Glina Triple Cask 10 Jahre

Komplexität made in Germany

Von der Saat bis zur Abfüllung

Wir sind Fans von Glina und das hat viele Gründe. Zum einen fanden wir die offene Art der Brandenburger schon beim ersten Zusammentreffen auf der Spreeside 2019 sympathisch, zum anderen begeisterte uns früh die Experimentierfreude, die ihre Abfüllungen beweisen. Vollends überzeugt hat uns ein Besuch bei der Brennerei im Spätsommer diesen Jahres.

Glina nutzt Getreide von den eigenen Feldern und Wasser von der eigenen Quelle, verfügt über ein Kalt- und ein Warmlager und eine moderne Brennanlage. Michael Schultz, der Master Distiller, kontrolliert wirklich jeden Produktionsschritt von der Saat der Gerste bis zur Abfüllung der Flaschen. Das ist nicht nur einzigartig, er bürgt dafür auch mit seiner Hand, deren Abdruck auf jeder Flasche eingearbeitet ist.

Typisch für Glina ist die Reifung in verschiedenen Fasssorten, vorwiegend Wein und Starkwein, aber auch Fruchtwein, der – wie könnte es anders sein – von den eigenen Streuobstwiesen stammt. Diese geben Glina Whisky üblicherweise einen schweren, fasslastigen Charakter, der bisweilen tatsächlich an das Vorbild Kavalan erinnert.

Der 10-jährige Single Malt (re) und der New Make (li)

Drei kräftige Fässer, zehn Jahre und Fassstärke

Das aktuelle Flaggschiff der Brennerei ist ein 10-jähriger Whisky – für Whisky aus Deutschland immer noch eine stolze Zahl. Beindruckender aber ist die Auswahl der Fässer. Die ersten vier Jahre verbrachte der Whisky in einem Bordeaux-Rotweinfass, bevor er weitere vier Jahre in einem Ruby-Portweinfass reifte. Den krönenden Abschluss bilden zwei Jahre im Knupperkirschweinfass.

Knupperkirschwein ist eine weitere Spezialität Glinas, sehr süßer Fruchtwein, dessen Fässer entsprechenden Einfluss auf den Whisky nehmen. Die drei Komponenten sind aufeinander abgestimmt, versprechen die typische schwere Süße Glinas. Zehn Jahre im Holz sollten darüber hinaus dessen Aromen gut zur Geltung bringen, zumal die drei Fässer aus drei unterschiedlichen Eichen gebaut wurden: die Limousin- und Alliereiche aus Frankreich sowie die Portugiesische Eiche.

Mit 56,8% ABV kommt er für eine Fassstärke recht zahm daher, allein die Farbe jedoch verspricht intensivste Aromen. Natürlich ist der Whisky ungefärbt und nicht kühlfiltriert; anderes wäre auch enttäuschend.

Nase

Der Antritt entspricht weitgehend den Erwartungen, die die fast 57% ABV und die Weinfässer wecken, wobei der Port dominant hevortritt. Aromen dunklen Obstes, Kaffees und Bitterschokolade strömen in die Nase. Mit der Zeit bricht frische Kirsche durch, aber auch Kuchenteig, sodass man in Verbindung mit der Schokolade fast an Schwarzwälder Kirschtorte denkt.

Je mehr der Triple Cask atmet, desto mehr enthüllt er. Helle Beeren und Minze sorgen für Frische. Ganz am Ende bleibt der Geruch einer warmen, schön gebutterten Stulle mit Schnittlauch. Dieses brotige Aroma erinnert an den Whisky aus dem Knupperkirschfass und dürfte auf dessen Einfluss zurückgehen, allerdings äußert er sich hier frischer, kräuteriger.

Geschmack

Wie erwartet füllt der Triple Cask den Mundraum schnell aus und der alkoholische Druck will erst verarbeitet werden. Doch gibt sich der Whisky dann von seiner cremigen Seite. Wie in der Nase dominieren zunächst die dunklen Früchte, die werden allerdings noch süßer. Diese cremige Fruchtsüße erinnert sofort an Datteln, bald an Marmelade.

Im Mund kommt die Würze der Eichen viel stärker zum Vorschein, nur ein Hauch Bitterkeit ist dabei, der allerdings sehr willkommen ist bei dem süßen Grundcharakter des Whiskys. Überhaupt harmoniert die Eichenwürze wunderbar mit seiner Fruchtigkeit. Nelke und Zimt passen einfach zur Marmelade…

Abgang

Der Abgang ist eher mittelang, was bei Fassstärke überrascht, doch er ist auf den Punkt. Die Eichen übernehmen dabei die Führung. Die Würzigkeit steigert sich nämlich und es kommt Bittermandel hinzu. Interessanterweise findet sich nun auch deutliches Karamell. Freilich lassen sich die Früchte nicht ganz in den Hintergrund drängen, sie sind aber nicht mehr die Hauptattraktion.

Fazit: Das Flaggschiff deutschen Whiskys

Ein oft gebrachtes Argument gegen deutschen Whisky ist, dass er zu sehr vom Destillatscharakter bestimmt sei. Wer das glaubt, soll den Triple Cask trinken. Die Fässer drängen mit ihrem Einfluss kraftvoll in den Vordergrund, ergänzen sich dabei harmonisch und zeigen, was gutes Fassmanagement und 10 Jahre Reifezeit erreichen können. Trotz all der Kraft, mit der die Fässer und der Alkoholgehalt die Aromen anschieben, zeigt sich der Triple Cask recht gefällig.

Man muss allerdings Fassstärken gewohnt sein, um den Whisky voll würdigen zu können. Überhaupt braucht er, wie viele der High-End-Whiskys von Glina, einige Zeit im Glas, bevor er seine ganze Komplexität entfalten kann. Erfahrung und Geduld setzt der Triple Cask darum schon voraus. Das ist kein Whisky für Einsteiger.

Seinen Preis von knapp hundert Euro ist er mehr als wert, besonders wenn man das Umfeld des deutschen Whiskys beachtet. Früher oft als überteuert betrachtet, werden sowohl Qualität als auch Preisleistungsverhältnis stetig besser.

Kaum ein Whisky verkörpert diese positive Entwicklung der deutschen Whiskylandschaft so gekonnt wie der Triple Cask 10. Und als Abschluss für dieses bewegte Jahr – oder besser: als Begrüßung des neuen, besseren Jahres – ist er einfach perfekt.

1 Comment

  • Finch Rye Edition 3. September 2021 at 0:12 Reply

    […] deutschem Whisky behauptet werden könnte, sind lang vergangen. Flaggschiffe wie der 10 Jahre alte Triple Cask von Glina oder der 12er von Slyrs, ja selbst der noch sehr junge Betz Single Malt beweisen eindrucksvoll, wie […]

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