Fassreifung erfolgte wohl primär subtraktiv, d.h. dass der Reifeprozess Fehlaromen wie metallischen Beigeschmack eliminiert. Bei 18 Jahren sollte man jedoch auch einige Effekte der additiven Reifung schmecken, d.h. Aromen aus dem Fass. Die sind durchaus vorhanden, aber eben subtil. Dies spricht für weniger aktive oder öfters verwendete Re-Fill Fässer, zum Glück aber nicht so oft, als dass sie Bitterstoffe zu deutlich abgeben.
Abgang
Der Abgang ist gemäß der 46% kräftig, aber recht trocken und nur mittellang. Auch ist er wesentlich sanfter, als es die Pfefferattacke auf die Zunge erwarten ließ.
Im Gegenteil ist er sehr komplex mit Anklängen der Süße und der Kräuter, die schon in der Nase waren, aber auf der Zunge etwas untergingen, und einer breiteren Gewürzmischung, die jedoch wieder Pfeffer als stärksten Bestandteil hat.
Fazit
Es ist kein leichter Whisky. Der Braeval 18 verlangt viel Zeit und Geduld beim Trinken, auch etwas Experimentierfreude. Ein paar Tropfen Wasser können ihn öffnen, aber auch schnell zu stark verwässern. Hier muss jeder für sich die richtige Balance finden.
Es ist außerdem eine Abfüllung, die Anfänger vielleicht eher abschreckt, als für Whisky begeistern wird. Zu stark sind die scharfen Aromen, zu wuchtig der Antritt – jedenfalls für einen Vertreter aus der Speyside. Zwar wirkt hier keine Wucht wie etwa beim Talikser, doch der klassische, milde Fruchtkorb ist der Braeval auch nicht.
Wer schon länger mit Whisky befreundet ist, hat ein faszinierendes Erlebnis vor sich. Da das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt, ist der Baeval 18 einen Versuch wert.
Kurzfassung
Single Malt Scotch Whisky, Speyside
18 Jahre alt, 46%, Re-Fill Bourbon
Nase: honigsüß, fruchtig(leicht säuerlich), pfeffrig-würzig, zarte Kräuter
Geschmack: scharfer Pfeffer, dann fruchtig-süß, etwas Vanille-Honig
Abgang: kräftig, trocken, mittellang
Fazit: komplexer und fordernder, als es zunächst den Anschein hat
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