Ben Nevis 17 Jahre alt

Whic Architecture of Taste

Vom Geheimtipp zum Riesen

Die Brennerei Ben Nevis, gelegen am direkt am Fuße des eponymen Berges, galt einige Zeit fast als Geheimtipp. Das überrascht ein wenig, ist sie doch mit dem Gründungsjahr 1825 eine der ältesten Brennereien der Welt. Inzwischen hat sich sie ein breites Publikum erarbeitet, überzeugt mit charaktervollem Whisky zu fairen Preisen. Sogar die Einstiegsflasche trägt ein Alter und kommt mit kräftigen 46% daher.

Interessant ist jedoch, dass Ben Nevis selbst kaum ältere Abfüllungen anbietet. Stattdessen setzt man auf unabhängige Abfüller, von denen so einige Ben Nevis ins Programm nehmen. Das sorgt für eine beachtliche Vielfalt an Ben Nevis-Flaschen, die mitunter sehr verschiedene Geschmäcker zu bedienen versuchen. Der Whisky soll einen ausgeprägten Brennerei-Charakter besitzen, was bei so vielen unterschiedlichen Abfüllungen sicherlich von Vorteil ist.

Der deutsche Händler Whic.de darf sich in diese Reihe unabhängiger Abfüller stellen und hat uns freundlicherweise ein Sample seines Zuwachses zur Verfügung gestellt. Dieser 17 Jahre alte Ben Nevis schließt die Serie „Whic Architecture of Taste“ ab. Insofern darf man von ihm einiges erwarten.

Gradlinig, ohne Schnörkel

Tatsächlich versprechen die Eckdaten einiges. Die 17-jährige Reifezeit verspricht ordentlichen Fasseinfluss, ohne dass dieser zu aufdringlich wird. Er ist unverdünnt, sollte also ein beeindruckendes Spektrum an Aromen zur Geltung bringen und kann mit einer Pipette auf jede gewünschte Trinkstärke abgestimmt werden. Der Verzicht auf Färbung und Kühlfilterung erfreut ebenfalls.

Mich freut jedoch am meisten, dass er ausschließlich in einem ehemaligen Bourbonfass reifte. Vermutlich gilt vielen Whiskyliebhabern eher eine Kombination aus Ex-Bourbonfässern und Ex-Sherry bzw. –Portweinfässern als der Goldstandard. Oft ist zu hören, reine Bourbonfassreifung sei ‚langweilig‘. Ich hingegen halte sie für den wahren Prüfstein guten Whiskys. Wenn er nach der Reifung in einem Bourbonfass in der Königsklasse zu spielen vermag, dann ist er wahrlich gut. Abgesehen davon sagt mir das Geschmacksprofil der Bourbonfässer zu und es scheint mir auch der ehrlichste Ausdruck schottischen Whiskys zu sein. Nicht selten nämlich dient Sherry/Port eher dazu, die Schwächen inaktiver Fässer oder allzu jungen Whiskys zu übertünchen.

Langer Rede, kurzer Sinn: Whic.de hat hier eine Abfüllung, die meinem Geschmack voll und ganz entspricht. Schon allein deswegen ist diese Besprechung nicht objektiv, aber das sind Fragen des Geschmacks ohnehin selten.

Nase

Der Geruch ist überraschend leicht und trotz der Fassstärke dringt kein alkoholisches Stechen in die Nase. Zitrusfrüchte, grüner Apfel und etwas Aprikose spielen gekonnt mit darunterliegender Vanille. Zu den Früchten gesellt sich eine beinahe grasige Frische, zu der Vanille ein Hauch Würze. Obwohl die Aromen leicht und frisch sind, wirken sie zugleich sehr kraftvoll. Ein Tropfen Wasser enthüllt darüber hinaus reifere Früchte, eventuell Banane. Allerdings verflüchtigt sich die Würze dann vollends. Es ist ziemlich genau die Nase, die zu erwarten war, und das Fass liegt dezent im Hintergrund.

Geschmack

Der Antritt ist ebenfalls erwartungsgemäß wuchtig. Neben der alkoholischen Stärke sorgt aber auch schwarzer Pfeffer für einen starken Ersteindruck. Auf der Zunge macht sich das Fass dann klarer bemerkbar, wo die Würze – eindeutig Pfeffer und zarte Eichenaromen – wunderbar mit der Vanille harmoniert. Die Früchte sind nach wie vor präsent, scheinen aber von mehreren Schichten Süße überlagert. Zunächst liegt milder Obstblütenhonig auf den Früchten, dann auch eine Süße, die an Plätzchenteig erinnert. Glücklicherweise bewahrt sich der Whisky seine fruchtige Frische unter diesen Schichten. Erneut ist die Balance zu loben.

Abgang

Der Abgang, obzwar mittellang, ist nicht so intensiv wie erhofft, überzeugt aber durch seine ölige Qualität und seine Wärme. Würze und Süße klingen gleichmäßig ab.

Fazit

Diese Abfüllung liefert weitgehend das, was man von einem Whisky mit diesen Eckdaten erwarten kann. Sie beweist, dass es nicht immer komplexer Nachreifungen bedarf, um komplexe Aromen zu erzeugen. Dennoch schlägt der Whisky eindeutig stärker in die gradlinig-intensive, als in die komplex-subtile Richtung aus. Vielleicht könnte der Fasseinfluss stärker sein, doch das ist eher persönliche Präferenz, denn substantieller Kritikpunkt.

In gewisser Hinsicht dient der Ben Nevis 17 von Whic als eine Art ‚Eichungswhisky‘: durch die gute Umsetzung seiner gradlinigen Herstellungsart mit reiner ex-Bourbonfassreifung, Fassstärke und hohem Alter demonstriert er, was die Basis guten Whiskys ist.

Wir danken Whic.de dafür, dass sie uns diese Probe als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben.



Kurzfassung


Scotch Single Malt Whisky


55,3% (Fassstärke), 17 Jahre, ex-Bourbonfass


Nase: leicht fruchtig-süß (Apfel, Aprikose), grasig-frisch, etwas Vanille gepaart mit Würze


Geschmack: stärkere Würze, harmoniert mit Vanille sehr gut, Früchte durch süßliche Schichten überlagert (Honig, Plätzchenteig), dennoch weiter recht frisch; sehr gute Balance trotz wuchtigem Antritt


Abgang: mittellang, ölig, warm

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