Beaver’s Dram Canadian Rye Whisky

Beaver's Dram Rye vor dem Fernsehturm

Rye mit Port Wood-Finish nach Sevel Seals-Methode

Kanada und künstlich beschleunigte Reifung

Kanadischer Whisky genießt viele rechtliche Freiheiten. Im Grunde genügen die Abkunft von Getreide, drei Jahre Reifung in Holz und 40% ABV, um in Kanada als Whisky zu gelten. Farbstoffe und Geschmackszusätze sind explizit erlaubt (B.02.020 b). Zudem kommt die berühmt-berüchtigte 9,09%-Regel, die das Hinzugeben anderer Spirituosen bis zu besagtem Prozentsatz gestattet – allerdings nicht für den europäischen Markt, das verbieten wiederum unsere Gesetze (in der Theorie).

Dessen ungeachtet, oder vielleicht genau deswegen, kommen hervorragende Whiskys aus Kanada. Mit einer langen Tradition des Brennens von Roggen sind die Kanadier zusammen mit ihren südlichen Nachbaren die größten Könner dieser Art des Whiskys. Der vorliegende Beaver’s Dram stammt aus der 2017 gegründeten Dunrobin Distillery, Ottawa. Diese Brennerei hat ihre Wurzeln in einem Bio-Landwirtschaftsbetrieb und legt auch heute noch großen Wert auf Nachhaltigkeit sowie natürliche Aromen.

Umso mehr erstaunt dann die 2022 eingegangene Partnerschaft mit dem Schweizer Unternehmen Seven Seals, das seit 2023 die Mehrheitsanteile hält. Ohne werten zu wollen, ist es doch das Kerngeschäft dieser Firma mit einem patentierten Verfahren die Reifung künstlich zu beschleunigen. Wie dieses Verfahren genau funktioniert, bleibt geheim. Anzunehmen wäre etwa eine Behandlung mit Druck, der den Whisky in die Dauben hinein- und wieder hinauspresst. Ultraschall, Sauerstoffsättigung, Holzchips oder schlicht die Hinzugabe von Geschmacksstoffen gehören inzwischen ebenfalls zu den gängigen Methoden. Tatsächlich sollen behandelte Holzchips am Werk sein.

Hinter dem innovativen Verfahren des deutschen Chemikers Dr. Dolf Stockhausen steckt die Absicht, möglichst nachhaltig zu produzieren und die schwindenden Waldbestände zu schonen. Dass es daneben noch erheblich die Kosten der Whiskyherstellung reduziert und den Gewinn maximiert, muss glücklicher Zufall sein…

Beaver's Dram am Berliner Dom
Tiefes Rotgold

Die Suche nach Informationen

Dunrobins Rye Whisky besteht mehrheitlich aus Roggen, mit Mais und Weizen als Sekundärgetreide. Ein genaues Mischungsverhältnis ließ sich nicht herausfinden. Ebenso wenig liegen Daten zum Fass vor. Allerdings wissen wir, dass der Whisky kaum älter als drei Jahre ist und definitiv nur für wenige Tage sein Finish erhalten hat. Angesichts der beschleunigten Reifung sei nicht mehr als das nötig. Aus demselben Grund könne auf Farbstoffe verzichtet werden. Das tiefe Rotgold des Whiskys macht in der Tat auch so einen beachtlichen Eindruck.

Das Ziel bei Dunrobins lautet „less bite, more flavour“, also weniger alkoholischer Biss und mehr Geschmack. Fürwahr harmonieren Portweinfässer und Roggen ganz vorzüglich miteinander, wenn die Balance stimmt. Allzu stark sollte der Einfluss des Fasses nicht sein, da sonst das Destillat mit seiner Würze zu leicht untergeht. Bei 46% ABV in ordentlicher Trinkstärke abgefüllt, braucht der Beaver’s Dram keine Kühlfiltrierung, was hier in Europa geheimhin für vorteilhaft gehalten wird.

Nase

Der Whisky tritt stark parfümiert an, wirkt süßlich. Besonders rote Fruchtbonbons fallen auf. Daneben tritt jedoch eine intensive Note von Räucherstäbchen, die bisweilen zu Gummireifenabrieb mutiert und damit eher unangenehm auffällt. Etwas Sauerstoff hilft, aber die ungewöhnliche Rauchnote bleibt. Zuletzt kommt eine zart-pfeffrige Würze hinzu. Sehr verhalten, aber präsent ist frisches Menthol.

Geschmack

Zunächst entfaltet sich ein weiches, cremiges Mundgefühl mit viel dunkler Schokolade und Preiselbeeren und roten Trauben. Dieser Eindruck dominiert eindeutig den Geschmack, aber Nelke und weißer Pfeffer wirken dezent im Hintergrund. Die diesmal nur unterschwellige Rauchnote erinnert im Mund eher an BBQ und Smoked Bacon, stört also nicht im Mindesten, sondern bereichert den Whisky.

Abgang

Viel Schokolade und etwas Chili kommen kurz, aber gut zur Geltung.

Beaver's Dram vor dem Fernsehturm
Schöne Flasche und modernes Label

Fazit: lehrreich

Der Beaver’s Dram hält einige Lehren für uns bereit. Abgesehen von einer deutlichen Fehlnote im Geruch handelt es sich um einen schmackhaften Whisky, dessen Süße und Weichheit klare Pluspunkte sind. Dass der Whisky eigentlich sehr jung ist, merkt man ihm nicht an. Das ist einerseits gut, denn auf der Zunge gibt er sich rund und mild; andererseits ist es schlecht, da von dem Roggen an sich nur noch sehr wenig zu spüren ist. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er blind als Rye zu erkennen wäre. Doch nicht nur die Balance fehlt: wo das Mundgefühl einen älteren Whisky suggeriert, die Geschmackspalette doch eher dünn besetzt.

Vielleicht ist die Seven Seals-Methode einfach nicht die richtige Wahl für Rye. Diese Art Whisky kann bereits in jungen Jahren exzellent schmecken und wird selten ganz alt abgefüllt. Gerade ein Fasstyp wie Port oder Sherry übernimmt schnell die Führung, übertüncht alles andere. Genau das ist hier geschehen, auf welche Weise auch immer – das künstliche Äquivalent zu einem nassen Fass.

Nun gibt es gerade dafür aber sehr viele Fans und wer süßen Porteinfluss mag, kommt auf seine Kosten. In dieser Hinsicht hat Dunrobins das Ziel „less bite, more flavour“ voll und ganz erfüllt. Bei einem Preis von unter 40 Euro kommen erst Recht keine Beschwerden auf.

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