Jameson Black Barrel Cask Strength

Midletons Distillery Exclusive Handfill

Midleton, Pot Still Whiskey und Jameson

Wenn Karen und ich uns über etwas einig sind, dann das: Midleton produziert ganz hervorragenden Whiskey. Es war der Green Spot, der sie damals in die Welt des Whiskeys zog; es war der Redbreast, der mir die Schönheit ungemälzten Getreides offenbarte. Und die Fässer von Jameson sind nach wie vor unser Hintergrundbild.

Midleton hat als eine der wenigen Brennereien auch die dunklen Jahre des irischen Whiskeys um die Jahrtausendwende überlebt und erweitert stetig sein Portfolio. Wirklich jede Zielgruppe wird erreicht, vom Einsteiger mit dem Jameson bis hin zu Hardcore-Fans mit wilden Fassstärken wie dem Blue Spot oder mit sanfter Komplexität wie beim Redbreast 21, plus Sammlereditionen und die experimentellen Craft Whiskeys, für die Method & Madness stehen. Und innerhalb jeder Zielgruppe wird noch einmal binnendifferenziert. Inzwischen ist sogar ein Rye im Programm. Dies, zusammen mit der marktführenden Stellung des Jameson in der Barszene, macht Midleton zu dem erfolgreichsten Whiskeyunternehmen Irlands.

Das Herzblut dieser Brennerei ist ohne Frage der Pot Still Whiskey, der aus gemälzter und ungemälzter Gerste hergestellt wird und wesentlich würziger als die meisten schottischen Malts ist. Sie verleiht auch den Jameson Blends gewisse Tiefe und nicht einmal die berühmte dreifache Destillation vermag dies abzuschleifen.

In jüngerer Zeit regte sich Kritik daran, dass Midleton 2014 seine Definition von Pot Still Whiskey gesetzlich hat verankern können. So muss Pot Still Whiskey zu 95% aus gemälzter und ungemälzter Gerste bestehen, jeweils mit mindestens 30%, während nur die übrigen 5% Spielraum für andere Getreidesorten bieten. Vor dem (ersten) großen Brennereisterben der 1920er und 30er hingegen war der Anteil anderer Getreidesorten substantiell höher. Der Historiker Peter Mulryan hat für seine Brennerei Blackwater eine ganze Reihe alter Mash Bills recherchiert, die das klar belegen. Nun allerdings, so sein Einwand, müssen sich irische Brenner an die Midleton-Vorgaben halten. Diese seien unnötig restriktiv und zwängen zu Vergleichen mit Midleton, die selten vorteilhaft für die Konkurrenz ausfallen.

Der Streit ist dennoch hochinteressant, da er erstens bezeugt, wie wichtig historische Recherchen sind – etwas, das wir auch nur betonen können! – und weil er zweitens zeigt, wie lebendig die irische Whiskeylandschaft im Jahr 2023 ist. Wir werden uns diesem Streit noch im Detail widmen, jetzt soll erst einmal ein seltener, aber exzellenter Wiskey von Midleton besprochen werden: Der Jameson Black Barrel Cask Strength.

Jameson Black Barrel Cask Strength vor dem Alten Museum
Das Label trägt meine Handschrift…

Von schwarzen Fässern

Der Jameson ist ein Blended Whiskey, der anders als seine schottischen Verwandten nicht Single Malt als primären Geschmacksträger in Kombination mit Grain nutzt, sondern eben jenen Pot Still Whiskey. Der Black Barrel zeichnet dadurch aus, mehr Pot Still Whiskey im Blend zu nutzen. Dieser wird dann in den zweifach ausgebrannten Fässern gelagert – daher der Name Black Barrel. Die Anteile von Grain und gemälzter Gerste hingegen lagern in üblichen Bourbon- und Sherryfässern.  Im Duty Free ist ein Black Barrel Proof mit 50% ABV verfügbar und in Midleton selbst wartet eine fassstarke Variante auf die händische Abfüllung durch interessierte Besucher.

Dies taten wir sehr gern nach unserer Besichtigung der historischen Brennerei. Der im April 2023 abfüllbare Jameson Black Barrel Cask Strength kommt mit 60,8% ABV. Wie unser sehr kompetente Tour Guide verriet, reifte er in vier verschiedenen Bourbonfässern und einem Sherryfass.

Wer bei stark ausgebrannten Fässern nun Rauch im Whiskey erwartet, irrt sich. Obwohl die entstehende Holzkohleschicht bisweilen wirklich ein subtiles BBQ-Rauch-Aroma erzeugen kann, liegt die Hauptwirkung im subtraktiven Effekt: sie reduziert Schärfe, bittere Tannine und Schwefel. Die Hitzebehandlung selbst hat weitere positive Effekte, die gut bekannt, jedoch durch einen Chemiker besser erklärt sind als durch einen Historiker. Kurzum, mehr Vanille und Karamell.

Diese Holzkohlefiltration in Kombination mit dem dreifachen Brennvorgang garantiert beinahe ein sanftes Trinkerlebnis, auch in Fassstärke. Dabei sei aber die Wirkung des Pot Still Whiskeys nicht unterschätzt. Die Würze, die Ecken und Kanten, die ungemälzte Gerste mit sich bringen kann, sorgt für beim Redbreast für Vielschichtigkeit. Desgleichen bringt ein Sherryfass nicht zwangsläufig nur Süße mit sich. Wenn es sich um europäische Eiche handelt, wie es beim Standard Black Barrel der Fall sein soll, können da ordentlich bitter-würzige Holznoten mitschwingen.

Das Alter ist nicht angegeben – hätten wir mal unseren Guide gefragt! Wir müssen uns also auf unsere Sensorik verlassen. In der Mehrheit sind es wohl wie beim Standard-Black Barrel zwölf Jahre-alte Whiskeys, die mit älteren Whiskeys bis zu 16 Jahren, aber auch mit jüngeren, verschnitten sind.

Nase

Entgegen den Erwartungen ist der Antritt des Jameson überraschend frisch und grasig, ja fast scheint ein Hauch Menthol in der Luft zu liegen; dazu eine florale, leichte Süße. Doch diese Luftigkeit verfliegt und geballtes Karamell übernimmt die Führung, dazu viel Eichenwürze und etwas Leder.

Mit der Zeit enthüllt der Whiskey seine Abkunft nur allzu deutlich: tropische Früchte auf einem herzhaften Schwarzbrot, was ich persönlich immer mit dem Red Breast assoziiere. Wenn auch noch im Hintergrund, so sind diese Noten unverkennbar. Überhaupt setzt sich der Pot Still Whiskey hier durch.

Geschmack

Wo der Whiskey im Aroma noch luftig begann, so berauscht er die Zunge augenblicklich mit schweren Hammerschlägen voller Wucht. Süß-würzig, mundfüllend, speichelflussanregend – es braucht ein wenig Contenance, dies alles zu verarbeiten. Schweres Karamell und noch mehr Eiche dominieren auch im Mund, doch gesellen sich jetzt Pfeffer und Nelke als Gewürze dazu.

Den Höhepunkt markieren die tropischen Früchte, die nun alles andere als hintergründig agieren, aber auf den Grill gelegt worden sind. Besonders die gegrillte Ananas fällt auf, kaum noch säuerlich, sondern mit seiner süßen Kruste versehen. Die süßen Eindrücke werden durch ein paar überreife Datteln verstärkt.

Abgang

Fast wie um einen Kontrapunkt zu setzen, prickelt der Pfeffer im Nachklang noch lang an Zunge und Gaumen, nachdem der Whiskey längst die Kehle hinuntergeflossen ist und dabei ein wohlig-warmes Gefühl erzeugte.

Jameson Black Barrel Cask Strength vor dem Berliner Stadtschloss
Kaiserlicher Geschmack

Fazit: der beste Jameson?

Wer Midleton besucht, sollte die Gelegenheit nutzen und wenigstens versuchen, einen Probeschluck vom Cask Strength zu ergattern. Wenn die Chemie mit dem Tour Guide stimmt, dürfte das klappen, denn immerhin ist dies die beste Werbung. Dieser Geschmack hat vor Ort auch gestandene Single Malt-Fans überzeugt und zum Kauf animiert. Bei uns brauchte es zugegebenermaßen weniger Überzeugungsarbeit.

Der Preis von 100€ mag etwas hoch gegriffen wirken. Andererseits ist es ein Distillery Exclusive und demnach müssen lokale, irische Preisniveaus berücksichtigt werden: schon der einfache Black Barrel kostet dort 51€… Aus dieser Warte heraus ist der Cask Strength fast schon ein Schnäppchen. Natürlich tut auch die Erfahrung des eigenhändigen Abfüllens und Beschriften ihr Übriges.

Geschmacklich glänzt er mit einer Balance von robustem Fasseinfluss und klar wirkmächtigem Destillateinfluss, hier vor allem der Pot Still Whiskey-Anteil. Dieser drückt dem Jameson seinen Stempel auf, ohne aber dass er zu sehr dominiert. Gerade in der Nase macht sich auch die Grainkomponente, mutmaßlich Mais, positiv bemerkbar. Doch der sehr auffällige Pot Still Whiskey rückt den Cask Strength eher in die Nähe des Powers oder vielleicht sogar des Red Breasts, obwohl er durchaus mit den bekannten irischen Blends verglichen werden könnte.

Die Jameson-Familie hatten wir immer als verlässliche, respektable Blends eingestuft. Für eine Rezension erschien uns jedoch allenfalls der 18-jährige Bowstreet interessant, der ebenfalls in Fassstärke abgefüllt wird. Ein Vergleich zwischen dem Bowstreet und dem Distillery Exclusive Handfill liegt daher nah. Und letzterer gewinnt diesen bei uns deutlich. Der 18er lässt den Pot Still-Charakter mitunter schmerzlich vermissen, stellte den Grain in den Vordergrund und erschien deutlich unreifer als es sein Alter suggerierte. Offensichtlich gibt es aber Fans, die auf den 18er schwören.

Für uns ist der Jameson Black Barrel Cask Strength Distillery Exclusive Handfill der beste Jameson. …trotz des reichlich unhandlichen Namens. Er ist ein starker irischer Whiskey und zeigt einmal mehr, dass die Leute bei Midleton ihr Handwerk verstehen.

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