Amrut Rye

Amrut Rye Whisky

Auch Indien macht Rye

Amrut. Ein Urgestein guten indischen Whiskys

In nahezu allen ehemaligen Kolonien des Britischen Empires finden sich Whisky-Brennereien und Indien macht keine Ausnahme. Tatsächlich ist das Land längst der weltgrößte Produzent von Whisky, gleichwohl uns die Masse dieses Whiskys nicht erreicht und ein erheblicher Teil nach europäischen Maßstäben kaum als Whisky gelten dürfte. Billige Abfüllungen aus dem Tetra-Pack – das prägte lang das Image indischen Whiskys.

Die Amrut Distilleries wurden 1948 gegründet und halfen, dieses Image zu beseitigen. Wer heute in Europa an indischen Whisky denkt, denkt oft an Amrut. Die aktuell genutzte Brennerei in Kambipura stammt aus dem Jahre 1987 und nutzt nur wenige Computer; vieles wird noch in Handarbeit getan, was den Personalaufwand freilich erhöht. Ebenfalls erstaunlich ist die Reise des Getreides, das aus den 2500 km entfernten Regionen Punjab and Rajastha angeliefert wird. Gelegentlich kommt sogar getorftes Malz aus Schottland zum Einsatz.

Der Amrut Single Malt ist seit 2004 in Europa erhältlich und hat Kritiker schnell überzeugt. Die Abfüllungen tragen kein Alter, da die klimatischen Verhältnisse mit ihrer Hitze und hohem Angels Share kaum 10-jährigen Malts zulassen: im Fass verlieren sich pro Jahr etwa 12-15% der Flüssigkeit; in Schottland sind es nur 2-3%. Dafür ist die Reifung sehr schnell und selbst junge Amruts zeigen nie die gefürchtete metallische Jugend. Mit den Jahren differenzierte sich das Portfolio aus, sodass zahlreiche Sondereditionen und Einzelfassabfüllungen für Liebhaber verfügbar sind, oft jedoch in kleiner Stückzahl.

Zuletzt sei lobend etwas erwähnt, das uns sehr wichtig ist: der Name ist nicht pseudo-gälisch, wie leider bei vielen deutschen Brennereien. Der Name ist Sanskrit und heißt so viel wie „Trank der Götter“. Vielleicht schafft es ja der ein oder andere deutsche Brennerei-Besitzer, sich auch noch an seine regionalen Traditionen zu erinnern.

„vibrant“ ist eine passende Beschreibung…

Amrut Rye. Europäischer Roggen, amerikanischer Fässer und indisches Wetter

2012, also Mitten im ersten Rye-Boom, beschloss auch Amrut, diesen Trend aufzunehmen. Fast fünf Jahre später gab es den Amrut Rye. Es sollte eine zahlenmäßig recht beschränkte Edition sein, doch noch immer ist er für einen angemessenen Preis von 150€ zu haben. Das Wort „angemessen“ trifft allerdings nur dann zu, wenn man Fan von Amrut oder von Roggenwhisky ist… Gerade aus letzterer Perspektive nämlich ist es ein spannender Whisky.

Erstaunt schon die lange Reise des indischen Getreides zur Brennerei, so toppt dies Amrut mit seinem Rye. Der Roggen kommt aus Europa. Das Etikett schreibt Single Malt, es ist also gemälztes Getreide. Warum Europa, wenn es in Indien auch Roggen gibt? Vielleicht überzeugte die europäische Mälzung mehr, aber dies muss Spekulation bleiben.

Die Fassauswahl hingegen ist amerikanisch orientiert: frische amerikanische Weißeiche, selbstverständlich ausgekohlt wie auch in den USA für Rye Whiskey üblich. Die Kombination aus dem würzigen Roggen und solchen Fässern mit ihrer Süße ist erprobt und so wundert es nicht, dass sie beim Rye-Erstling Amruts zur Anwendung kommt.

Die Trinkstärke von 50% ABV ist angesichts des indischen Klimas fast Fassstärke, jedenfalls kraftvoll. Auch hier fühlt man sich etwas in die USA versetzt, wo guter Whisky gern mit 50% ABV oder mehr abgefüllt wird. Die Eckdaten versprechen damit einen eher konventionellen Rye Whisky, dessen Besonderheit zuvorderst die Reifung im subtropischen Indien ist.

Nase

Zuerst dominieren Vanille und tropische Früchte, nicht zuletzt gebackene Ananas, doch bald setzen sich Rye-typischere Aromen durch. Schwere Würze kommen sowohl von der Eiche als auch vom Roggen und setzen einen wirksamen Kontrapunkt. Hinzu gesellen sich Minze und frisch geschnittenes Gras, ja fast wird die Nase an Tee erinnert.

Eine gewisse Nähe zu US Ryes ist nicht zu leugnen, rührt sicher von den Fässern her. Doch keiner kann diese Fruchtigkeit mitbringen; sie ist auch bei europäischen Vertretern selten.

Geschmack

Die 50% ABV haben einen gewissen Biss, doch der verträgt sich gut mit weiter erstarkten Würzigkeit. Neben dem erwartbaren Zimt und Pfeffer sorgt Sternanis für einen etwas bitteren Eindruck. Die Früchte sind nach wie vor vorhanden, wenn auch etwas weniger süß. Sie wecken Assoziationen an Trockenfrüchte. Überhaupt schwenkt der Whisky weg von der Süße, die die Nase versprach. Doch die kräftige Vanille des Fasses verhindert allzu dominante Würze. Die Frische der Minze bleibt ebenso.

Abgang

Erstaunlich kurz, aber intensiv und auf den Punkt. Hier gibt es sonst keine Überraschungen, da sich der Whisky mit Eichenwürze, etwas Tanninen und einem Hauch Orangenschale verabschiedet.

Der Nektar der Götter…

Fazit: ungewöhnlich und empfehlenswert (mit einem Aber)

Der Amrut Rye überrascht in mehrerer Hinsicht. Das tropische Bouket, die leicht bittere Würze auf der Zunge und der immer präsente Fasseinfluss als einende Klammer geben ihm ein markantes wie interessantes Profil. Die Intensität der Eindrücke entspricht der lebhaft-dynamischen Grundcharakteristik aller Amrut Single Malts.

Allerdings fehlt ihm ein wenig der Schliff, die Harmonie, die so viele gute Amruts auszeichnet. Es ist eben ein Erstling, der erste Versuch Amruts, einen Rye herzustellen. Natürlich hat die amerikanische oder europäische Konkurrenz einiges an Erfahrung voraus. Schon hier jedoch ist stark, wie sehr sich der Amrut von eben jener Konkurrenz absetzen kann, ohne negativ aufzufallen. Für Rye-Fans wird einiges geboten.

Ein exotischer Rye – der Amrut hält, was er verspricht. Aber er tut dies für einen hohen Preis. Wer ihn  wirklich aus Neugier an indischem Rye kauft und nicht als Geldanlage, muss schon große Neugier haben. Denn für 150€ gibt es einfach zu viele bessere Alternativen. Zum Einstieg in die Rye-Welt ist er gleichermaßen ungeeignet, aus offensichtlichen Gründen. Dennoch: die Tatsache, dass wir ihn gekauft haben und diesen Kauf nicht bereuen, bezeugt das Vorhandensein einer Zielgruppe. Und die bedient er gut.

2 Comments

  • Hannelore 7. September 2021 at 10:43 Reply

    Hi..den Amrut Rye habe ich leider noch nicht probiert. Aber von den anderen kann ich sagen das sie mir gut gefallen. Besonders der Amrut Kadhambam ist einer meiner Lieblinge der Distille.
    Mir gefällt die leichte Süße und die exotischen Klänge bei leichtem Torf sehr gut.
    Auch eine gewisse Nussigkeit konnte ich herausschmecken.
    Ich finde das ist mal ein abwechlungsreicher Whisky ,den mann nicht so oft trinkt und kennt.
    Lg Hanni

    • Dr. Kai Grundmann 15. September 2021 at 20:41 Reply

      Danke sehr für diesen interessanten Kommentar! Da werde ich mal die Augen offenhalten.
      LG
      Kai

Leave a Comment